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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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genau so schlimm aus?«
    »Moment mal, Francesco, du liest Frauenverführungs-Ratgeber?«
    Mist, verplappert.
    »I… Ich meine, ich weiß das, weil ich wegen dieser Stecherakademie, hm, mächtig Ärger gekriegt habe.«
    Ich sehe Julia an. Sie beißt sich auf die Unterlippe.
    »Ärger gekriegt?«
    Er sieht von mir zu Julia, dann wieder zu mir.
    »Ich verstehe, ich verstehe. Aber am meisten Ärger hat wohl das Buch gekriegt. Na egal. Besorg ich mir ein neues.«
    »Aber… wozu…?«
    »Ich denke… du…?«
    »Eine Klientin hat es mir gegeben, damit ich prüfe, ob man den Verfasser wegen Anstiftung zur Vergewaltigung verklagen kann.«
    »Ach… so.«
    »Kann man aber nicht. Vermute ich zumindest. Ich hab es ja noch nicht ganz gelesen. Willst du gegebenenfalls als Nebenklägerin auftreten, Julia? Oder reicht es dir, wenn ich es dir nach erfolgter Prüfung zur Entsorgung übergebe?«
    »Nee, lass mal gut sein.«
    Stecherakademie ist also doch nicht von Reto. Das heißt, die Frage, woher Madeleine & Co kommen, ist wieder ganz offen…
    Poch, poch.
    »Guten Tag, ich möchte gerne zu Reto Zimmerli. Bin ich hier… oh mein Gott!«
    Reto ist wie ein Blitz an der Tür, hakt die übermenschlich schöne Dame unter und führt sie unter leisen Erklärungen zügig weg von unserem Schlachtfeld.
    »De… De… Wa… Wa…«
    »Jetzt reißen Sie sich mal am Riemen, Herr Hauseigentümer.«
    »Man könnte ja meinen, Sie hätten noch nie eine gutaussehende Frau zu Gesicht bekommen.«
    »Vielleicht jetzt ein Bier, Herr Wohlgemuth?«
    »Zur Beruhigung?«
    »Und zur Feier des Tages?«
    »N… na gut.«
    Ein ferngesteuertes Spielzeugflugzeug, auf das jemand eine schnurrende Super-8-Kamera draufgebunden hat, kommt durch unsere offene Wohnungstür geschwebt, eiert ein wenig in der Luft herum und zerschellt schließlich an der Wand. Irgendwo im Treppenhaus hören wir den Stasi-Opa auf Sächsisch fluchen.
    Herr Wohlgemuth weigert sich, ebenso wie wir alle, das Ereignis überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Er nimmt dankbar das Bier, das Tobi ihm reicht. Wir anderen versorgen uns auch. Irgendwie müssen wir ihn noch auf Gonzos kaputten Mac ansprechen, aber das wird jetzt vielleicht doch ein bisschen viel…
    Poch, poch.
    »Hallo, Oliver. Hier, ich hab deine Tasche wieder… oh mein Gott!«
    »Nichts Schlimmes, Papa, nur ein Rohrbruch. Auch ein Bier?«
    »Äh…«
    »Was ist? Setz dich doch.«
    Mein Vater schaut an mir vorbei und starrt Herrn Wohlgemuth an.
    »Entschuldigung, kennen wir uns vielleicht irgendwoher?«
    Ich habe Herrn Wohlgemuth heute schon in den verschiedensten Zuständen von Angst und Verwirrung erlebt. Kettensäge, Kacke, Russen und so weiter. Aber das, was jetzt mit ihm passiert, schlägt alles. Er weicht zurück, seine Beine knicken ein, und sein Gesicht wird leichenblass. Er kann nicht einmal mehr kieksen. Er krächzt nur noch einen heiseren, fast unwirklich verzerrten Laut.
    »B… Brutus!«
     
    *
     
    Nun sitze ich am Ende doch noch mit Julia im Weinbergspark. Wir haben Lambert mitgenommen. Er hat es sich auf meinen Beinen gemütlich gemacht und fiept hin und wieder. Um uns herum liegen die Leute auf Handtüchern und sonnen sich. Schade, dass man im Seerosenteich am unteren Ende des Hangs nicht schwimmen kann. Ist aber im Moment nicht so wichtig.
    »Also du meinst, ich soll die acht SMS, die du mir geschickt hast, während ich auf der Domkuppel festgesessen bin, einfach löschen?«
    »Wenn du unbedingt willst, kannst du sie auch lesen, aber was da drinsteht ist, wie gesagt, nicht besonders nett, also teilweise sogar ziemlich unflätig, und ich finde… das ist jetzt irgendwie eine neue Situation.«
    »Okay.«
    »Also, klar, wenn du mir die Geschichte vorhin im Park erzählt hättest, hätte ich bestimmt irgendwas Schlimmes mit dir gemacht. Muss ich zugeben.«
    »Na ja, kann ich schon verstehen. Also, fast.«
    »Dein Vater ist aber auch so was von schräg.«
    »Er hat halt einen saftigen Wurf.«
    »Übrigens, ob das eine gute Idee war, dass ausgerechnet er den Wohlgemuth ins Krankenhaus gefahren hat? Tobi meinte immerhin, er hätte einen Schock von dem Wiedersehen gekriegt.«
    »Na ja, er will halt unbedingt das von früher wiedergutmachen.«
    »Wenigstens könnt ihr jetzt mindestens noch das halbe Jahr drinbleiben, bis die Dreharbeiten vorbei sind.«
    »Ach, ich glaube, wir bleiben auch noch länger.«
    »Warum sollte er euch länger drinlassen?«
    »Wir könnten ihm zum Beispiel androhen, dass wir uns wieder Andrej Rebukanow

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