Kalte Wut
ich einmal in Fahrt bin, kann ich endlos weitermachen. Und so spät ist es noch nicht, nicht einmal bei uns. Und vergessen Sie die Pazifikküste nicht – in San Francisco zum Beispiel ist es acht Stunden früher als hier, und die Leute sitzen gerade beim Mittagessen. Wen soll ich überprüfen?«
»Jill Seiborne, angeblich Modejournalistin. Lisa Trent, angeblich Rechercheurin. Vergessen Sie nicht, Lisa hat behauptet, daß sie für diese berüchtigte Firma Aspen & Schneider arbeitet.«
»Die Büros in New York, San Francisco und Tokio hat, um nur ein paar zu nennen. Und was Jill Seiborne angeht, fallen mir drei Frauenzeitschriften hier und auf dem Kontinent ein, für die sie schreibt. Aber ich werde mich trotzdem noch eingehender erkundigen.«
»Ich wüßte zu gern, wie Harry Butler zurechtkommt«, sinnierte Nield. »Heathrow ist ein verdammt großer Flughafen.«
Früher am Abend hatte Nield, bevor er Bosham verließ, von der Telefonzelle in der Nähe des Berkeley Arms aus Tweed angerufen. Tweeds Anweisungen waren eindeutig gewesen.
»Diesen Job soll Harry übernehmen. Wenn Sie in London eingetroffen sind, soll er sofort nach Heathrow weiterfahren. Ich werde Jim Corcoran anrufen und ihn bitten, Harry nach Kräften zu unterstützen.«
Sobald Butler am Flughafen angekommen war, hatte er seinen Wagen abgestellt und sich sofort ins Büro von Jim Corcoran begeben, dem Mann, der für die Flughafensicherheit verantwortlich war. Er hatte Corcoran eine Beschreibung von Winter geliefert, mit dessen Eintreffen in Heathrow jederzeit zu rechnen war.
»Bleiben Sie in meinem Büro«, hatte Corcoran vorgeschlagen.
»Ich kann Ihnen einen miserablen Kaffee bringen lassen.
Währenddessen mache ich die Runde bei den Schaltern der europäischen Fluglinien. Sie sagten, er hat vor, auf den Kontinent zu fliegen? Gut …«
Corcoran, ein großer, kräftig gebauter Mann in den Vierzigern, war eine Stunde später zurückgekehrt.
»Los, kommen Sie mit. Und zwar schnell.«
In der Halle deutete er mit einem Kopfnicken auf den Lufthansa-Schalter. Butler erkannte Winters kleine, schmächtige Gestalt sofort wieder. Er hatte einen Koffer bei sich und verließ gerade den Schalter, wobei er sich langsam bewegte, um kein Aufsehen zu erregen.
Corcoran eilte zu dem Schalter, sprach ein paar Worte mit der für die Reservierungen zuständigen Frau und kehrte zu Butler zurück.
»Er hat einen Platz für die Frühmaschine nach München gebucht. Aber nicht als Winter – er hat den Namen Leo Kahn angegeben.«
»Danke, Jim. Ich möchte ihn nicht aus den Augen verlieren. Bis später …«
Butler kam gerade noch rechtzeitig, um Kahn in den Bus folgen zu können, der die Hotels anfuhr, in denen Passagiere die Nacht verbringen konnten. Kahn stieg beim Penta Hotel aus und nahm sich ein Zimmer für die Nacht. Butler wartete, bis er, nach wie vor mit seinem Koffer in der Hand, direkt ins Restaurant gegangen war.
»Du mußt hungrig sein, mein Freund, nach allem, was du heute erlebt hast. Vor allem mit Marier«, sagte Butler lautlos.
Er nahm sich gleichfalls ein Zimmer, rief Corcoran an und bat ihn, ihm einen Platz in der gleichen Maschine zu reservieren, dann telefonierte er mit Tweed und erstattete ihm Bericht.
»Leo Kahn?« hatte Tweed wiederholt. »Das ist mehr als verdächtig. Ja, ich schicke einen Kurier zum Penta mit dem Koffer, der hier für Sie bereitsteht. Folgen Sie ihm nach München. Wenn Sie können, bringen Sie Ihr Gepäck ins Hotel Vier Jahreszeiten. Dort werden mehrere von uns wohnen. Gute Arbeit, Harry …«
Es war zehn Uhr abends, als Tweed das Küchenpersonal im Keller bat, eine warme Mahlzeit für alle zuzubereiten. Außer Butler waren jetzt alle anwesend. Tweed forderte sein Team auf, sich zu entspannen, während er kurz die augenblickliche Situation zusammenfaßte, die nicht gerade erfreulich war. In diesem Moment flog die Tür auf, und Howard, der Direktor des SIS, platzte herein.
»Hier findet wohl eine tolle Party statt?« fragte er. »Ich wollte, ich könnte auch ein bißchen von dem Spaß mitbekommen …«
»Das hier ist kein Spaß«, fuhr Paula auf und wünschte sich im gleichen Moment, sie hätte den Mund gehalten.
Howard war einsachtzig groß und begann, Fett anzusetzen – zu viele ausgiebige Essen in seinem Club. Er trug einen neuen Chester Barrie-Anzug von Harrods, ein blaugestreiftes Hemd und eine extravagante Krawatte in unmöglichen Farben. Jetzt schnippte er ein eingebildetes Stäubchen von seinem
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