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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Glaskasten.
    »Was?«, fragte Annika. »Jetzt sofort?«
    »Bitte.«
    »Natürlich«, sagte sie und loggte sich aus dem Netzwerk aus, damit nicht jemand ihr Passwort änderte. Die unterforderten Nachtreporter machten sich neuerdings einen Sport daraus.
    Schyman wartete geduldig. Sie breitete die Jacke über ihre Tasche und folgte ihm in seinen Glaskäfig.
    »Machen Sie die Tür zu.«
    Sie schloss die Glastür.
    »Ist etwas passiert?«, fragte sie.
    »Setzen Sie sich«, forderte er sie auf und deutete auf einen Stuhl.
    Ohne zu antworten, blieb Annika stehen. Schyman nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
    »Wie kommen Sie mit Ihrem Reporterdasein zurecht?«
    Sie sah ihren Chef eindringlich an und versuchte zu ergründen, was er eigentlich wollte.
    »Ganz gut«, sagte sie. »Es macht Spaß. Es sind zwar nicht die hohen Weihen, aber mit Patrik am Newsdesk ist das wohl so.«
    »Ich habe einige beunruhigende Berichte über Ihr unkollegiales Verhalten zu hören bekommen«, eröffnete ihr der Chefredakteur.
    Annika erstarrte.
    »Patrik sagt, dass Sie kommen und gehen, wie es Ihnen passt. So können Sie sich natürlich nicht benehmen. Patrik steht mir gegenüber in der Pflicht, er muss sich darauf verlassen können, dass Sie in Ihrer Arbeitszeit auch zur Verfügung stehen …«
    Sie verschränkte die Arme.
    »Er hat sich bei Ihnen beschwert«, stellte sie fest. »Er ist sauer, weil ich mich nicht schnell genug um seine Zettelwirtschaft kümmere.«
    »Patrik ist nicht der Einzige, der von Ihrer Einstellung genug hat. Eine Fotografin hat weinend bei mir angerufen, als Sie wegen dieser Kokainsache in Spanien unterwegs waren. Sie hat gesagt, Sie hätten sie vor einem Kongressgebäude sitzenlassen, seien mit einem Kerl abgehauen und die ganze Nacht nicht im Hotel aufgetaucht. Dann seien Sie allein durch die Gegend gefahren und hätten eigene Bilder gemacht, anstatt mit ihr zusammenzuarbeiten.«
    Annika holte tief Luft.
    »Nichts, was ich gemacht habe, war ihr ›künstlerisch‹ genug. Die Fotografin hat sich schlicht und ergreifend geweigert, überhaupt nur die Kamera anzuschalten. Ich hatte selbst genug um die Ohren. Ich konnte nicht auch noch dasitzen und Foto-Lotta das Händchen halten, nur um mir anzuhören, was für unglaublich gute Bilder sie in Teheran gemacht hat …«
    Der Chefredakteur stoppte sie mit erhobener Hand.
    »Ihre Ausstellung im Kulturhuset ist hymnisch besprochen worden«, sagte er. »So unbegabt kann sie also nicht sein.«
    »Mit genau diesen Bildern hat sie ihre Zeit vertan, anstatt ihren Job zu erledigen«, erklärte Annika.
    Schyman beugte sich vor und ließ die Unterarme schwer auf die Schreibtischplatte sinken.
    »Sie müssen sich ein bisschen zusammenreißen«, sagte er. »Seit dem Tag, an dem Patrik Nachrichtenchef wurde, haben Sie sich ihm gegenüber scheußlich benommen. Genauso unfair, wie sich manch anderer Ihnen gegenüber verhalten hat, als Sie damals die Leitung des Kriminalressorts übernommen hatten. Patrik will Sie nicht mehr in seiner Schicht haben, und das kann ich gut verstehen. Ich habe deshalb Ihrer Versetzung zugestimmt.«
    Annika hätte sich am liebsten hingesetzt, blieb aber wie gelähmt stehen.
    »Was soll das heißen?«, fragte sie. »Wie ›Versetzung‹?«
    »Haben Sie selbst einen Vorschlag, wo ich Sie unterbringen könnte?«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    Anders Schyman seufzte.
    »Wollen Sie als feste Freie für uns arbeiten?«
    Sie bekam kaum noch Luft.
    »Was zur Hölle soll das hier? Schmeißen Sie mich raus?«
    Der Chefredakteur erhob sich, kam um den Schreibtisch he-rum, zog einen Besucherstuhl heraus und befahl: »Hinsetzen.«
    Annika setzte sich. Der Stuhl war niedriger, als sie gedacht hatte, und sie landete unsanft auf dem Steißbein.
    »Verstehen Sie, dass Patrik Probleme hat, mit Ihnen zurechtzukommen?«
    Instinktiv wollte sie dagegen argumentieren, darauf hinweisen, dass Patrik übereilte Entscheidungen traf und journalistisch inkompetent war, wollte seine fehlerhaften Einschätzungen anklagen und sein mangelndes Gespür, aber stattdessen starrte sie ins Leere und verweigerte Schyman die Antwort.
    »Wollen Sie wieder Nachtschicht arbeiten?«, fragte der Chefredakteur. »Redakteurin werden? In der Leserbriefredaktion? Oder in die Online-Abteilung? Nachrichtensprecherin in der Online-Redaktion, was halten Sie davon?«
    Sie sah zu ihm auf. Wieso war sie ein Problem? Sie lieferte doch zuverlässig Artikel zu jedem merkwürdigen Thema ab, das sich der Nachrichtenchef

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