Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
Vom Netzwerk:
sich selbst.

18
     
    Bob Dystal schmierte den letzten Happen seiner sechs Würstchen in den Überresten des Rühreis herum und polierte so den Teller, dann gab er einen Löffel Erdbeermarmelade auf die letzte Hälfte eines Toasts und aß ihn mit zwei Bissen. Er füllte sich die Tasse aus der Kanne, die auf dem Tisch stand, mit Kaffee und trank ihn, während er durch das vom Smog und von der Feuchtigkeit beschlagene Fenster des Restaurants hinausschaute. Draußen staute sich der Verkehr wie jeden Morgen.
    Der untersetzte Lieutenant aß jeden Morgen im selben Kettenrestaurant. Er kam um halb acht, die beiden größeren Tageszeitungen von Houston unter den Arm geklemmt, saß immer am selben Fenstertisch und schaute hinaus auf die Schnellstraße. Die Kellnerin brachte ihm die Kaffeekanne, und der Koch gab die Eier und die Würstchen auf die Platte, nachdem er von der Kellnerin ein Zeichen erhalten hatte. Dystal aß, während er die Schlagzeilen und die wichtigeren Berichte las, dann lehnte er sich zurück, um geschäftliche Dinge zu besprechen, mit wem auch immer er sich zu seinem legendären Frühstück getroffen hatte. Manchmal kamen seine Frühstücksgäste selbst in den Schlagzeilen vor, waren darin vorgekommen oder wußten etwas über einen, der darin vorkam. Seine lockere Art hatte ihn zum erklärten Liebling von Informanten werden lassen, die keine Lust verspürten, sich für Informationen die Daumenschrauben anlegen zu lassen, um mehr mitzuteilen, als sie beabsichtigten.
    Heute morgen war es Haydon, der zusah, wie sich Dystal zurücklehnte und in den noch heißen Kaffee blies.
    »Verdammt und zugenäht, das ist wirklich gespenstisch«, sagte Dystal und schmatzte. Er gab immer Zucker in den Kaffee, den er nach dem Frühstück trank.
    Haydon nickte. Sein Kopf fühlte sich schwer an, seine Halsmuskeln waren verspannt. Er hatte nur wenig geschlafen.
    »Also bekommt Walther die Spritzen?«
    »Und Silva. Walther wollte seine Schicht durcharbeiten, weil sie von heute an Tagesschicht haben. Sein Gesicht scheint zu heilen, jedenfalls nach der Auskunft von Silva. Mit Van habe ich nicht mehr gesprochen.«
    »Vielleicht ist das Ganze gar kein Problem für uns, sondern für die Gesundheitsbehörde«, sagte Dystal. »Hatten diese Mädchen irgendwelche Hunde oder Katzen?«
    »Nicht, daß ich wüßte.«
    Dystal blickte hinaus auf die Straße. Es machte ihm Spaß, den Verkehr zu beobachten. Wenn niemand mit ihm frühstückte, schaute er einfach hinaus. Er betrachtete die Zulassungsschilder und überlegte sich, was für einen Beruf die Fahrer haben mochten.
    »Ich finde, wir sollten trotzdem das Gesundheitsamt benachrichtigen.«
    »Varistraten macht das schon, heute vormittag.«
    »Ich weiß nicht, ob da was für uns drin ist«, sagte Dystal. Er lehnte sich gegen das Fensterbrett und schaute sich in dem Lokal um. »Was hat Van gesagt?«
    »Er sagt, aus einer Tollwutdiagnose kann man nicht sehr viel erkennen. Aber er will das Gesundheitsamt dazu bringen, daß es die Sache genau untersucht.«
    »Ja, das wird das beste sein.« Dystal blies die Backen auf, während er den heißen Kaffee trank.
    Haydon nickte.
    »Haben Sie schon mal ein Tier mit Tollwut gesehen, Stu?«
    Dystal war der einzige Mensch, der Haydon Stu nannte. Bei ihm klang es irgendwie nett und natürlich.
    »Nie.«
    »Wir haben sie gesehen, zu Hause. Meistens waren es Skunks. Skunks erwischt es am häufigsten. Dann Hunde und Füchse. Sieht ziemlich scheußlich aus. Und unheimlich. Tiere sind unheimlich, wenn sie aggressiv werden. Das merken sogar die anderen Tiere. Sie fühlen es, wenn ein Tier Tollwut hat, und gehen ihm aus dem Weg. Ziehen die Schwänze ein und bewegen sich sehr vorsichtig.«
    »Und Tollwut bei Menschen?«
    »Hab’ ich nie gesehen. Aber ich hab’ Geschichten darüber gehört. Die Leute auf dem Land erzählen sich solche Geschichten.« Er lächelte etwas scheu und ließ es dabei. »Hat Van schon eine Ahnung?«
    »Er hat zuerst an ein Haustier gedacht, das alle vier bei sich hatten. Das war die erste logische Reaktion.«
    »Und was ist die zweite logische Reaktion?« Dystal wußte ganz genau, was Haydon meinte.
    »Unter diesen Umständen… Man erkennt, daß die erste logische Reaktion nicht richtig war.«
    »Ja. Und was wollen Sie jetzt tun?«
    »Es ist nicht das erstemal, daß mich das Ergebnis einer Autopsie überrascht. Und im Grunde ändert es nichts. Vier Mädchen sind ums Leben gekommen, in knapp drei Wochen. Drei davon kannten sich, vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher