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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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aus seiner Hemdtascheund ging die Liste durch. »Eine wohnt im Rapunzelweg, eine im Hauptmannweg und eine im Südring. Zwei Adressen sind hier in der Ecke, Südring ist Hattersheim Richtung Sindlingen. Die andern beiden wohnen in Eddersheim. Und Selinas Eltern haben ja schon mit ihnen gesprochen. Also, was hat sie hier gemacht? Oder anders gefragt, warum ist sie zum Spielplatz gefahren?«
    »Genau das gilt es herauszufinden«, sagte Julia Durant und steckte sich eine Zigarette an, die fünfte an diesem Tag, und sie hoffte, sie würde es schaffen, endlich von dieser Sucht loszukommen, denn sie wollte nicht so enden wie ihre Mutter, erst Husten, der schließlich nicht mehr aufhört, das Entdecken des Karzinoms, das gleichzeitig das Todesurteil war, das Dahinsiechen. Nein, sie hatte es einmal miterlebt und würde eines Tages ganz normal und friedlich einschlafen. Sie musste nur mit dieser verdammten Qualmerei aufhören. »Warum ist sie hierher gefahren?«
    »Sie hat sich mit ihrem Exfreund getroffen«, bemerkte Hellmer, doch sein Gesicht drückte Unsicherheit aus.
    »Quatsch, das war Zufall. Es muss einen anderen Grund geben. Sie verlässt den Reitclub um kurz nach zehn. Gegen halb elf trifft sie hier ein, wahrscheinlich hat sie sich Zeit gelassen. Ihr Freund oder besser gesagt Exfreund kommt vorbei, sie unterhalten sich einen Augenblick, er fährt weiter. Sie wird um kurz nach halb elf von dem Ehepaar Schreiner gesehen, da ist sie aber schon wieder allein. Und ab da verliert sich ihre Spur. Wo ist sie hingefahren? Und welches Geheimnis hat sie mit sich rumgetragen, von dem sie nicht einmal ihrer Mutter etwas erzählt hat? Vielleicht sogar ein Geheimnis, das ihr zum Verhängnis wurde. Was meinst du dazu?«
    »Dieser Dennis Kolb muss auf jeden Fall noch einmal befragt werden. Womöglich ist sein Alibi doch nicht so wasserdicht. Was, wenn er sich von ihr verabschiedet und ihr dann irgendwo aufgelauert hat, als sie …«
    »Als sie auf dem Weg zu jener ominösen Freundin war, deren Namen wir nicht einmal kennen?«, fragte Julia Durant zweifelnd.
    »Ist das so abwegig? Ich meine, was, wenn sie eine Freundin hatte, von der ihre Eltern nichts wussten oder nichts wissen durften? Was, wenn es sich gar nicht um eine Freundin, sondern einen Freund handelt oder handelte?«
    »Möglich ist alles. Aber es sprechen auch etliche Fakten dagegen.«
    »Und welche?«
    »Die Aussagen ihrer Eltern, die sehr glaubwürdig klingen. Ihr Zimmer, ihre bisherige Vita …«
    »Julia, jede Vita verändert sich, und das manchmal innerhalb weniger Stunden oder Tage. Gerade junge Leute treffen oft blitzschnelle Entscheidungen ohne nachzudenken. Das reicht mir nicht.«
    »Mir schon. Vorläufig zumindest. Ich lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.«
    »Okay, dann sag mir doch mal, was für ein Geheimnis sie gehabt haben könnte?«
    »Gut, greifen wir deinen Gedankengang auf. Wir können es nicht ausschließen, dass es sich bei ihrer so genannten Freundin nicht um eine weibliche, sondern eine männliche Person handelt, wie du schon gesagt hast. Mit fünfzehn steckst du noch mitten in der Pubertät, und lass mal einen kommen, der vielleicht ein tolles Auto fährt, dir schöne Augen macht und … Nichts ist unmöglich. Außerdem hat sie vor nicht allzu langer Zeit mit ihrem Freund Schluss gemacht, und wer weiß, ob der Grund dafür nicht ein anderer Kerl gewesen ist.«
    »Du denkst also, sie könnte aus Liebe abgehauen sein?«
    »Es sind nur Gedankenspielereien, aber wir müssen alles in Erwägung ziehen. Denn Fakt ist auch, dass sie nichts von zu Hause mitgenommen hat. Nicht einmal Geld. Sie hatte nur ihr Taschengeld, das laut ihrer Eltern recht eng bemessen ist, und ein Sparkonto, an das sie frühestens an ihrem achtzehnten Geburtstag rankommt. Ihre Klamotten sind alle da et cetera pp. Und die Ordnung, die sie gestern noch an den Tag gelegt hat, widerspricht dem plötzlichenEntschluss, mit einem Mal alle Zelte hinter sich abzubrechen. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären, nämlich dass wir es aller Wahrscheinlichkeit mit einem Verbrechen zu tun haben. Was fehlt, ist die Leiche.«
    »Und das Fahrrad.«
    Julia Durant erhob sich und warf einen Blick auf die Uhr. »Komm, gehen wir. Lass uns morgen im Präsidium einen Plan machen. Heute können wir eh nichts mehr tun. Sollte sie bis morgen nicht wieder aufgetaucht sein, werden wir das Gelände hier von einer Hundertschaft durchkämmen lassen, und dann sehen wir weiter.«
    Sie gingen zu Hellmers

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