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Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Titel: Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Toporski
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zu schön, wenn so ein kleines Wesen mit seinem winzigen Mündchen nuckelt und schmatzt. Zwischendurch atmet sie immer wieder tief durch. Richtig süß!
    »Siehst du«, sage ich zu ihr, »du kriegst doch immer was!«
     
    Am späten Nachmittag kommen die Leute aus der Stadt zurück. Es ist schon dunkel draußen und ich habe die Petroleumlampe angezündet.
    »Hier – für dich!« Der Mann legt etwas Flauschiges auf den Tisch.
    Ich kann es gar nicht fassen. »Ein Pullover!«
    Wie lange habe ich nichts mehr zum Anziehen bekommen! Von dem, was wir mitgenommen hatten, ist das meiste beim Plündern verloren gegangen, und das andere, was ich Tag für Tag habe tragen müssen, ist so zerschlissen, dass es fast auseinander fällt. Bei meiner Jacke hat Mama immer wieder einen Flicken neben den anderen gesetzt, in allen Farben und Formen, wie sie sie gerade zur Hand hatte. Das sieht zwar nicht schön aus, aber es hält die Jacke wenigstens zusammen. Die Strümpfe jedoch sind allesamt zerfallen und waren auch mit Mamas höchsten Stopfkünsten nicht mehr zu retten. Alles, was ich am Leib trage, sind Lumpen.
    Und nun dieser Pulli! Er ist zwar nicht neu, das sieht man, aber mir ist das völlig egal! Ich freue mich wie ein Schneekönig über das Geschenk.
    »Dziękuję, dziękuję bardzo!« 16
    Władka wäre ich jetzt um den Hals gefallen, aber hier traue ich mich nicht und will es auch nicht. Diese Leute sind nicht unfreundlich, aber es liegt ein Abstand zwischen uns und es herrscht ein Verhältnis wie zwischen Herr und Magd. Auch ich will diesen Abstand, weil ich mich nicht hierher gehörig fühle. Und noch etwas steht zwischen uns: Die Menschen hier lachen nicht! Oder jedenfalls viel seltener als andere. Selbst im Kohlenkeller haben wir öfter gelacht.
    Nach dem Abendessen gibt es immer die große Wäsche für die Kinder. Auch wenn es hier sonst sehr ärmlich zugeht, darauf wird Wert gelegt. Ich helfe erst bei den Kleinen mit, ehe ich mich selber wasche und dann in meine Schlafecke neben dem Ofen krieche. Ich genieße die Wärme und mache es mir gemütlich.
    Ein bisschen liege ich noch wach. Eigentlich habe ich es nicht schlecht hier! Natürlich war es bei Władka und Michał netter. Dort hatte ich mich wirklich als Mitglied der Familie gefühlt und wir drei haben uns herzlich gern gehabt. Hier ist das anders. Hier bin ich einfach zum Arbeiten da, basta. Aber ich habe es warm, ich habe zu essen und das ist schon eine ganze Menge! Ich habe auch einen geregelten Tagesablauf, habe eine Aufgabe, die mir, auch wenn es manchmal ganz schön hektisch zugeht, doch Spaß macht. Und die Leute sind auch ganz in Ordnung. Ein bisschen muffelig, ja, und reden tun sie nur das Nötigste. Aber damit kann man leben.
    Der Mann schnarcht. Es ist immer besser, wenn ich vor ihm einschlafe, denn jetzt kann ich nicht anders, als mich über seine Sägerei zu ärgern. Na ja...
    In diesem Augenblick fängt das Baby an zu schreien, ein ganz plötzliches, schmerzerfülltes Schreien. Mit einem Satz bin ich auf und nehme Irena hoch. Zugleich huscht ein Schatten von dem Lager weg, springt an mir vorbei und verschwindet im Dunkel der Kate. Alle sind jetzt wach, der Mann zündet ein Licht an, und die Frau nimmt mir das Kind ab und versucht, es zu trösten. Eines seiner Händchen blutet.
    »Szczur!« 17 , sagt der Mann und flucht.
    Während die Frau und ich uns um Irena kümmern, macht er sich, mit einem Spaten in der Hand, auf die Jagd. In diesem Durcheinander bieten sich dem Tier natürlich jede Menge Verstecke! Immer wenn er es aufstöbert, verschwindet es wieder in einem anderen Winkel und verbirgt sich hinter irgendwelchem Gerümpel. Und in dem Halbdunkel hier ist sowieso nicht viel zu erkennen. Schließlich hat er die Ratte doch noch in die Enge getrieben und tötet sie mit einem gezielten Schlag.
    »Cholerne bydle!« 18 , knurrt er noch, als er sie am Schwanz aus der Tür befördert. Und es klingt auch eine Spur von Triumph in seiner Stimme mit.
    Am nächsten Abend kommt er mit einer Rattenfalle aus der Stadt, einer alten, die er sich ausgeliehen hat, denn zu kaufen gibt es keine.
     
    Das kann nur eine Fata Morgana sein!
    Das ist nicht wahr, das ist ein Traum. »Blendwerk«, wie ich es einmal vom Pfarrer-Opa gehört habe!
    Mama steht in der Tür!
    Es ist heller Mittag, ich bin allein mit den drei Kleinen, meine Leute sind zur Arbeit. Und plötzlich ist Mama da! Wie sie wohl herausgefunden hat, wo ich bin? Und dann den ganzen gefährlichen Weg

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