Kaiser Trajan als Bauherr
eine Bezeichnung als Therme überhaupt verdiente. Darüber hinaus bot sich der wohlig warme Festsaal grundsätzlich auch zu einem ausgedehnteren Aufenthalt und Treffen mit Geschäftspartnern oder politischen Freunden sowie für die Plege gesellschaftlich nützlicher Kontakte als auch für lediglich erholsame Stunden und sonstigen Zeitvertreib an. Deshalb ist die gesteigerte Bauform der saalartigen Halle dieses Tepidariums das angemessene Ergebnis eines bewusst entwickelten und kompetent ausgeführten Architekturentwurfs.
Vor beiden Stirnseiten dieser zentralen Halle leitet jeweils ein schmaler Zwischenraum sowohl im Osten als auch im Westen in ein 2: 3 proportioniertes Peristyl über, an das sich jeweils eine halbkreisförmige Exedra (7 in Abb. 27) mit einem Durchmesser von mehr als 29m und damit ungefähr 100 Fuß anschließt (Abb. 29). Dabei entsprechen die zu Füßen der beiden großen Exedren liegenden Peristylhöfe (8 in Abb. 27) einem Typus, der bei Griechen als Palästra und damit als eine Stätte für athletische Übungen der heranwachsenden Jugend allgemein bekannt war. Sollte mit dieser, einer griechischen Palästra entsprechenden Grundrissform ein nach Rom transformiertes, hellenistisches Erziehungsideal verbunden gewesen sein, könnten es sich angeboten haben, die großen Exedren als Räume für jenen geistigen Unterricht zu nutzen, der diesem pädagogischen Konzept entsprechend ein unverzichtbares Pendant zur körperlichen Ertüchtigung gewesen ist. Vielleicht kann deshalb vermutet werden, dass diese Räume zugleich auf jenes Gymnasium hinweisen, von dem berichtet wird – ohne bisher in Rom als eigene Stätte lokalisiert worden zu sein –, dass es ebenfalls von Apollodor im Auftrag Trajans in Rom errichtet worden sei
( Cassius Dio 69.4.1)
.
Dass in Rom die bauliche und funktionale Verbindung eines Gymnasiums mit einer Therme nicht unbekannt gewesen ist, und deshalb auch nicht zu befremden brauchte, könnten zum Beispiel die wahrscheinlich in den früheren 60er Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. entstandenen Nerothermen gezeigt haben. Anscheinend war es auch dort zu einer ähnlichen Kombination von Bad |84| und Gymnasium gekommen. Allerdings gehört zu keiner dieser beiden Anlagen die für ein griechisches Gymnasium unverzichtbare Laufbahn eines Stadions. Da jedoch innerhalb der Gesamtanlage der Trajansthermen genügend freier Raum zur Verfügung stand, dürfte es kein Problem gewesen sein, dort bei entsprechendem Bedarf eine Laufbahn von 600 Fuß oder knapp 180 m, der normierten Länge eines Stadions, abzustecken. Außerdem wäre hierfür auch der mehr als 300m lange Korridor am nördlichen Ende beim Eingang zu diesen Thermen (2 in Abb. 27) verwendbar gewesen. Dort war die überdachte Strecke sogar als besonders komfortable Einrichtung wie ein wettergeschützter Xystos nutzbar. Allerdings kann grundsätzlich bezweifelt werden, ob diese Halle hierfür überhaupt jemals gebraucht wurde. Schließlich ist bekannt, dass maßgebliche Römer zwar häufig und sehr deutlich an griechischer Bildung und Kultur interessiert gewesen sind, es in solchen Kreisen aber doch für eher unpassend gehalten wurde, dass sich die eigenen Söhne aktiv durch die Teilnahme an athletischen Wettkämpfen, denen der Geschmack von eher proletischen Spektakeln anhaftete, |85| profilierten. Dementsprechend könnte dieses eigentlich griechische Erziehungsideal in Rom so weit eigenen Vorstellungen angepasst worden sein, dass dort in einem Gymnasium – wie auch in der wenig später von Hadrian in Athen errichteten und als Hadrianbibliothek bezeichneten Anlage – auf eine Laufbahn ganz verzichtet werden konnte.
|84| Abb. 29 Rom, Trajansthermen. Ansicht der Exedra beim östlichen Peristyl
|85| Im Anschluss an die repräsentative Halle des Tepidariums folgte entlang der weiterhin von Nord nach Süd verlaufenden Hauptrichtung das gleichfalls mit Badebecken ausgestattete Caldarium (9 in Abb. 27). Als Heißbad markierte es das funktionale Ziel und zugleich den baulichen Abschluss dieser Anlage. Hatte ein Thermenbesucher mit dem Caldarium das Ende und zugleich den Höhepunkt des Badevorgangs erreicht, um ihn zuletzt durch ein Bad im Kaltwasserbecken des Frigidariums (3 in Abb. 27) erfrischend abzurunden, konnte er bei Bedarf das ganze wiederholen und den Badevorgang nochmals von vorne beginnen. Nicht zuletzt unterstützte die dominante Symmetrieachse einen solchen Vorgang, weil sie nicht nur das funktional geprägte Entwurfkonzept
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