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Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Titel: Kali Darad - Königin der Arena (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Martin
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Schatten neben ihr. Wie eine graue Stichflamme schoss die Harpyie mit einem furchterregenden Kreischen kerzengerade in die Höhe, die stählerne Klaue zum Schlag erhoben, und fauchte den Mann mit gefletschten Zähnen an.
    Der fast einen Kopf kleinere Barde wich vor Schreck drei Schritte zurück, bevor er – den Gefassten mimend – auf ihr Bild deutete. »Das... ist schön«, sagte er zögerlich und schluckte. »Was bedeutet es?«
    Nur langsam löste sie ihren durchbohrenden Blick von ihm und blickte auf ihr Werk hinab. Ja, das Bild war in der Tat recht hübsch geworden. Doch seine Bedeutung wollte sich ihr einfach nicht erschließen.
    »Ahnungslos. Unwissen. Ich weiß es nicht«, gestand sie, plötzlich sehr ruhig geworden. Sehr zur Überraschung des Barden, der eigentlich gar nicht damit gerechnet hatte, überhaupt eine Antwort zu erhalten. »Hat etwas bedeutet. Früher. Kann mich nicht erinnern.«
    » Hast du bei dem Unfall mit dem Wagen dein Gedächtnis verloren?«, hakte er vorsichtig nach.
    Davon hatte er ja noch nie etwas gehört: Eine Harpyie, die ihr Gedächtnis verloren hat. Genau genommen hatte er auch noch nie etwas davon gehört, dass Harpyien überhaupt zu etwas wie Erinnerungen fähig wären. Es hieß allgemein, Harpyien seien einfach nur dumme, Fleisch fressende, kreischende Monster, die den Ammenmärchen der Menschen nichts schuldig blieben. Einfach nur blutrünstige Tiere, beseelt von einer perversen Grausamkeit, ohne menschlichen Geist, ohne Gewissen, ohne Moral.
    Doch jetzt, wo er einer solchen Kreatur Auge in Auge gegenüberstand, begann er an so manchem Vorurteil zu zweifeln. Und genau das schürte seine Furcht vor dieser cholerischen Bestie nur noch mehr.
    Ihr Blick wanderte den Pass entlang, zurück zu der Stelle, an der ein zertrümmertes Fuhrwerk und ein zerfetzter, fetter Händler lagen. Nein, ihre Erinnerungen reichten weiter zurück. Viel weiter. Und vieles davon ließ sie wünschen, es wäre nicht so. Eine dunkle Hand schloss sich um ihr Herz und drückte zu. Schreckliche Bilder tanzten vor ihren Augen und verhöhnten sie mit ihrer grausamen Klarheit.
    Erst nach einer Weile antwortete sie: »Nein. Lange her. Viele Sommer.«
    Taros Goll war von diesem neuen Aspekt im Wesen der Harpyien fasziniert und entsetzt zugleich. Und wie so oft verdrängte seine Neugier jegliches Taktgefühl und ließ ihre betretene Wortkargheit unbeachtet auf der Strecke. »Was ist passiert?«
    Für einen Moment begegnete sie seinem Blick und der Schmerz, den er darin sah, ein Schmerz, der weit über alles hinausging, was er je erlebt hatte, schnürte ihm die Kehle zu.
    Wie eine Ohrfeige traf ihn die Erinnerung an den großen schwarzen Knochen, dessen grauenhafte, scheußliche Macht er am eigenen Leibe zu spüren bekommen hatte. Mit der sie ihn dazu gebracht hatte, sich bereitwillig vor ihr zu erniedrigen und sich dabei ebenso bereitwillig beinahe selbst zu entmannen.
    Er wollte gerade eine Entschuldigung stammeln, als sie sich auch schon wieder von ihm abwandte.
    » Keine Rast mehr«, sagte sie mit mühsam beherrschter Stimme – Ob vor Schmerz oder vor Zorn vermochte er nicht zu sagen. »Weiter gehen.«
    Ohne ein weiteres Wort und ohne sonderlich auf ihn zu warten, stapfte sie auch schon über den Pass davon.
    »Ich und mein großes Maul«, schalt sich der Barde, hob ächzend die Worgläufe wieder auf und folgte ihr.
    Die nächste Etappe legten sie schweigend zurück, nur begleitet vom leisen Pfeifen des Windes, der hier und da an Kali Darads Federn zupfte und in Taros Golls Haaren spielte. Sie war sehr froh darüber, dass der Barde endlich einmal den Mund hielt. Mit seinem losen Mundwerk hatte er die Gräuel jener entsetzlichen Nächte wieder in ihr wachgerüttelt und sie musste sich jetzt mit aller Kraft auf etwas anderes konzentrieren, wollte sie nicht vor den Augen dieses dreckigen, haarigen Mannes in Tränen ausbrechen - und sie wollte sich lieber die Zunge abbeißen, bevor sie das tat.
    Ablenkung fand sie in dem Bild, welches immer noch auf dem Pass hinter ihr prangte und ihr schon die ganze Zeit im Kopf herum spukte. Sie zermarterte sich das Hirn darüber, woher sie es kannte, doch die dunkle Mauer in ihrem Kopf gab überhaupt nichts preis. Immer wieder und wieder rannte sie gegen die Mauer an, versuchte vergeblich, nur einen kurzen Blick auf das Dahinter zu erhaschen, bis sie Kopfschmerzen bekam. Doch ihre Mühen waren vergebens.
    Mit einem wütenden Knurren schüttelte sie energisch das Haupt. Es war

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