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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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purzeln zu lassen.
    Während der Auffahrt schien der Vierradantrieb mehrmals zwei Räder zu wenig zur Verfügung zu haben, um die Bodenhaftung zu gewährleisten. Der Wagen schlingerte und schaukelte, schließlich erreichte er jedoch die Anhöhe und damit den mittleren Seitenstreifen der nach Westen führenden Fahrbahn.
    Dylan studierte den Rückspiegel, warf einen Blick in den Seitenspiegel und ließ den Ford dann in eine Verkehrslücke schießen. Nun fuhren sie in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Auf die Stadt und das Motel zu, wo zweifellos noch der Cadillac vor sich hinschwelte. Mitten hinein in die Scherereien, denen sie hatten entkommen wollen.
    Jilly kam der verrückte Einfall, sie hätten bloß deshalb so riskant gewendet, weil Shep seinen Bruder mit dem Brummerslogan an das ausgefallene Abendessen erinnert hatte. Nun war Dylans phänomenales Engagement zwar durchaus bewundernswert, doch unter solchen Umständen wäre eine Rü ckk ehr in die Fastfoodbude wie ein Riesensatz vom Podest verantwortungsbewusster Fürsorge in den Sumpf fahrlässiger Ergebenheit gewesen.
    » Was soll das? «, fragte Jilly noch einmal.
    Diesmal reagierte Dylan, aber seine Antwort war weder beruhigend noch informativ: » Das weiß ich nicht. «
    In seinem Verhalten spürte Jilly etwas, was sie an den eigenen verzweifelten Geisteszustand erinnerte, in dem sie sich befand, wenn sie im Bann ihrer Fata Morgana war. Erschrocken über die Aussicht, im dahinrasenden Wagen eines Fahrers zu sitzen, der von Halluzinationen oder Schlimmerem abgelenkt war, sagte sie: » Fahren Sie doch langsamer, um Himmels willen! Wo wollen Sie eigentlich hin? «
    Dylan beschleunigte. » Nach Westen «, sagte er. » Irgendwo nach Westen. Ein Haus. Irgendein Haus. «
    » Aber wieso? «
    » Ich spüre den Sog. «
    » Den Sog wovon? «
    » Den Sog des Westens. Ich weiß auch nicht. Ich weiß nicht, was oder wo es ist. «
    » Weshalb wollen Sie dann überhaupt dorthin? «
    Wie ein Einfaltspinsel, für den das Gespräch eine Wendung genommen hatte, die ihm genauso unverständlich war wie die geheimnisvollen Entdeckungen der Molekularbiologie, glotzte Dylan seine Mitfahrerin an.
    Das Weiß seiner Augen war so deutlich sichtbar wie im Blick eines Hundes, der sich verwirrt vor harten Worten duckte , die er nicht begreifen konnte. » Es fühlt sich einfach … richtig an «, sagte er.
    » Was fühlt sich richtig an? «
    » In diese Richtung zu fahren, zurück nach Westen. «
    » Führt uns das denn nicht schnurstracks wieder ins Schlamassel? «
    » Ja, wahrscheinlich. Kann schon sein. «
    » Dann fahren Sie rechts ran, und stopp! «
    » Kann nicht. « Schweiß trat ihm aufs Gesicht. » Kann nicht. «
    » Wieso? «
    » Frankenstein. Die Spritze. Das Zeug. Es hat angefangen. Irgendetwas geschieht mit mir. «
    » Und was? «
    » Irgendein verrückter Scheiß. «
    Auf dem Rücksitz sagte Shepherd: » Mist. «
     

14
    Und was für ein verrückter Mist.
    Dylan O ’ Conner spürte einen so gewaltigen Druck, als wäre er gerade auf der Flucht vor einem tobenden Waldbrand oder einer herabstürzenden Lawine aus Fels, Eis und Schnee gewesen. Sein Herz hüpfte wie ein Kaninchen, das vor einem Wolf davonrannte. Zwar hatte er nie unter Verfolgungswahn gelitten und auch nie Methamphetamin genommen, aber so musste sich ein Mensch mit paranoiden Wahnvorstellungen fühlen, wenn er sich eine fast tödliche Dosis flüssiges Speed geschossen hatte.
    » Ich bin wie aufgedreht «, sagte er u nd trat aufs Gaspedal. »Ich weiß nicht, warum, und ich komme einfach nicht runter.«
    Weiß Gott, was Jilly daraus macht e. Dylan war selbst nicht ganz klar, was er hatte ausdrücken wollen.
    Eigentlich hatte er gar nicht das Gefühl, vor einer Gefahr zu fliehen. Vielmehr wurde er unerbittlich zu etwas hingezogen wie vom größten Elektromagneten der Welt, der das Eisen in seinem Blut anzog. Dylans Gefühl der Dringlichkeit war begleitet von einem unwiderstehlichen Impuls, sich fortzubewegen.
    Diese Dringlichkeit hatte keinen erkennbaren Grund, und der Impuls bezog sich auf kein bestimmtes Objekt. Dylan musste einfach nach Westen und fühlte sich gezwungen, so schnell wie möglich dem untergehenden Mond hinterherzujagen.
    Instinkt, erklärte er Jilly. Irgendetwas in seinem Blut, das Los! sage, irgendetwas in seinen Knochen, das Beeil dich! sage, die Stimme einer kollektiven Erinnerung, die durch seine Gene spreche, eine Stimme, die er nicht zu ignorieren wage, weil im Falle, dass er

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