Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Wut

Kalte Wut

Titel: Kalte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
Vom Netzwerk:
Treibhaus.
    Für Notfälle hatte er immer eine Taschenflasche mit Brandy bei sich. Jetzt holte er sie heraus, schraubte den Deckel ab, setzte die Flasche an und trank zu hastig. Er begann zu husten und zu würgen. Als er sich wieder erholt hatte, schaute er an seinem neuen Anzug herunter, der ein Vermögen gekostet hatte. Er war mit großen Brandyflecken besudelt. Seine Flüche waren alles andere als druckreif, die Hand, die die Flasche hielt, zitterte.

36
    Tweed studierte, mindestens zum siebentenmal, die Kohlezeichnung, die Paula nach Philips Angaben von Walvis angefertigt hatte. Es war viertel vor zwölf, und Tweed saß neben Newman, der seinen BMW fuhr.
    Bevor sie das Hotel verließen, hatte Paula ihn gebeten, Nield und Butler zu gestatten, daß sie in der Nähe der Talstation der Festungsbahn verdeckt Position bezogen.
    »Sie brauchen Schutz vor diesem Monster«, hatte sie vehement argumentiert. »Sie können ihm nicht trauen.«
    »Wir haben vereinbart, daß wir beide mit dem Wagen und nur einem Fahrer eintreffen werden«, sagte Tweed fest. »An diese Vereinbarung halte ich mich.«
    Er war sogar so weit gegangen, Nield und Butler anzurufen und ihnen zu befehlen, daß sie in ihrem Zimmer blieben. Niemand schien zu wissen, wohin Marier verschwunden war, und Philip war noch nicht aus der Altstadt zurückgekehrt.
    Newman, der inzwischen die Altstadt ebensogut kannte wie Philip, hatte sie auf der kürzesten Route hingefahren. Es war fünf Minuten vor zwölf, als Tweed ausstieg und am Schalter zwei Fahrkarten kaufte.
    Als er aus der Düsternis der Schalterhalle wieder hinaustrat in den Sonnenschein und die eisige Kälte, rollte ein schwarzer Mercedes mit getönten Scheiben heran und hielt an. Die hintere Tür ging auf, und Walvis schob sich langsam aus dem Fahrzeug.
    Er trug ein schwarzes, mit Wolle gefüttertes Samtcape mit einer Kapuze, die locker auf seine ungeheuer1 breiten Schultern herabfiel, und das Cape selbst wurde von einer Goldkette an seinem dicken Hals zusammengehalten.
    Sein dichtes, graues, zottiges Haar flatterte im Wind, und Tweed war, obwohl er eine Beschreibung von Walvis erhalten hatte, verblüfft über die Unförmigkeit des Mannes. Walvis streifte einen Lederhandschuh von seiner Rechten und streckte Tweed die Hand entgegen.
    »Guten Morgen, Mr. Tweed. Sie sehen, ich bin pünktlich – es ist eine Minute vor zwölf. Und wir lernen uns endlich kennen.«
    Sein Chauffeur, in einer blauen Livree, stand neben der Limousine. Newman lehnte mit verschränkten Armen an der Fahrertür des BMW.
    »Ich nehme an, wir können auf diese alberne Durchsuchung nach Waffen verzichten«, sagte er.
    »Es wäre gewiß kein gutes Omen für unser Gespräch«, pflichtete Walvis ihm bei und musterte Newman mit zuckenden Lidern.
    »Dann wäre das also erledigt«, sagte Tweed, zum erstenmal sprechend. »Ich habe die Fahrkarten. Lassen Sie uns einsteigen …«
    Er wartete auf der Plattform der Talstation, während Walvis seinen Körper langsam in die Kabine zwängte. Er folgte ihm und setzte sich. Während der Fahrt sprach keiner der Männer ein Wort. Walvis beschäftigte sich mit seinem Cape und arrangierte es um seinen Bauch. Oben angekommen, stiegen sie aus, und Tweed ging voraus zum Fuß des Reckturms. Außer ihnen hielt sich an diesem bitterkalten Tag niemand auf der Plattform auf.
    »Ich bin ein guter Zuhörer«, sagte Tweed zu Walvis. »Und Ihre Ansichten interessieren mich.«
    »Mr. Tweed, Sie müssen mir beipflichten, daß in der westlichen Welt Chaos und Anarchie herrschen. In keinem Land, Ihr eigenes eingeschlossen, gibt es eine echte Führerschaft. Die Politiker sind sämtlich korrupt. Der Westen ist in tiefste Dekadenz versunken. Frauen können sich am Tage nicht mehr allein auf die Straßen wagen, von den Nächten ganz zu schweigen, ohne fürchten zu müssen, überfallen und mißbraucht zu werden.
    Perverse, Sexualverbrecher und Mörder werden, wenn man sie überhaupt erwischt, von schwachsinnigen Richtern für absurd kurze Zeit ins Gefängnis gesteckt. Menschen, die derart niederträchtige Verbrechen begehen, sollten aus der Gesellschaft entfernt und erschossen werden, damit sie nicht nach ihrer Entlassung weiter morden und vergewaltigen können. Es gibt keine Disziplin, keine Ordnung, keine Stabilität. Die Demokratie funktioniert nicht mehr. Der Westen gleicht dem Römischen Reich kurz vor seinem Zusammenbruch. Brot und Spiele – das ist es, was Politiker aller Parteien den Menschen versprechen, um ihre

Weitere Kostenlose Bücher