Kalle Blomquist
war. Denn gegen Abend, da wurde er wieder gesund.«
»Ist er gestern abend ausgegangen? Als ich schon im Bett war?« Eva-Lotte wurde so eifrig, daß sie Fridas Arm ergriff.
»Ja, ja doch! Wahrscheinlich wegen des Briefes, den er bekommen hat. Himmel, ich hab’ ja Salz und Zucker vergessen!«
»Was für ein Brief, Frida? Nein, gehen Sie nicht! Was war das für ein Brief?« Eva-Lotte schüttelte Fridas Arm.
»Schrecklich, wie neugierig du bist, Eva-Lotte! Ich weiß nicht, was das für ein Brief war, denn ich lese nicht andrer Leute Briefe. Aber vor der Gartentür standen zwei Männer, als ich gestern abend vom Milchholen kam. Und die haben mich gebeten, Herrn Lindeberg einen Brief zu geben, und das hab’ ich natürlich getan, und da war er auf einmal gesund. So war die Sache!«
Eva-Lotte brauchte eine Minute, um sich anzuziehen, und ungefähr ebensoviel Zeit, um zu Kalle rüberzurennen. Anders war schon da.
»Was sollen wir anfangen? Onkel Einar ist verschwunden!
Und wir haben ihn noch nicht verhaftet!«
Die Nachricht schlug ein wie ein Blitz.
»Habe ich mir das nicht gleich gedacht?« sagte Anders wütend. »Das ist geradeso wie damals im Frühjahr, als ich den Hecht am Haken hatte und er sich im letzten Augenblick los-riß!«
»Ruhe! Besinnung!« mahnte Kalle – ja, das war eigentlich Meisterdetektiv Blomquist, der ein kleines Gastspiel gab. »Me-thodische Arbeit, das ist das einzig Vernünftige! Wir wollen erst mal eine Haussuchung bei Lindeberg – ich meine Onkel Einar –vornehmen!«
Der Ordnung halber kontrollierte Kalle, ob keiner der Herren Krok und Redig auf dem Bürgersteig Posten stand. Der Wachtdienst hatte offenbar aufgehört.
»Das Bett unberührt, der Reisekoffer noch hier«, summierte Kalle, nachdem sie sich in Onkel Einars Zimmer hineingeschli-chen hatten. »Es sieht so aus, als ob er die Absicht hat zurückzukommen. Aber das kann natürlich auch eine Finte sein.«
Anders und Eva-Lotte setzten sich auf die Bettkante und blickten düster vor sich hin.
»Nein, er kommt sicher niemals wieder«, sagte Eva-Lotte.
»Aber die Juwelen haben wir wenigstens gerettet.«
Kalle schnüffelte mit Stielaugen im Zimmer herum. Der Papierkorb natürlich! Reine Routinearbeit! Da lagen ein paar leere Zigarettenschachteln, einige abgebrannte Streichhölzer und eine alte Zeitung. Und dann ein ganzer Haufen kleine, kleine Papierstückchen!
Kalle stieß einen Pfiff aus. »Jetzt wollen wir Puzzle spielen«, sagte er. Er sammelte die kleinen Papierstückchen und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. Anders und Eva-Lotte rückten interessiert näher.
»Glaubst du, daß das der Brief sein kann?« fragte Eva-Lotte.
»Das werden wir gleich sehen!« Kalle hantierte mit den Papierstückchen – er bekam hier ein Wort und da ein Wort zusammen.
Es
war
der Brief. Bald hatte er sein Puzzlespiel fertig. Drei Köpfe beugten sich eifrig darüber und lasen:
»Einar, alter Freund!
Wir haben uns die Sache überlegt, Tjomme und ich. Wir wollen teilen! Allerdings hast du dich wie ein Schwein benommen, und wenn wir nur ein bißchen mehr Zeit hätten, dann würden wir bestimmt das Ganze aus dir rausquetschen. Aber, wie gesagt, wir teilen! Das ist für uns alle das beste, besonders für dich. Ich hoffe, daß du das begreifst. Aber merke dir: keine Tricks! Versuchst du noch einmal, uns zu begaunern, dann bist du fertig mit diesem Erdenleben, darauf geb’ ich dir mein Wort! Reines Spiel diesmal! Wir warten auf dich vor der Gartentür. Beeil dich und bring den Kram mit, dann verschwinden wir sofort.
Artur.«
»Aha, die Schurken haben sich wieder zusammengetan«, sagte Kalle. »Aber nach dem Kram können sie jetzt lange suchen!«
»Ich möchte wissen, wo sie jetzt sind«, sagte Anders. »Ob sie vielleicht schon aus der Stadt abgehauen sind? Ich kann mir denken, daß sie wütend sind wie Hornissen.«
»Und wie die sich den Kopf darüber zerbrechen werden, wer die Juwelen weggeholt hat!« Eva-Lotte sah ordentlich aufgelebt aus bei dem Gedanken.
»Ob wir uns zur Ruine raufschleichen und nachsehen, ob sie noch hier sind und suchen? Wenn ja, dann hetzen wir augenblicklich die Polizei auf sie«, sagte Anders. Doch jetzt fiel ihm etwas ein. »Aber wie können sie in den Keller kommen, wenn Onkel Einar seinen Dietrich nicht mehr hat?«
»Ach, solche Kerle wie Krok und Redig sind sicher von Kopf bis Fuß mit Dietrichen behängt, das kannst du dir doch denken«, sagte Kalle.
Er sammelte sorgfältig alle Papierstückchen
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