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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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in der Hoffnung, du kommst früh genug zurück, daß ich dich verführen kann, bevor du am Morgen wieder weg mußt.«
    »Und da fragst du noch, wessen Gedanken Überstunden machen!«
    »Ich versuche nur, mit den deinen Schritt zu halten.«
    Er hielt den Arm mit der Armbanduhr hoch, um die Zeit im Licht aus dem Speisezimmer ablesen zu können. »Es ist zehn. Laß mir zwei Stunden Zeit. Es ist nicht weit von hier, und ich kann dir die Telefonnummer geben.«
    »Für den Fall, daß jemand anruft.«
    »Ja, das auch.«
    Sie drehten sich um und gingen zusammen hinein in die weite Diele. Er nahm die Schlüssel für den Dienstwagen vom Tischchen mit der Marmorplatte und küßte Nina noch einmal.
    »Es dauert nicht sehr lange«, sagte er.
    »Davon bin ich überzeugt.«
    Er fühlte, wie sie ihm nachschaute, als er hinausging und sich in den Wagen setzte. Er winkte ihr zu, bevor er aus dem Licht fuhr. Als seine Scheinwerfer auf das Tor trafen, drückte er den Knopf des elektronischen Schalters, und das Tor öffnete sich langsam. Nachdem er draußen war, schaltete er das Radio ein, das stets auf die Station mit klassischer Musik eingestellt war. Man spielte Mozarts »Eine kleine Nachtmusik«.

25
     
    Haydon parkte auf der Straße, einen Block vom Haus der Partner entfernt, und ging zurück über den Gehsteig, dann den Weg, der durch das Trauermyrtengebüsch nach oben zur Haustür führte. Er richtete das Licht seiner Taschenlampe auf die Tür und sah das rote, schwarz umrandete Siegel, welches anzeigte, daß das Haus polizeilich überwacht wurde und nicht ohne ausdrückliche Genehmigung des Morddezernats betreten werden durfte. Er sah, daß man das neue Sperrschloß der Polizeibehörde angebracht hatte, und fischte in seinen Taschen nach dem Schlüssel. Bevor er die Tür aufsperrte, schaute er in den Briefkasten. Er war leer.
    Sobald er drinnen war, schaltete er die Lichter ein und versperrte die Tür hinter sich. Dann sah er sich um, und wieder fiel ihm die Tiefenwirkung auf, die durch die Maisonette-Bauweise erzielt wurde. Außerdem fühlte er die Leere, die in unbewohnten Häusern herrschte, selbst wenn sie noch voll möbliert waren.
    Er ging hinauf in den Wohnraum, warf einen Blick auf die Galerie und hinüber zur Küche, dann auf den glasgefaßten, offenen Kamin und die alte Wurlitzer-Musikbox, die danebenstand. Er ging zur Musikbox hin: ein hufeisenförmiges, buntes Gebilde mit einem Bogen, der es krönte; zwischen den beiden Armen des Hufeisens befand sich ein reichverziertes Lyra-Symbol aus Plastik und Chrom, und aus dem Bauch der Maschine fiel buntes Licht. Das Ganze umrahmten die vielfarbigen Plastikröhren, in denen Blasen aufstiegen, die ganz oben, hinter einem weiteren Filigran-Fries in einer Krone aus buntem Licht zerplatzten. Hinter der Glaskuppel steckten rund fünfzig Schallplatten in ihren Chromarmen.
    Wieder sah er die Titel und die Interpreten durch, dann drückte er auf die beiden ersten Plastiktasten. Er sah zu, wie der Arm nach vorne kippte, um die Schallplatte zu greifen, wie er sie aus ihrem Schlitz zog, um neunzig Grad drehte und auf den Plattenteller legte. Rasch, aber genau senkte sich der Arm mit dem Saphir auf die sich drehende Scheibe. Als das Lied begann, erkannte Haydon rasch den mitreißenden Rhythmus einer Karnevals-Samba.
    Er hörte ein paar Sekunden lang zu, dann machte er sich auf einen Entdeckungsgang durch das Haus. Im Wohnraum war nichts, was ihm helfen konnte, außer einem kleinen Schreibsekretär. Er schaute ihn durch, fand aber nur ein paar Briefmarken, das Briefpapier mehrerer Hotels und Ansichtskarten aus Mazatlán. Anschließend blätterte er in einem Stapel Zeitschriften, die auf einem Couchtisch zwischen den beiden Sofas lagen.
    Dann ging er in die Küche und durchsuchte die beiden Küchenschränke, in denen die üblichen Konserven standen. Es gab eine Auswahl von Küchenutensilien, außerdem Porzellan, Steingut und Besteck. Die Spülmaschine war voll ungewaschenem Geschirr und Kakerlaken. Eine Tür führte in einen kleinen Waschraum mit einer Waschmaschine und einem Wäschetrockner, und eine weitere Tür führte in die Garage, von der aus man auf eine Zufahrt von der Hinterseite des Hauses gelangte. Die Garage war leer, und es gab keine Anzeichen dafür, daß sie regelmäßig oder in jüngerer Zeit benützt worden war.
    Er kam durch den Waschraum zurück in die Küche, überprüfte zuvor kurz den Inhalt der Waschmaschine und des Trockners und rührte in der schmutzigen Wäsche

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