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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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darüber nachgedacht.« Sie strich wieder mit den Zehenspitzen über seinen Fußrücken, dann glitten die Zehen weiter über die Sohle bis zu seinen Zehen und zurück zum Knöchel.
    Er sah, wie sich dabei ihr langes, festes Bein abwinkelte, und es verlangte ihn plötzlich danach, sie zu lieben – mehr als alles andere auf der Welt. Er betrachtete sie in der kobaltblauen Nacht mit einem Gefühl, das so neu und erregend war wie in ihrer ersten Nacht. Er stellte sein Glas auf den Boden, beugte sich zu ihr hinüber, wischte ihr das lange Haar aus dem Gesicht und küßte sie leicht. Sie rutschte ein wenig näher und neigte den Kopf, so daß seine Lippen das weiche Haar an ihrem Nacken berührten. Es duftete nach Je reviens.
    »Gehen wir hinein«, sagte sie.

10
     
    Die Kassettenfenster waren für die Nacht geöffnet, und der Ventilator an der Decke zog die schwere Meeresluft herein und tränkte sie mit dem Duft von Ninas Parfüm. Sie schlief in Haydons Armbeuge, während er auf dem Rücken lag und das gleichmäßige Heben und Senken ihrer weichen Brüste an seinem Körper fühlte. Sie war warm und verschwitzt – sie beide waren es, aber es machte ihm nichts aus. Er hatte das Schlafzimmer offen haben wollen in dieser Nacht, um die schleichende Angst abzuwehren, die ihn zu erdrücken schien. Er beobachtete den Spinnenschatten der Ventilatorblätter und wunderte sich über die sich in ihm ausbreitende Trauer in der süßen Luft, die sie beide umgab. Sein Herzschlag wechselte den Takt; der unregelmäßige Rhythmus war so laut, daß er dachte, Nina müßte es hören. Ein deutliches Anzeichen von Streß, wie immer. Er mußte an irgend etwas anderes denken; schlafen würde er ohnehin in den nächsten Stunden nicht können.
    Langsam drehte er sich auf die Seite und wartete, bis sich Nina auf den Rücken gelegt hatte, während er seinen Arm unter ihr hervorzog. Mehr als tausendmal war er schon dankbar gewesen für ihren tiefen, gesunden Schlaf. Er stand auf, schnürte seine calzones enger und ging barfuß aus dem Zimmer und über die breite, geschwungene Treppe nach unten. Ging in die Küche, preßte den Saft zweier Zitronen in ein Glas mit zerstoßenem Eis und goß Wasser dazu. Er nahm den Drink mit in die Bibliothek und schaltete eine Stehlampe mit grünem Schirm ein, die über dem Refektoriumstisch hing. Dann zog er das Telefon zu sich her und rief bei der Sittenpolizei an. Mooney war unterwegs. Sie würden versuchen, ihn per Funk zu erreichen und ihm sagen, daß er zurückrufen solle.
    Haydon schaltete die Lampe aus, stand im Dunkeln und blickte hinaus auf die Terrasse. Die weiße Spitze von Cincos Schwanz leuchtete hell auf den Bodenfliesen neben Ninas Sessel. Haydon trank den Zitronensaft und genoß das Geräusch des zerstoßenen Eises im Wasser, das so angenehm war in der tropischwarmen Nacht wie der Drink selbst. Er wartete.
    Als das Telefon klingelte, nahm er den Hörer ab, ehe das erste Rufzeichen zu Ende war.
    »Stuart? Hier spricht Ed. Was machst du – schläfst du auf dem Telefon?«
    »Das hat aber schnell geklappt.«
    »Was?«
    »Ich habe gerade mit der Zentrale gesprochen.«
    »Du hast mich gerade angerufen? Ich bin nicht im Wagen. Was wolltest du?«
    »Und was wolltest du?«
    »Na ja – okay. Ich wollte dir nur sagen, daß ich deine Theorie gar nicht mehr für so verrückt halte.«
    »Eine fabelhafte Zeit, um mir das mitzuteilen, Ed.«
    »Ja. Aber ich glaube, ich habe noch was anderes für dich.«
    »Und was?«
    »Ich stehe ungefähr zwei Meter vor einem der hübschesten Callgirls, das ich je gesehen habe; sie ist nackt.« Er ließ eine Pause entstehen, um den Effekt zu verstärken.
    »Und?«
    »Sie ist tot.«
    Haydon tastete auf dem Tisch nach einer Zeitschrift und stellte das angelaufene Glas darauf, um die Holzplatte zu schützen.
    »Wo bist du?« fragte er.
    »Überraschung: Ich bin in Sally Steens vermietetem Haus am West University Place.«
    »Wie bitte?«
    »Du hast richtig gehört.«
    »Was, zum Teufel, geht da vor, Mooney?«
    »Es ist eine ziemlich lange Geschichte, und ich möchte nicht länger allein in der Wohnung bleiben mit der toten Frau. Komm doch rüber, okay?«
    »Du bist allein?«
    »Richtig. Komm her, ja?«
    »Hast du schon jemand angerufen?«
    »Nee. Aber ich glaube, ich sollte die Zentrale anrufen und mitteilen, daß ich dich schon erreicht habe, sonst schicken sie noch jemanden her.«
    »Es weiß also niemand außer mir, daß du dort bist?«
    »Eine alte Frau von gegenüber weiß es. Ich

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