Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
an Elín Harpa und den unwirklichen Tag, den er in ihrer winzigen Wohnung verbracht hatte, abgeschottet von der Außenwelt.
Er war erleichtert, dass er sich keine Gedanken über den kaputten Auspuff des Lieferwagens mehr machen musste, der bei der leisesten Erschütterung abzufallen drohte. Nach heute würde er andere Sorgen haben.
Er fuhr einen Umweg an seinem alten Haus vorbei und wünschte sich dann, er hätte es nicht getan. Ein Auto parkte in der Einfahrt, und in der Küche brannte Licht. Jemand frühstückte in der Küche, die er eingebaut hatte, wahrscheinlich dieselbe Person, die angefangen hatte, den Garten in Ordnung zu bringen. Der Garten hatte immer ganz unten auf Jóns Prioritätenliste gestanden.
Er fühlte sich körperlich krank, als er Gas gab und zurück zur Hauptstraße fuhr, die nach Hafnarfjördur in das halb fertiggestellte Gewerbegebiet führte, in dem sich seine Werkstatt befand. Eigentlich hätte die Werkstatt bereits abgerissen sein sollen, um neuen Gebäuden Platz zu machen. Aber die Bautätigkeiten waren vor einem Jahr zum Stillstand gekommen, und der Abriss der Werkstatt war verschoben worden.
Jón machte Feuer im Ofen, und die Wärme breitete sich schnell aus. Das Feuer knisterte gemütlich. Aus Gewohnheit räumte er auf und kehrte Staub und Dreck zur Tür hinaus, wo der Wind alles wegwehte.
Über der Werkbank befand sich ein Wandschrank. Er nahm seine Sporttasche heraus und wickelte das Gewehr sorgfältig aus den Tüchern. Die Läufe waren geschwärzt. Schockiert stellte er fest, dass sich Blutspritzer auf der Waffe befanden. Gewissenhaft wischte er sie mit einem Tuch ab und nahm die benutzten Patronenhülsen heraus und ließ sie in den Ofen fallen, der bereits die Turnschuhe und den Overall vernichtet hatte, nachdem er Bjartmar erschossen hatte.
Während er den Wasserkocher einschaltete, fragte er sich, warum er sich solche Mühe gab. Er war nicht in der Lage gewesen, zu frühstücken, während Elín Harpas Kinder ihre Cornflakes heruntergeschlungen hatten. Aber jetzt nahm er sich noch Zeit für eine Tasse Kaffee, bevor er zu seinem Termin aufbrechen musste.
***
»Sein Name ist Jón Jóhannsson«, sagte Eiríkur, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden.
Ein Foto des Mannes tauchte vor ihm auf, ein fröhlicher Mann, der offensichtlich nicht daran gewöhnt war, fotografiert zu werden. Der ernste Gesichtsausdruck passte nicht zu ihm.
»Bist du sicher?«, fragte Gunna und beugte sich vor, um das Bild besser sehen zu können.
»Ja. Wir haben Bilder einer Überwachungskamera, die einen weißen Lieferwagen zehn Minuten nach der Schießerei an der Kreuzung unterhalb des Setberg-Bezirks zeigen. Der Wagen ist auf diesen Mann zugelassen. Wir konnten lediglich drei Ziffern des Kennzeichens erkennen, aber diese Kombination passt nur auf einen hellen Lieferwagen im Kfz-Register – den von Jón Jóhannsson.«
»Das weist allerdings auf diesen Mann hin. Wenn er es nicht ist, muss er uns trotzdem einige Fragen beantworten«, sagte Gunna ernst.
»Er ist Klempner.«
»Woher weißt du das?«, wollte Gunna wissen. »Ich habe ihn im Telefonbuch gefunden.«
»Wo wohnt er?«
»Hier«, antwortete Eiríkur und hielt einen Zettel hoch. »Er wohnt in Hafnarfjördur.«
»Wir müssen Laxdal informieren, damit er die Spezialeinheit hinschickt. Hoffentlich ist der Mann nicht auf der Arbeit.«
***
Steingrímur und seine beiden schwarz gekleideten Kollegen stiegen aus ihrem Wagen und begaben sich in Position. Helgi atmete tief ein und marschierte mit Gunna den Gartenweg entlang auf das Haus zu. Er schluckte, als sie gegen die Tür hämmerte.
»Ich komme schon«, sang eine fröhliche Stimme. Einen Moment später ging die Tür auf, und eine lächelnde junge Frau erschien auf der Schwelle. Ihre Haare waren in ein Handtuch gewickelt, das sie zu einem Turban hochgebunden hatte. »Ja bitte?«
Gunna zückte ihren Dienstausweis.
»Ich bin Gunnhildur Gísladóttir von der Kriminalpolizei, Dezernat für Gewaltverbrechen. Das ist mein Kollege Helgi Svavarsson«, sagte sie energisch. »Wir möchten mit Jón Jóhannsson sprechen.«
Gunnas Herz klopfte heftig, und sie hoffte, dass man ihr nicht anmerkte, wie nervös sie war.
»Jón? Hier gibt es keinen Jón«, antwortete die junge Frau gut gelaunt. Das Lachen erstarb ihr auf den Lippen, als sie an Gunna und Helgi vorbeischaute und drei schwarz gekleidete Männer sah, die ihre Waffen auf das Haus richteten. »Was ist los?«, fragte sie mit bebender
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