Kalter Tod
fragen«, antwortete Garner. »Ich hatte noch keine Zeit, mich damit zu befassen. Alles, was ich gehört habe, ist, dass er auf der Straße gefunden wurde. Er ist einfach zusammengebrochen. Und was die Frage angeht, wer er ist …«
Sie hob das Klemmbrett und las vom obersten Blatt ab.
»Er ist als Digoberto Gonzalves, einundvierzig, registriert. Adresse habe ich keine für ihn. Das ist alles, was ich im Moment weiß.«
Walling entfernte sich ein paar Schritte und holte wieder ihr Telefon heraus. Bosch wusste, sie würde den Namen durchgeben, damit er in die Terrorismus-Datenbanken eingegeben werden konnte.
»Wo sind seine Kleider?«, fragte Bosch die Ärztin. »Wo ist seine Brieftasche?«
»Seine Kleidung und sein sonstiger Besitz wurden aus der Notaufnahme entfernt. Wegen der Strahlung.«
»Hat jemand die Sachen durchgesehen?«
»Nein, Sir, das wollte niemand riskieren.«
»Wohin wurden die Sachen gebracht?«
»Das müssen Sie die Schwestern fragen.«
Sie deutete auf die Schwesternstation in der Mitte des Behandlungsbereichs. Bosch ging darauf zu. Die Schwester am Schreibtisch sagte Bosch, dass alles, was der Patient an sich getragen hatte, in einen medizinischen Abfallbehälter gelegt und dann in die Müllverbrennungsanlage der Klinik gebracht worden war. Es war nicht klar, ob das in Befolgung der Vorschriften für das Vorgehen bei Kontaminationsfällen geschehen war oder aus bloßer Furcht vor den unbekannten Gefahren, die von Gonzalves ausgingen.
»Wo ist die Müllverbrennung?«
Statt Bosch den Weg zu beschreiben, rief die Schwester nach dem Wachmann und trug ihm auf, Bosch in die Müllverbrennungsanlage zu bringen. Bevor Bosch gehen konnte, rief Walling: »Nimm das da«, und hielt ihm das Strahlenmessgerät hin, das sie von ihrem Gürtel genommen hatte. »Und vergiss nicht, das Strahlungsteam muss jeden Moment eintreffen. Geh also keine unnötigen Risiken ein. Wenn das Ding hier losgeht, ziehst du dich sofort zurück. Hast du gehört? Du ziehst dich zurück. «
»Alles klar.«
Bosch steckte das Warngerät in die Hosentasche. Dann gingen er und der Wachmann rasch einen Flur hinunter und stiegen eine Treppe in den Keller hinab. Dort folgten sie einem anderen Flur, der mindestens einen Häuserblock lang zu sein schien und auf die andere Seite der Klinik führte.
Der Raum, in dem sich der Müllverbrennungsofen befand, war leer, und es schienen gerade keine medizinischen Abfälle verbrannt zu werden. Auf dem Boden stand ein etwa einen Meter hoher Kanister. Auf dem Tape, mit dem sein Deckel befestigt war, stand VORSICHT! GIFTMÜLL.
Bosch holte seinen Schlüsselbund heraus, an dem auch ein kleines Taschenmesser war. Er ging neben dem Kanister in die Hocke und durchtrennte das Tape. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Wachmann zurückwich.
»Warten Sie lieber draußen«, sagte Bosch. »Es bringt nichts, wenn wir beide …«
Er hörte die Tür zugehen, bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte.
Er blickte auf den Kanister hinab, holte tief Luft und entfernte den Deckel. Digoberto Gonzales’ Kleider waren einfach in den Behälter geworfen worden.
Bosch holte das Messgerät, das Walling ihm gegeben hatte, aus der Tasche und fuhr damit wie mit einem Zauberstab über den offenen Kanister. Das Gerät gab keinen Ton von sich. Er ließ den Atem entweichen. Dann drehte er, als leerte er zu Hause einen Papierkorb, den Kanister vorsichtig auf den Kopf, kippte seinen Inhalt auf den Betonboden und schob den Kanister zur Seite, um mit dem Messgerät erneut eine kreisende Bewegung über den Kleidern zu vollführen. Es ertönte kein Alarm.
Gonzalves waren die Kleider mit einer Schere vom Körper geschnitten worden. Sie bestanden aus einer schmutzigen Bluejeans, einem Arbeitshemd, einem T-Shirt, Unterwäsche und Socken. Die Schnürsenkel seiner Arbeitsstiefel waren ebenfalls mit einer Schere durchtrennt worden. Inmitten der Kleider lag eine kleine schwarze Ledergeldbörse.
Bosch begann mit den Kleidungsstücken. In der Tasche des Arbeitshemds waren ein Stift und ein Reifendruckmesser. In einer der Gesäßtaschen der Jeans waren Arbeitshandschuhe, und aus der linken vorderen Tasche zog Bosch einen Schlüsselbund und ein Handy. Er dachte an die Verbrennungen an Gonzalves’ rechter Hüfte und Hand. Doch als er in der rechten vorderen Tasche der Jeans nachsah, befand sich dort kein Caesium. Die Tasche war leer.
Bosch legte das Handy und die Schlüssel neben die Geldbörse und untersuchte, was er hatte. Auf einem
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