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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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Büro hatte liegen lassen.
    »Ich dachte, Feldmann und seine Spezies sind in Wirklichkeit Politiker. Hast du nicht gesagt, sie sind mächtiger als die gewählten Volksvertreter, weil sie keine politische Verantwortung übernehmen müssen?«
    »Hab ich das?« Vielleicht war es ja so. Feldmann war mächtig. Dass Ritter zu seiner Zeit noch viel mächtiger war, lag auf der Hand. Damals hatte seine Bank noch die halbe sogenannte Deutschland AG kontrolliert, jene Kreuz- und Querverflechtung der führenden deutschen Unternehmen, die so undurchsichtig wie einflussreich war. Ohne sie ging bis ins Kanzleramt hinein nichts. Und gegen sie ging gar nichts. Ritter war zweifellos ein heimlicher Nebenkanzler gewesen. Wenn er einen Schuldenschnitt gefordert hatte, dann war das nicht die Aussage eines Bankers gewesen, sondern die Forderung eines Staatsmannes. »Fordert nicht auch Feldmann einen Schuldenschnitt?«
    Henrik überflog seine Auszüge. »Soviel ich sehe, nicht.«
    Feldmann. Ritter. Der Schuldenerlass. Natascha sah ihn vor sich, den mächtigsten Banker der Nation, auch er vielleicht eine Art Nebenkanzler. Sicher einer der wichtigsten Protagonisten in der Schuldenkrise. Sie hörte Berg sagen: Sehen Sie, wie sie ihn in die Zange nehmen. Rau und die Kanzlerin. Warum sollten sie? Tat er nicht genau, was sie wollten? Er forderte keinen Schuldenschnitt. Sollte er? Wem würde es nützen?
    *
    Wie alle empirischen Studien besagte Henriks Statistik alles und nichts. Absolut war sie äußerst interessant. So fand Natascha beispielsweise heraus, dass die Presseabteilung seltener an den Planungsstab berichtete als an die Kollegin Stephanie Wende. Frey schien sich bestens zu verstehen mit einer Kollegin aus dem Referat für Äußeres, zuständig für Amerika-Beziehungen – Natascha kannte sie nicht. Erwartungsgemäß herrschte besonders reger Austausch zwischen dem Kanzleramtsminister und den Referaten für Inneres und für Finanzen. Auch David Berg stand unter den Top Ten des Rankings. Er tauschte sich vor allem mit Bernhard Bauer, dem persönlichen Referenten der Kanzlerin, und mit ihrer Büroleiterin aus. Zwischen Berg und Frey glühten zu Nataschas Überraschung die Drähte nicht so sehr. Aber was konnte das schon besagen: dass die beiden sich nicht verstanden? Vielleicht ja auch das Gegenteil: Wo Einvernehmen herrscht, bedarf es keiner hektischen Kommunikation. Ja, Henriks Liste war spannend und nichtssagend zugleich, weil sie keinen Schlüssel für ihre Decodierung enthielt. Und den konnte Henrik auch nicht liefern, solange er nicht den Inhalt der Mails las. Natascha hoffte inständig, dass er es nicht tat.
    Die nächsten zwei Tage verbrachte sie überwiegend zu Hause mit der Zusammenstellung von Übersichten und Grafiken, mit dem Prüfen von Personalbeständen und der Erstellung einer Historie ihrer Strukturreform in der Mecklenburgischen Staatskanzlei. Damals war sie zwar nur eine von mehreren Beteiligten eines Referentenentwurfs gewesen, aber zumindest ließ sich daraus eine – wenn auch eher theoretische – Kompetenz herleiten. Sie wollte sich schließlich nicht bei der ersten Präsentation schlachten lassen. Im Übrigen ging es ihr vor allem um die Argumentation und um die Strategie. Tatsächlich stammten die zwei wichtigsten Ratschläge von Petra Reber – und sie beherzigte sie, als sie am Mittwochvormittag vor die Runde der versammelten Ressortleiter trat, die sie inzwischen zwar alle kannte, die ihr aber so vertraut geworden waren wie ein Schwarm Piranhas im heimischen Aquarium. »Danke, dass Sie alle gekommen sind«, begann sie das Meeting, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Kanzlerin selbst leider unabkömmlich war (das leicht amüsierte Lächeln von Kanzleramtsminister Steiner war ihr nicht entgangen). »Die Kanzlerin hat mich gebeten, Ihnen heute ein erstes Resümee meiner bisherigen Arbeit vorzustellen. Sie wissen ja, dass sie mich beauftragt hat, Strukturvorschläge für das Amt zu erarbeiten …«
    Der Kanzleramtsminister Steiner fiel ihr ins Wort, indem er sich an die versammelten Kollegen wandte: »Die Überlegung der Kanzlerin war, dass es klüger wäre, einen unbefangenen Blick, sozusagen eine Außensicht auf unsere Behörde zu werfen. Deshalb hat sie Frau Dr. Eusterbeck mit der Sache betraut. Ich halte das für eine sehr kluge Entscheidung und möchte Sie bitten, dass Sie Frau Eusterbeck in jeder Hinsicht uneingeschränkt unterstützen.«
    »Danke, Herr Minister.« Natascha räusperte sich. »Nun,

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