Kaiser Trajan als Bauherr
zeitliche Rahmen, den der gesamte Bauvorgang bis zu seiner feierlichen Einweihung, für die der 22. Juni des Jahres 109 n. Chr. überliefert ist
( Degrassi
,
Insc. It., VIII p. I N. 5
), in Anspruch genommen hat. Umso bemerkenswerter ist die Kühnheit der Architektur dieser Thermen, für deren Entwurf wahrscheinlich Apollodor von Damaskus und damit einer der renommiertesten Baumeister jener Zeit verantwortlich war. Man könnte die besondere Rolle, die Apollodor damals im näheren Umkreis Trajans eingenommen hat, vielleicht sogar mit der eines Staatsarchitekten vergleichen, der anscheinend direkten Zugang zum Kaiser hatte. Dies legt eine Schriftquelle nahe, die berichtet, Apollodor habe dem Kaiser in einem persönlichem Gespräch die Planung neuer Bauprojekte erläutert
( Cassius Dio 69.4.1 )
. Trajan hat schon früh von Apollodor gewusst, weil dieser Architekt und Ingenieur bereits während der Dakerkriege die berühmt gewordene Donaubrücke (S. 19 ff.) konstruiert
( Prokopios
,
De aedificiis 4. 6. 11 ff.
) hat. Außerdem war Apollodor zum Teil zeitgleich mit der Errichtung dieser Thermen maßgeblich am Bau des gewaltigen Kaiserforums mit der spektakulären Trajanssäule beteiligt (S. 27 ff.). Darüber hinaus ist es durchaus möglich, dass er während der letzten Jahre von Trajans Herrschaft auch zu Beginn des damals notwendig gewordenen Neubaus für das Pantheon eine nennenswerte Rolle spielte.
Dass beim Bau der großen Thermen nicht zuletzt ein versierter Ingenieur herangezogen wurde, verlangten sowohl die Komplexität und Monumentalität der Bauaufgabe als auch das Grundstück und der Umgang mit dessen älterer Bebauung, sowie baukonstruktive Fragen, die sich vor allem beim Gewölbebau der großen und raumgreifenden Säle ergeben konnten. Obwohl der bauliche Bestand dieser Therme auch durch die Aufräumarbeiten der 30er Jahre und die damals besorgte Herrichtung des Geländes zu einem öffentlichen Park ziemlich stark beeinträchtigt ist, blieben einzelne Teile soweit erhalten, dass der Grundriss der Gesamtanlage (Abb. 27) und ein Modell (Abb. 28), das einen ungefähren Gesamteindruck von der Baumasse dieser Anlage vermittelt, rekonstruiert werden konnten. Dass sich die Thermen ganz unmittelbar an der exquisiten Lage des Haupttraktes der Domus Aurea am Oppius und an dessen nach Süden abfallender Hanglage orientierten, bestätigt der Baubefund, nach dem diese Thermen ganz direkt auf den hier liegenden Trakt der Domus Aurea Neros gesetzt wurden. Deshalb sind ganze Partien dieser Villa zu einer Substruktion geworden, wegen der man sich aufwendige Arbeiten ersparen konnte, die sonst zur Angleichung und Anhebung des Geländes für den Neubau der Thermen notwendig gewesen wären. Damit standen die Thermen Trajans wie auf einem repräsentativen Sockel, der diese |81| spektakuläre, kaiserliche Stiftung weit sichtbar machte. Außerdem konnte es im Rom jener Zeit für das Ansehen eines Herrschers durchaus nützlich sein, wenn er sich an einer Beseitigung von Hinterlassenschaften Neros und damit an der Exekution eines Andenkens an Nero beteiligte
( Sueton
,
Nero 49
), der vom Senat zum Staatsfeind erklärt und zum Tode verurteilt worden war
( Tacitus, Historien 1.16 )
. Allerdings muss es nicht nur einem besonderen Rechtsbewusstsein Trajans entsprochen haben, wenn er mit der Zerstörung der Domus Aurea einem vom Senat ausgesprochenen Urteil Folge geleistet hat. Wahrscheinlich kam dies auch Trajans eigenen Interessen bestens entgegen, weil damit die Chance gegeben war, sich dieses prominente Grundstück insgesamt zuerst zu eigen zu machen und es, nachdem es mit einer öffentlichen Thermenanlage ausgestattet worden war, der Bevölkerung Roms wie in einer äußerst großzügigen Geste wieder zurückzugeben.
Sowohl durch das riesige Ausmaß ihrer ca. 330m × 315 m großen Grundfläche und durch ihr äußerst differenziertes Nutzungs- und Funktionskonzept, als auch durch eine konsequent ausbalancierte Anordnung ihrer raumgreifenden Architektur, der die Disposition der Räume und eine innere Wegeführung folgen, beeindruckt diese, von einer großen Mauer eingefasste Thermenanlage. Dass ihrem Konzept beim späteren Bau von großen und entsprechend repräsentativen Thermen die Zukunft gehören sollte, bestätigen die Geschichte des römischen Thermenbaus und die Gattungsbezeichnung des mit diesen Thermen als Kaisertherme aktuell gewordenen Gebäudetyps. Darüber hinaus ist diese Anlage entsprechend ihrer Dimension und
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