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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Schuh, eine Socke, der Slip, der BH, die Armbanduhr, die Jeans und die Bluse. Warum nur ein Schuh und eine Socke?«, sagte er und sah die Beamten an, als würde er eine Antwort auf seine Frage erwarten. Und als die nicht kam, gab er die Erklärung: »Zählen Sie mal, wie viele Gegenstände Sie hier sehen.«
    »Sieben!«, stieß Durant nach kurzem Nachzählen hervor. »Schon wieder die Zahl sieben.«
    »Sehr gut erkannt.« Richter begab sich erneut in die Hocke und betrachtete die Armbanduhr. Ein kaum merkliches Lächeln umspielte seine Lippen, als er mit einer Handbewegung den Kommissaren bedeutete, sich zu ihm hinunterzubeugen. »Hier, noch ein kleines Detail. Das Mädchen wurde um genau 1.34 Uhr getötet, aber nicht letzte Nacht. Schauen Sie auf das Datum. Das ist eine Quarzuhr, und die bleibt nicht einfach so stehen, das wäre ein wenig zu viel Zufall. Er hat vermutlich die Batterie entfernt. Dasheißt, er führt genau Buch über die Zeiten. Ein sehr ordnungsliebender Mensch, fast schon ein Pedant.«
    »Welche Bedeutung mag die Zahl sieben denn für ihn bloß haben?«
    »Die Zahl sieben hat zahlreiche Bedeutungen. Dazu kann ich im Augenblick nichts sagen, ich muss erst alles auswerten und kann dann vielleicht der Sieben eine Bedeutung zuordnen. Alles andere wäre jetzt reine Spekulation.«
    »Könnte es bedeuten, dass er sieben Menschen töten will?« Richter schüttelte zweifelnd den Kopf. »Kaum. Das wäre für einen derart intelligenten Mann zu simpel. Für ihn hat die Sieben eine ganz andere Bedeutung.«
    Hellmer hatte genau zugehört und meinte: »Es gibt doch diesen Film Sieben, ich weiß nicht, ob Sie davon gehört haben.«
    »Nein, ich war schon seit ewigen Zeiten nicht mehr im Kino. Um was geht es denn in dem Film?«
    »Es geht um eine sehr eigenartige Mordserie, wobei mit sieben die sieben Todsünden gemeint sind. Könnte unser Mann …«
    »Nein«, entgegnete Richter mit energischem Kopfschütteln, »hier ist ein Individualist am Werk. Er kreiert etwas Neues und kupfert nicht ab. Natürlich will er uns mit dieser Zahl etwas sagen, aber er würde nie eine schon mal da gewesene Mordserie kopieren, auch wenn es sich um reine Fiktion handelt. Wie gesagt, wir haben es mit einem Individualisten zu tun. Für ihn zählen nur neue Wege, neue Ideen, er will der Welt etwas beweisen, nämlich dass er etwas Besonderes ist und auch etwas Besonderes schaffen beziehungsweise erschaffen kann. Sie können jetzt mit den üblichen Maßnahmen beginnen.«
    Hellmer begab sich zu dem Fotografen und sagte ihm, er solle nicht nur den Fundort fotografieren und filmen, sondern mit der Videokamera möglichst unauffällig auch die umstehenden Neugierigen aufnehmen. Danach unterhielt er sich kurz mit einer jungen Frau von der Spurensicherung, eine kleine, zierliche Person, die in dem obligatorischen weißen Tyvek-Anzug steckte, währendzwei ihrer Kollegen das Paket auf die Wiese hoben, wo Bock sofort begann, die Schnüre zu durchtrennen.
    Richter steckte Block und Stift wieder ein. »Wir haben es also bisher mit drei Toten zu tun.«
    »Nein, mit vier, vielleicht sogar fünf. Die Mutter dieses Mädchens haben Hellmer und ich gestern tot in ihrer Wohnung gefunden. Nach den bisherigen Erkenntnissen Suizid, doch ich zweifle ganz stark daran. Es spricht einfach zu viel dagegen.«
    »Und was?«
    »Kein Abschiedsbrief, nur ihre Fingerabdrücke auf der Flasche mit dem Zyankali und noch einiges mehr.«
    »Würden Sie mir die Unterlagen bitte auch zukommen lassen?«
    »Das wurde bereits in die Wege geleitet, Sie müssten sie im Laufe des Vormittags erhalten.«
    Sie standen jetzt bei Bock, der erst das braune Leinentuch auseinander faltete und anschließend die transparente Abdeckplane. Um zu verhindern, dass neugierige Gaffer von der folgenden Untersuchung etwas mitbekamen, wurde der Leichnam von acht Beamten, die große graue Decken hochhielten, umrahmt, so dass nur die unmittelbar Beteiligten einen Blick auf die Tote werfen konnten.
    »Das stinkt ja entsetzlich«, stöhnte Durant auf, nachdem Bock auch die Plane auseinander gefaltet hatte, und hielt sich Nase zu. Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Magen breit, und obwohl sie durch den Anblick vieler Toter schon reichlich abgehärtet war, fiel es ihr schwer, diesen Anblick zu ertragen. Hellmer erging es kaum anders, er verzog angewidert den Mund, schaffte es aber nicht, den Blick von dem toten Mädchen abzuwenden. Er hatte die Hände in den Hosentaschen und tat, als würde ihn der

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