Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
Handflächen in einer Geste der Kapitulation auf die Tischfläche.
»Dann ist es entschieden«, erklärte nun auch Gratian und wirkte zufrieden.
»Wann können wir aufbrechen?«, fragte er Rheinberg.
»Ich bin nicht ganz auf dem Laufenden. Klaus?«
Von Geeren hatte erwartet, diese Frage beantworten zu müssen.
»Wir haben hier eine Armee von insgesamt 24 000 Mann zur Verfügung, den Kern des Bewegungsheeres. Dazu kommen 250 deutsche Infanteristen mit voller Ausrüstung. Auf dem bisher geplanten Marschweg nach Norden ist geplant, insgesamt weitere 15 000 Limitanei aufzusammeln, sodass wir am Ende mit knapp 40 000 Mann rechnen. Die Kerntruppe ist übermorgen zum Abmarsch bereit.«
»Ich werde die Legionen selbst anführen«, entschied Gratian. »Hier geht es um mich und meinen Anspruch auf den Purpur. Ich muss ihn selbst verteidigen.«
Er sah in die Runde. »Sie alle werden mich begleiten, bis auf Richomer. Er bleibt in Trier und schaut, was er an zusätzlichen Truppen aus dem Osten organisieren kann. Ich möchte den Fehler meines Onkels vermeiden und bin daher dafür, dass wir einen Notfallplan haben, sollte Maximus den Sieg davontragen. Richomer wird die Verteidigungslinie in Richtung Ravenna zurückziehen, er bekommt von mir alle Vollmachten. Wir werden versuchen, die Feinde in die Reichweite der Geschütze der Saravica zu locken, wenn es hart auf hart kommen sollte. Dann werden wohl Kanonen gegen Kanonen antreten müssen.«
Rheinberg neigte den Kopf. Er glaubte nicht an dieses Duell. Zum einen war alles, was von Klasewitz hatte bewerkstelligen können, den modernen Geschützen des Kleinen Kreuzers grenzenlos unterlegen. Zum anderen würde er sich niemals auf ein solches Kräftemessen einlassen. Er hatte vor Thessaloniki erlebt, welchen Effekt die Schiffsgeschütze haben konnten. Das Risiko würde er bei aller Hybris, die ihm zweifelsohne zu eigen war, nicht eingehen.
Aber er ließ Gratian diese Illusion. Sollten sie den Vormarsch des Maximus nicht stoppen können, dessen war er sich sicher, hatte die Saarbrücken nur noch eine Funktion: ihnen die Flucht zu ermöglichen.
Während allgemeine Gespräche über strategische und taktische Details begannen, trafen sich die Blicke Rheinbergs und von Geerens. Der Hauptmann nickte dem Kapitän zu. Es war klar, dass er wohl ähnliche Bedenken hegte.
Rheinberg schloss müde die Augen.
31
Noricum hatte sich verändert, fand Volkert. Als die Truppe zurückkam, hatten die Boten mit den aktuellen Erkenntnissen über den Vormarsch der Hunnen längst das Legionslager verlassen, um nach Trier zu eilen. Gleichzeitig waren Boten aus der Reichshauptstadt eingetroffen, um mitzuteilen, was Volkert insgeheim befürchtet hatte: Der Aufstand, den Rheinberg in dieser Zeit zu verhindern versucht hatte, war nun doch ausgebrochen.
Volkert war noch nicht genesen, obgleich er gute Fortschritte machte. Daher beobachtete er die Vorbereitungen für den erneuten Abmarsch der Männer, die gerade erst die beschwerliche Rückkehr gemeistert hatten, nur als Unbeteiligter. Fast die gesamte Legion war nach Ravenna beordert worden, um dort als Kern einer zweiten Verteidigungsarmee zu dienen, die durch Einheiten aus dem Osten verstärkt werden würde. Volkert fand die Vorbereitungen gleichermaßen beunruhigend wie beruhigend, denn auf der einen Seite zeigten sie, dass Rheinberg ein mögliches Scheitern des derzeitigen Bewegungsheers unter seinem Kommando zumindest nicht für unmöglich hielt, und auf der anderen offenbarten sie Voraussicht und eine rationale Risikobewertung.
In seinem neuen Amt als Zenturio kam ihm nun nicht nur größere Verantwortung zu, er wurde als Vertrauter des Sedacius auch zunehmend zum inneren Kreis der Verschwörergruppe gezählt, die dem Tribun dabei helfen sollte, sich zum Kaiser zu machen. Obgleich sich Volkert darüber im Klaren war, dass sein Schicksal eng mit dem des zweiten Usurpators verbunden war, hegte er starke Zweifel an dessen Plan. Er kam aus einer Zeit, in der der gewaltsame Umsturz des Kaisers eine völlig undenkbare Vorgehensweise gewesen wäre, von den abstrusen Plänen einiger Anarchisten und Kommunisten einmal abgesehen. Er war Seeoffizier geworden, weil sich ihm hier die Möglichkeit eröffnet hatte, mit der Elite des Reiches zu kämpfen. Als Bürgerlicher hatte er es nicht leicht gehabt, aber letztlich war ihm klar gewesen, dass seine Aufnahme in die Flotte eine Auszeichnung besonderer Art darstellte. Jetzt in etwas
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