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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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unten und drückte ihr dann eine Plastiktüte in die Hand.
    »Noch zwei Wochen, Sandy. Hier hab ich schon mal die Schulmädchenuniform für dich!«
    »Bitte, Herr König. Ich habe schon sechshundertfünfundsiebzig Euro zusammen, und bis Weihachten sind es bestimmt tausend. Das ist doch eine ganze Menge.«
    »Dreitausend Euro oder ihr fliegt raus. Es sei denn … Aber das weißt du ja.« Wieder dieses eklige Grinsen. »Und vergiss die Rollschuhe nicht.«
    Sandy fühlte sich furchtbar. Was sollte sie jetzt tun? Den ganzen Arbeitstag dachte sie darüber nach, aber sie fand keine Lösung. Als sie sich dann später zu Hause für ihren Abendjob im Atatürk-Grill umzog, war das Familienleben voll im Gange. Ihre Oma ordnete im Wohnzimmer ihre Barbarazweige in der Vase und betete dabei, ihr Vater hing in der Küche besoffen halb über dem Tisch und Dennis spielte wie üblich in seinem Zimmer total bekifft Farmera ma .
    »Hi, Dennis«, sagte sie »Wie steht’s denn mit eurem Projekt im Hertie – Haus?«
    Dennis wandte sich von seinem Computer ab. Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Ich verstehe das nicht«, meinte er. »Ich hab mich fest auf die Barbara verlassen! Ich meine – das ist doch ihr Ding, das mit dem wachsen lassen und blühen und so. Aber die Pflanzen sind bislang kaum gewachsen! Sie müssten viel größer sein! Sonst können wir Weihnachten nichts ernten!« Er wirkte regelrecht verzweifelt.
    Doch so, wie es in dem Zimmer roch, mussten sie schon etwas geerntet haben. Sandy schnüffelte. »Und was stinkt da so?«
    Sie entdeckte eine Beule unter seiner Bettdecke und schlug sie zur Seite.
    »Dennis!«
    Das waren schätzungsweise zwei Pfund Heroin oder Koks in prallen Plastikbeuteln. Und natürlich Marihuana. Eingewickelt in Alufolie und verstaut in Tupperdosen. Sandy war fassungslos.
    »Was! Ist! Das!?«
    »Reg dich ab. Keine Panik. Das gehört Murats Cousin. Der hat Muffe, dass die Bullen ’ne Durchsuchung bei ihm machen. Er holt es in ein paar Tagen wieder ab.«
    »Aber du kannst doch nicht …«
    »Der Cousin ist in Ordnung. Es darf nur nichts davon verloren gehen.« Sein Gesicht verfinsterte sich. »Sonst sind wir tot.«
    »Aber wie kannst du ihm das erlauben?«
    »Hab ich ja gar nicht. Die Oma hat’s ihm erlaubt. Der hat mit ihr im Wohnzimmer stundenlang gequatscht, über Jesus und so.«
    »Hat sie überhaupt verstanden, worum es hier geht?«
    »Natürlich nicht. Aber sie findet, Murats Cousin ist ein guter Christ.«
    »Er ist Moslem! Mein Gott, Dennis!« Sandy schüttelte verzweifelt den Kopf und deutete auf die Drogen. »Ich habe das hier nicht gesehen. Damit will ich nichts zu tun haben.«
    Sie war schon beinahe draußen, als Dennis ihr hinterherrief: »Sandy! Ich weiß, wir sind dir alle keine große Hilfe. Aber ich schwöre, mein Plan wird am Ende funktionieren. Die heilige Barbara hilft uns. Wir werden das Geld zusammenkriegen.«
    »Und was, wenn nicht?«, schrie sie zurück. Doch Dennis war schon wieder in seinem Farmerama abgetaucht. Wenn nicht, dachte Sandy, kann die heilige Barbara sich die Schulmädchenuniform anziehen und zu Jens König gehen.
    Die Tage vergingen, ohne dass sich etwas Wesentliches an der Situation änderte. Immerhin holte Murats Cousin nach und nach seine Drogen wieder ab, nicht ohne dabei jedes Mal von der Oma in eine längeres Gespräch über Jesus, Gott und die Welt verwickelt zu werden.
    Ihr Vater, der offenbar ahnte, dass er als Familienoberhaupt ein Totalversager war, kam nur noch nach Hause, um seinen Rausch auszuschlafen, den er sich bei seinen Touren durch die Altstadt zwischen Nordenmauer und Ostenmauer angetrunken hatte.
    Sandy verkaufte weiter tagsüber Weihnachtsdeko bei IKEA und nachts Dönerteller im Atatürk-Grill, doch ihr war klar, dass sie das Geld, das Jens König verlangte, nicht bis zum Termin zusammenbringen würde. Aber sie versuchte es wenigstens. Auch die Marihuanapflanzen der Plantage im Keller der Hertie- Ruine, bei der Dennis jeden Tag vorbeischaute, würden es nicht bis Weihnachten bis zur Blüte schaffen.
    Sandy fragte sich, wieso noch niemandem die zugeklebten Kellerfenster und die fantasievolle Rohrkonstruktion der Bewässerungsanlage im Hof aufgefallen waren. Oder die Stromrechnung, die die beiden Hanfgärtner mit ihren Speziallampen fabrizierten. Wie dumm konnte die Polizei eigentlich sein? Aber die Aktivitäten von Dennis und seinem Kumpel Murat blieben unentdeckt.
    Als dann an Heiligabend, an dem der Sage nach die blühenden

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