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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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das Piepen des Handys, fand es auf der Frisierkommode, die Rufnummer war unterdrückt, er stellte es einfach aus.
    Auf einem großen Tisch lagen alle möglichen Utensilien, die sie für ihre Treffen benötigte, Dildos in allen Größen, der größte etwa sechzig Zentimeter lang und dick wie eine Salami. Ledersachen in allen Variationen, Masken, Handschuhe, Ketten.
    Früher als erwartet machte sie die Augen auf. Es dauerte einen Moment, bevor sie die Situation erfasste. Sie wandte ihren Kopf in seine Richtung, versuchte zu schreien, bis sie merkte, dass das Klebeband jeden Ton erstickte.
    »Hallo, meine Liebe. Ich bin erfreut, dich zu sehen. Das ist doch die Stellung, die du am liebsten magst, oder?«, sagte er mit zynischem Lächeln. »Weißt du, du solltest vorsichtiger sein und nicht immer die Tür auflassen, damit jeder reinkommen kann. Aber mit mir hast du ja nicht gerechnet. Wie geht es dir denn jetzt? Hast du Angst? Oh, kann ich verstehen, ich hätte auch Angst, wenn ich so wehrlos daliegen würde. Aber das hättest du dir alles ersparen können.«
    Sie riss mit den Armen und Beinen an den Handschellen. Er stand auf, stellte sich vor sie und schlug seine Faust ohne Vorwarnung in ihr Gesicht. »Hör auf damit, ich kann dieses ekelhafte Geräusch nicht ertragen«, zischte er. »Noch einmal, und ich schlag wieder zu, dann aber genau auf die Nase. Das wäre doch jammerschade, denn du würdest keine Luft mehr kriegen. Also, halt Ruhe!«
    Er ging durch den Raum, eine Hand am Kinn, den Blick auf den weichen, tiefen Teppichboden gerichtet. Er sinnierte, überlegte, wie er weiter vorgehen sollte, obgleich er jeden Schritt genauestens geplant hatte. Doch manche Pläne mussten aufgrund bestimmter Gegebenheiten spontan geändert werden. Er war flexibel, er würde nur eine kleine Änderung vornehmen.
    »Weißt du eigentlich, was du mir angetan hast?«, sagte er nach einer Weile, ohne sie anzusehen, die Hand immer noch am Kinn, während er die Utensilien auf dem Tisch betrachtete. »Weißt du es? Sechs Jahre, sechs verfluchte lange Jahre! Wer bin ich, dass man mir so etwas antut? Bin ich ein Monster, habe ich Lepra oder die Pest? Aber du hast es geschafft, du mit deinen perversen Spielen!« Mit einem Mal lächelte er sie an und fuhr fort: »Aber ich habe mich daran gewöhnt, ich habe mich ja immer an alles gewöhnt. Mein Vater hat gesagt, Junge, aus dir wird nie etwas. Er hat mich in den Keller gesperrt, wenn ich eine schlechtere Note als eine drei nach Hause brachte. Er hat mich grün und blau geprügelt, als ich einmal eine fünf in Kunst hatte. Für ihn zählte immer nur Leistung, Leistung, Leistung! Junge, du bist ein Versager! Auch heute bin ich in seinen Augen noch einer … Glaubst du eigentlich auch, dass ich einer bin?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das ehrt mich, aber das sagst du nur, weil du Angst hast. In Wirklichkeit bin ich für dich genauso ein Versager wie für ihn. Weißt du, er hat sich mal wieder um einen Job für mich gekümmert, dabei habe ich doch einen. Einhundertvierzigtausend Euro im Jahr soll ich in diesem Scheißjob verdienen. Und weißt du, was er noch zu mir gesagt hat? Nein, natürlich weißt du’s nicht. Er hat gesagt, das wäre zwar nicht die Welt, aber immerhin. Andere verrecken, weil sie nicht mal in einem Jahr so viel haben wie ich an einem Tag, und für ihn sind hundertvierzigtausend nicht die Welt! So ist er, mein lieber Vater. Ich habe nun mal keine Millionen gescheffelt, doch ich habe genug, um nicht hungern zu müssen. Aber darum geht es gar nicht, ich will nicht unzufrieden erscheinen. Nur, du hast auch so unendlich viel Geld und meinst, dir dafür alles kaufen zu können, auch Menschen. Aber Liebe kannst du nicht kaufen, höchstens Sex … Doch sechs Jahre in getrennten Betten, findest du nicht auch, dass das ein bisschen zu viel ist? Sechs Jahre, und das in meinem Alter! Wofür bin ich bestraft worden? Habe ich eine derart schlechte Aura, dass die Menschen sichvon mir abwenden, selbst die, die ich über alles liebe? Was habe ich den Menschen getan? Was immer ich auch tue, ich kann es anscheinend keinem recht machen. Aber ich habe gelernt, mit der Abstinenz umzugehen. Man kann alles lernen, sogar den eigenen Trieb zu unterdrücken. Und falls du denken solltest, ich würde jetzt alles an dir auslassen, oder nein«, verbesserte er sich grinsend, »in dir rauslassen, da irrst du dich. Ich werde dich nicht anrühren. Aber während ich mich zum Abstinenzler entwickelt habe, hast du dir

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