Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
angemessen angesehen wurde, um zum Ziel zu kommen. Wozu das führte, das erlebten sie gerade am eigenen Leibe mit. Eine Erfahrung, die Volkert ebenso wie Bertius nur sehr begrenzte Freude bereitete.
Er sah auf den Armstumpf seines Faktotums.
Sehr, sehr begrenzte Freude.
»Wenn das so weitergeht, werde ich nicht sehr alt«, meinte Bertius. »Ansonsten glaube ich Euch kein Wort, edler Tribun. Ich kenne mich gut. Ein schönes Haus, eine nette Frau, ein geruhsames Leben. Das bin ich. Niemals mehr.«
Volkert grinste. »Deswegen wolltest du nach deiner Verletzung in der Legion bleiben, anstatt dich mit deiner Prämie in den Ruhestand zu begeben?«
»Ich bereue diese Entscheidung mittlerweile.«
»Wenn du weiter so jammerst, dann ich auch.«
Bertius sah einen Moment etwas beleidigt drein. Dann besann er sich, unterdrückte mit wenig Enthusiasmus ein Seufzen – es war notwendig, dass sein Herr von seinem Leid umfassend informiert wurde – und konzentrierte sich darauf, der nächsten Entscheidung entgegenzureiten. Ihr Gespräch hätten sie sowieso nicht weiter fortsetzen können, denn Volkert erkannte, wie Secundus auf ihn zuritt, das Pferd drehte und sich zu ihnen gesellte. Er war bis eben noch an der Spitze der Kolonne geritten.
»Es ist alles in Ordnung«, meldete Secundus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der Helm ruhte angebunden auf seinem Sattel. Es war noch nicht lange hell, aber die Sonne Afrikas brannte bereits vom Himmel. Volkert hatte befohlen, alle zwei Stunden eine Pause einzulegen und dafür zu sorgen, dass die Männer genug zu trinken bekamen. Er hatte die Absicht, auch die letzten Legionäre gesund und wohlbehalten zum neuen Lager zu bringen.
»Und, tränenreicher Abschied?«
Secundus runzelte die Stirn. »Ein Zenturio weint nicht.«
»Aber seine Verlobte möglicherweise.«
»Die Verlobte eines Zenturios weint auch nicht.«
»Aber Verlobte ist sie?«
Volkert beobachtete grinsend, wie sich die Stirn des Secundus noch weiter umwölkte.
»Ich denke, dass es darauf hinausläuft«, meinte sein Freund dann etwas umständlich. So ganz schien er sich mit diesem Gedanken noch nicht angefreundet zu haben.
»Na, das wird schon noch«, murmelte Volkert begütigend. Secundus seufzte.
Schweigend setzten sie ihren Weg fort, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Der Marsch verlief ohne Zwischenfälle, war ruhig, fast schon zu ruhig. Es war, als wolle das Schicksal ihnen ein letztes Mal eine Ruhepause gönnen, bevor Armageddon eintrat.
Secundus scherzte. Bertius jammerte. Sie tranken. Sie aßen.
Bei allem war Volkert nicht bei der Sache. Er scherzte lustlos. Er wies Bertius nur halbherzig zurecht. Er trank aus Pflichtgefühl und ließ die Mahlzeit ausfallen.
Er wusste, dass er auf etwas wartete, aber es war mehr als das bloße Eintreten der entscheidenden Schlacht.
Irgendwas braute sich zusammen.
Und was immer es war, es raubte Volkert mehr als nur den Appetit.
21
Die Überfahrt von Ravenna nach Hippo Regius dauerte gut zwölf Tage, und von Klasewitz genoss die Zeit auf See sehr. Der Zwischenfall mit den Agenten des Theodosius war bereits kurz nach dem Vorfall vergessen, die Tatsache, dass zwei der Attentäter sich selbst gerichtet hatten, war ein bedauerliches Missgeschick, das aber letztlich an seinem Triumph nichts geändert hatte. Die anderen beiden waren nicht schnell genug gewesen und waren ausgiebig gefoltert worden. Als man ihre Reste an die Fische verfüttert hatte, waren zwei Erkenntnisse gewonnen worden: wer für einige Anschläge der letzten Wochen die Verantwortung trug und dass aller Wahrscheinlichkeit wirklich nur diese vier zur Verschörergruppe gehört hatten.
Als von Klasewitz erfahren durfte, dass der Anführer der Bande damals für seine gescheiterte Machtübernahme auf der Saarbrücken mitverantwortlich gewesen war, hob das seine Stimmung ganz beträchtlich. Dies war, wenn überhaupt etwas, ein Akt göttlicher Fügung. Das Schicksal wollte, dass er Erfolg hatte, daran bestand kein Zweifel. Der Freiherr platzte geradezu vor Zuversicht.
So langsam fand er Gefallen an diesem Spiel von Verrat und Gegenverrat, vor allem dann, wenn sich die Dinge zu seinen Gunsten entwickelten. Als Hippo Regius im Dunst der Morgensonne am Horizont auftauchte, fühlte sich der Heermeister trotz der relativ kurzen Nachtruhe belebt und erfrischt. Alles lief nun auf seinen Triumph zu. Die vergangenen Tage hatte er keinesfalls ungenutzt verstreichen lassen. Er hatte
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