Kalix - Die Werwölfin von London
flüsterten sich etwas zu und küssten sich flüchtig. Markus grinste.
Er zwei
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feite nicht daran, dass es jetzt, während des Auftakts zum Krieg, viele heimliche Liebschaften gab.
Markus musste beinahe lachen, als die Werwölfin aus dem Schatten trat und rasch die Treppe hinunterlief. Es war Buvalis MacGregor, die dem Haushalt seiner Mutter vorstand. Er konnte sich gut vorstellen, warum die junge Buvalis jede Beziehung vor der Herrin der Werwölfe verbergen wollte. Verasa wusste immer gerne mehr über das Privatleben ihrer Angestellten, als sie sollte.
Weniger amüsiert war Markus, als der andere Werwolf ins Licht trat. Es war Kertal MacRinnalch, ein Anhänger Sarapens, der als möglicher Verräter verdächtigt wurde. Sofort wurde Markus misstrauisch.
Er folgte Kertal diskret auf dem Weg zum Westflügel, in dem Buvalis wohnte.
Als Markus Buvalis' Gemächer erreichte, war die Tür verschlossen. Plötzlich kam er sich lächerlich vor. Was würden die Leute dazu sagen, dass er durch die Burg lief und heimlichen Liebespaaren nachspionierte? Als er schon weitergehen wollte, hörte er in ihrem Zimmer ein seltsames Geräusch. Ein lautes Knirschen, als würde Metall aus Stein gerissen. Markus' Misstrauen flammte wieder auf. Eine Sekunde lang zögerte er noch. »Wenn Kertal und Buvalis sich am Ende nur leidenschaftlich lieben, wird das sehr peinlich«, dachte er, dann packte er die Türklinke und drückte sie nach unten. Die Tür war verschlossen. Als Markus mit der Schulter dagegen drückte, sprang sie auf.
Buvalis und Kertal sahen sich erschrocken um. Markus erschrak ebenfalls, denn das Knirschen war davon gekommen, dass sie das Metallgitter vor Buvalis'
Fenster entfernt hatten. Markus starrte auf das offene Fenster und dann auf den Boden, wo vor Buvalis' Füßen ein sehr langes Seil bereitlag.
»So, so. Kertal. Buvalis. Wie ich sehe, wollt ihr den Baronen die Burg aushändigen.«
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Mitten in der Nacht trafen Thrix und Malveria mit dem letzten Schwung Kleider bei Moonglow ein. Thrix spürte sofort, dass das Amulett im Haus war, Kalix aber nicht.
»Sie ist ohne Amulett rausgegangen. Ausgerechnet jetzt.«
»Willst du nach ihr suchen?«, fragte die Feuerkönigin.
»Nein«, sagte Thrix. »Mir ist egal, ob sie stirbt oder nicht.«
»Das meinst du doch nicht ernst, oder?«
Thrix meinte es ernst. Sie war so müde, dass sie nur noch die letzten Kleider für Malveria abliefern und dann nach Hause gehen wollte, um zu schlafen, alles andere war ihr egal. Wenn Kalix durch ihre eigene Dummheit ums Leben kam, war das ihre Sache.
Sie saßen zusammen auf dem Dachboden und warteten auf Malverias erste Ankleidefrau. In den nächsten fünf Tagen würde Malveria zwischen ihrem Palast, diesem Dachboden und Livias Feier pendeln. Thrix hatte genau erklärt, wie die Kleider und Accessoires zu tragen waren, und ein paar Tipps zum passenden Make-up für die einzelnen Events gegeben.
»Ich wünschte, du könntest dich selbst darum kümmern«, sagte Malveria. »Dir vertraue ich viel mehr als meiner Ankleidefrau.«
»Keine Sorge, die meiste Zeit über werde ich hier sein«, sagte Thrix. »Nur nicht an deinem Eröffnungsabend, dann muss ich mir die Zwillinge ansehen.«
Die Zauberin war ziemlich besorgt wegen des Auftritts. Sie hatte wirklich keine Ahnung, was sie anziehen sollte, und fürchtete, sie könne dort im falschen Outfit auftauchen. In einem der zahlreichen magischen Spiegel, die auf dem Dachboden hingen, musterte Thrix ihre Haare. Sie waren vollkommen durcheinander. Erst wollte sie nach einer Bürste suchen, aber dann sparte sie sich die Mühe. Mit einem kurzen Durchkämmen würde sich der Schaden nicht beheben lassen. Sie nahm ihre Wolfsgestalt an, weil sie so 439
bequemer auf dem Boden liegen konnte, und schlief ein. Malveria machte sich daran, ihre Kleider anzuprobieren, und war so vertieft darin, dass sie kaum bemerkte, wie die Haustür geöffnet wurde.
Gawain trug Kalix die Treppe hinauf. Er brachte sie in ihr Zimmer und legte sie auf das Bett. Kalix öffnete die Augen.
»Lass mich nicht allein«, sagte sie.
Gawain nickte. Er würde bei ihr bleiben.
Eine Etage darüber wachte die Zauberin auf, während die Feuerkönigin sich mit ihrer ersten Ankleidefrau beriet, einer Hiyasta in mittleren Jahren, die ein orangefarbener Schimmer umgab.
»Ah, Zauberin, du bist wach. Wir sprechen gerade über die Reihenfolge, in der ich die Kleider für meine große Ankunft anziehe. Die Ankunft ist schrecklich wichtig.
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