Kaiser Trajan als Bauherr
waren die Trajansthermen nicht nur ein vielfältig nutzbarer und äußerst großzügig angelegter sowie überaus reichhaltig ausgestatteter Gebäudekomplex, sondern zugleich ein Ort von ganz besonderer, um nicht zusagen: von erlesener Qualität. Dabei sorgten das gleichsam synergetische Angebot an Architektur und Ausstattung sowie die hier zusammengefassten Funktionen mit ihren weit ausgreifenden Bedeutungen dafür, dass |90| ein Besuch dieser Therme nicht nur einen Eindruck von Genuss und Freuden einer luxuriös inszenierten Lebensform evozieren konnte, sondern zugleich die Größe, die Macht und die Leistungsfähigkeit Roms und seiner Bürger spüren ließ.
|89| Abb. 31 Rom, Trajansthermen. Ansicht der nordöstlich neben dem Haupteingang der Thermen stehenden Exedra
|90| Abb. 32 Rom, Trajansthermen. Außenansicht der großen Exedra vom südlichen Ende der Gesamtanlage
Auch die machtvolle Form, mit der sich die Therme in südwestlicher Richtung am Taleinschnitt hangabwärts dem Kolosseum und damit zugleich dem Stadtzentrum zuwendet (13 in Abb. 27), entspricht einem solchen Tenor. In einem 120m breiten und 60m tiefen Halbkreis entstand hier am Abschluss der Gesamtanlage ein architektonischer Bogen, der sich wie die Cavea eines Theaters nach innen öffnet und nach außen dem Betrachter entgegenwölbt (Abb. 32). Zwar berichtet keine antike Quelle über die konkrete Funktion dieser monumentalen Apsis, doch ist nicht auszuschließen, dass nicht nur ihre Form der Cavea eines antiken Theaters entlehnt wurde, sondern auch ihre Bedeutung hiermit verbunden sein sollte. Vielleicht war dies sogar zugleich jenes Odeion, von dem berichtet wird
( Cassius Dio 69.4.1 )
, dass Trajan Apollodor mit diesem Bau – wie auch mit dem Bau für ein |91| Gymnasium – beauftragt habe. Auch wenn damit angesprochene Fragen hier nicht diskutiert werden können, zeigt die Architektur dieser Apsis in ihrer äußeren Gestalt eine höchst eindrucksvolle, monumentale Großform. Wie ein kraftvolles Signal dürfte sie bis weit in der zu ihren Füßen ausgebreiteten Stadt zur Wirkung gekommen sein. Dabei blieb es nicht bei der ungeschminkten Demonstration einer besonders stark wirkenden Monumentalität, weil – wie die zum Teil noch erhaltenen Bauglieder zeigen – zu ihrer Fassade, die zum Kolosseum weist, eine reich gegliederte Säulen- und Arkadenarchitektur gehört hat. Deren aufgelockerte Formen konnten im Verlauf des Tages bei wechselndem Sonnenstand im Spiel von Licht und Schatten die schwere Masse des gewaltigen Baukörpers scheinbar in Bewegung versetzen und damit ihrer Gestalt zugleich einen ihr eigenen, besonderen Ausdruck geben.
Angesichts der Großzügigkeit und konsequent beachteten inneren Logik der Gesamtanlage dieser Thermen fällt umso mehr ein Gebäudeteil auf, dessen Reste wie ein eigenes Gebäude und als gehöre es eigentlich gar nicht zu dieser Anlage östlich neben dem Eingang liegen. Es war dies ein langgestreckter, biapsidialer Saalbau (14 in Abb. 27), dessen von Ost nach West weisende Längsachse deutlich von der Hauptrichtung der eigentlichen Thermenanlage abweicht. Den spitzen Zwickel, der zwischen der Südwand dieses Saalbaus und der Nordwand der Thermen entstanden ist, überbrücken zwar Querwände, doch sind durch sie lediglich zusätzliche Räume entstanden, die diese Lücke füllen und deren Funktion oder Bedeutung unbekannt sind. Dagegen ist der eigentliche Saalbau als ein ca. 15m × 38m großes, einräumiges biapsidial angelegtes und von einem Tonnengewölbe gedecktes Gebäude deutlicher zu erkennen. Es wurde über Türen in seiner Nordwand erschlossen und besaß zusätzlich einige, der Südmauer angeschlossene Kammern. Auch wenn unbekannt ist, wann dieses Gebäude errichtet wurde und wozu es gedient hatte, könnten sein beträchtliches Format und seine besondere Grundrissform nicht unbegründet vermuten lassen, dass es nicht völlig belanglos gewesen ist.
Dabei gibt es zu Funktion und Bedeutung dieser eigentümlichen Bauform keine Quellen, doch soll und muss deshalb nicht darauf verzichtet werden, wenigstens Fragen zu stellen, deren Beantwortung vielleicht einen Weg zu einem Verständnis weisen könnte. Dabei ist zuerst noch nicht eindeutig geklärt, ob dieser eigentümliche Bau gleichzeitig mit den Trajansthermen errichtet worden ist, oder ob er ursprünglich zu einer anderen, eventuell älteren Anlage gehörte. Für eine etwas ältere Entstehungszeit könnte seine schiefwinkelige Verbindung mit dem |92|
Weitere Kostenlose Bücher