Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
Kirche, stetig von der Angst verfolgt, dereinst einem Attentat oder Aufstand zum Opfer zu fallen, verlässt und verschreibt er sich nicht ganz unserer Sache, um seine Position halten zu können. Wir werden sprechen und er wird hören. Selbst wenn ihm nicht gefällt, was wir zu sagen haben, so wird ihm keine Wahl bleiben, es doch durchzusetzen. Würden wir ihm, gar öffentlich, unsere Unterstützung entziehen, es verginge kein Monat und seine Leiche würde im Tiber treiben.«
Petronius nickte und ein begeistertes Funkeln war in seinen Augen zu erkennen. Sie gingen beide einige weitere Schritte, beobachteten die Insekten, wie sie im Sonnenlicht tanzten, und genossen die wunderbar friedliche Stille dieses abgeschiedenen Ortes unweit von Ravenna.
»Dann ist es aber klug zu warten, bis Maximus über Theodosius obsiegt hat«, meinte Petronius schließlich. »Es muss der Sieg des Maximus sein, nicht der des Klasewitz, damit dieser nicht eigene, zusätzliche Legitimation daraus beziehen kann.«
»Du denkst mit«, lobte Ambrosius und atmete tief ein. »Exakt so müssen wir vorgehen. Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit, bereits jetzt die richtigen Schritte einzuleiten, um den Machtwechsel nach einem Sieg gegen Theodosius so unmittelbar wie möglich einzuleiten. Tatsächlich bin ich der Auffassung, das zwischen dem Triumph der Schlacht und dem Abdanken des Maximus nicht allzu viel Zeit verstreichen darf.«
»Das hört sich sehr schwierig an.«
»Das ist auch schwierig. Es bedarf vor allem einer Person, die sich in der Nähe des Kaisers aufhält und bereit ist, zur gegebenen Stunde die Dinge zu tun, die zu tun sind, und das ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit, ohne Zögern und in vollem Gottvertrauen – und ohne dass ein allzu großer Makel auf die Kirche fällt.«
»Also von Klasewitz selbst. Oder jemand, von dem man sich … distanzieren kann, wenn es passiert ist. Ein … Irregeleiteter, der aus eigenem Antrieb gehandelt hat, keinesfalls in höherem Auftrage. Jemand, der die Botschaft seiner Oberen zu wörtlich nahm. Jemand von … schlichtem Gemüt.«
Ambrosius nickte anerkennend.
»Sehr gut, Bruder. Deine Gedanken gehen eindeutig in die richtige Richtung. Aber wir müssen natürlich von Klasewitz einbinden. Er ist ein wichtiger Bestandteil unseres Plans, auch wenn er selbst nicht zum Todesstoß ansetzen sollte. Daher müssen wir unsere Ziele zu den seinen machen. Noch besser wäre es, wenn er ähnliche Pläne hegt, und wir könnten ihm helfen, sie zu verwirklichen, womit er sein Schicksal in unsere Hände legt.«
»Ich kann ein Gespräch mit ihm führen«, bot Petronius an und scharrte mit der Sandalenspitze seines rechten Fußes im trockenen Boden. Staubtrocken war die Erde hier, bröckelig, fast schon nicht mehr von Sand zu unterscheiden. Kein Wunder, dass es eine große Herausforderung darstellte, hier Pflanzen gedeihen zu lassen.
»Das wäre hilfreich.«
»Was können wir ihm denn an Hilfe anbieten?«
»Dich.«
Petronius sah auf und starrte Ambrosius an. »Wenn ich die Hand gegen den Imperator erhebe, fällt dies auf die Kirche zurück. Und auf Euch. Jeder weiß, dass ich Euer Vertrauter bin.«
»Du sollst niemanden töten. Das soll so geschehen, wie du es gerade vorgeschlagen hast. Lass uns ein geeignetes Werkzeug finden. Unter den jungen Priestern sind manche, die nichts anderes kennen als die Kirche und bereit sind, für ihr Seelenheil auch sogleich ihr Leben zu geben. Ein geeigneter Kandidat sollte sich finden lassen. Deine Aufgabe ist aber eine andere, mein lieber Petronius.«
»Was ist dann meine Aufgabe?«
»Es geht um die Zeit unmittelbar nach einer solchen Tat. Sie verursacht Aufruhr, und allzu treue Gefolgsmänner des Maximus könnten sich veranlasst sehen, von Klasewitz zu richten. Jemand muss da sein, der mäßigend auf die Erregten einwirkt. Jemand, der mit Vernunft spricht und die Vorteile der neuen Machtstruktur darzustellen imstande ist, der das Bedauern der Kirche über den plötzlichen Tod des Imperators ausdrückt, aber gleichzeitig durchblicken lässt, dass der neue Kaiser durchaus einer ist, mit dem wir zu kooperieren gedenken. Es ist eine schwierige Aufgabe, Petronius, aber letztlich musst du nichts anderes tun, als von Klasewitz, wenn er tut, was wir von ihm erwarten, das Leben retten. Ist die erste Erregung vorüber, übernehme ich und sorge dafür, dass sich alle auch langfristig mit der Situation anfreunden. Ich habe Senatoren, die mir aus der Hand fressen. Ich
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