Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
positionieren werden.«
Sie wussten nicht, wie viele Stücke der Freiherr im Auftrage des Usurpators hatte produzieren können. Viele konnten es nicht sein, aber Rheinberg schätzte lieber pessimistisch und ging von einer signifikanten Anzahl aus. Für Kanonen galt das Gleiche wie für die MGs, sogar in einem noch stärkeren Maße: Ihre Position auf dem Schlachtfeld entschied über ihre Wirksamkeit. Hinzu kam, dass sie weniger schnell verlegt werden konnten als die MG-Nester und daher unflexibel waren. Rheinberg war sich sicher, dass der Deserteur dieser Problematik Aufmerksamkeit geschenkt hatte und dass die Kanonen mobil genug waren, um verlegt werden zu können – wenngleich mit einigem Aufwand. Das trockene Wetter kam den Feinden dabei zugute: MGs in Schlamm und Dreck zu transportieren war noch relativ leicht, schwere Kanonen auf fahrbaren Lafetten aber ungleich problematischer. Ein anständiger Regenguss mochte auch das Pulver schädigen. Rheinberg wünschte sich den Regen sehnlichst herbei. Doch der Blick in den strahlend blauen Himmel, an dem kein Wölkchen zu sehen war, ließ diese Aussicht als nicht sehr realistisch erscheinen.
»Er wird die Artillerie wie in den Napoleonischen Kriegen einsetzen«, murmelte Rheinberg. Gratian sah ihn fragend an. Rheinberg versuchte, sich an die militärhistorischen Lektionen seiner Ausbildung zu erinnern. Da er eine ganz andere Laufbahn eingeschlagen hatte, waren diese Aspekte nur gestreift worden. Hier kannte sich von Klasewitz definitiv besser aus als er.
»Es kommt auch darauf an, wie weit die Stücke feuern können und mit welcher Kadenz«, erklärte er weiter. Das wiederum verstanden seine Gesprächspartner.
»Das kann doch nicht viel sein«, meinte Malobaudes abwertend. »Ich meine, wie viel Zeit hatte er? Und welche Ressourcen standen im fernen Britannien zur Verfügung? Das kann doch bestenfalls für minderwertige Kanonen gereicht haben, oder? Wahrscheinlich nicht einmal ein Dutzend, von dem die Hälfte während der Schlacht in die Luft fliegen wird!«
»Das kann sein, aber ich würde von Klasewitz nicht unterschätzen. Ganz sicher hat er seine Geschütze umfassenden Tests unterzogen. Er wird nicht mit mangelhafter Qualität in den Krieg ziehen. Dafür hängt zu viel auch für ihn persönlich vom Ausgang dieser Schlacht ab«, entgegnete Rheinberg.
Malobaudes winkte ab. »Ihr seid zu pessimistisch, Heermeister. Mag ja sein, dass der Verräter sein Handwerk versteht. Und Maximus hat ihn gewähren lassen, ja, fein. Aber all das auf der Basis einer Provinz und noch im Geheimen! Dabei kann nicht viel erreicht worden sein. Wir müssen uns auf ein lautes Geknalle einstellen und mit Glück wird das eine oder andere Geschoss auch treffen und für etwas Verwirrung sorgen. Aber wir Römer sind Onager und Katapulte gewöhnt, und die Wirkung dürfte nicht viel größer sein.«
»Das stimmt«, gab Rheinberg zu. Er wischte sich über die Stirn und nahm einen Schluck Wasser. Obgleich er sich mittlerweile für einen ganz passablen Reiter hielt, fand er die Fortbewegung auf dem Rücken eines Pferdes immer noch sehr anstrengend. Er hätte auch den Opel-Lastwagen der Infanteristen benutzen können, doch der stand bewegungslos als Anschauungsobjekt in einer der Lehrwerkstätten von Johann Dahms – nicht zuletzt deswegen, weil die Benzinvorräte sich bedrohlich dem Ende zuneigten.
Malobaudes reckte sich im Sattel. »Gebt mir eine entschlossene Reitereinheit und wir werden diese Geschütze mit einem Schlag auslöschen. Wir reiten die Kanoniere nieder und dann sind diese großartigen Erfindungen nicht mehr als ein Haufen nutzloses Metall.«
»Von Klasewitz wird darauf geachtet haben, die Kanonen gegen genau diese Art von Angriff zu schützen«, entgegnete Rheinberg.
Malobaudes schnaubte verächtlich.
»Das mag alles sein. Aber ein schneller Vorstoß – und man wird keine ganze Legion abgestellt haben. Ich denke, wir machen uns zu viele Sorgen.«
Rheinberg wusste nicht, ob der alte General damit nicht möglicherweise recht hatte. Die Kanonen des Freiherrn waren eine unbekannte Größe und seine eigene Tendenz, den Bedenkenträger zu machen, hatte natürlich etwas mit seinem Verhältnis zu von Klasewitz zu tun, dessen Hinterhältigkeit er am eigenen Leibe zu spüren bekommen hatte. Möglicherweise war die Einschätzung des Malobaudes, der doch genau wusste, was moderne Waffen anrichten konnten, gar nicht abwegig. Sicher hatte der Freiherr dem Usurpator keine modernen
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