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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Haus. Er fragte: »Möchtest du noch auf ein Bier mit reinkommen?«
    »Nur, wenn Nadine noch nicht schläft.«
    »Sie geht selten vor Mitternacht ins Bett.«
    »Also gut, auf ein Bier.«
    Es war fast Viertel vor elf, der Himmel war sternenklar, kein Mondlicht, das den Blick in die Weiten des Universums trübte, die Luft hatte sich merklich abgekühlt, was sich jedoch den Prognosen der Meteorologen zufolge in den nächsten Tagen ändern würde. Heiße Tage und warme Nächte, in denen sich vermutlich kein Windhauch regte. Julia Durant graute schon vor den Nächten, in denen sie vor Hitze kaum ein Auge zumachen würde.
    Nadine Hellmer hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht, der Fernseher lief, doch sie schaute nicht hin, sondern las in einem Buch, das sie auf den Schoß legte, sobald Hellmer und Durant das Zimmer betraten.
    »Und wie war’s?«, fragte sie.
    Hellmer zuckte mit den Schultern und sagte: »Tja, viel ist nicht rausgekommen. Wir müssen erst noch einige andere befragen, aber ich glaube nicht, dass wir von denen mehr Informationen bekommen. Das Mädchen ist wie vom Erdboden verschluckt … Willst du auch ein Bier?«
    »Ja, bitte.«
    Er holte drei Flaschen Bier und Gläser und stellte alles auf den Tisch. Julia Durant blieb noch eine halbe Stunde, in der sie es vermieden, noch weiter über Selina Kautz zu sprechen, dann verabschiedete sie sich, um nach Hause zu fahren. Sie war müde, der Abend unerquicklich gewesen. Sie wollte nur noch ins Bett und schlafen, und sie hoffte, Kuhn würde noch nicht da sein, denn sie hatte keine Lust auf ein Gespräch mit ihm. Wie war dein Tag? Was hast du gemacht? Sorry, dass ich so spät komme, aber die Sitzung … Es waren die Pauschalsätze, die sie jetzt schon seit längerem immer wieder und immer öfter hörte und die sie inzwischen misstrauisch werden ließen. Aber es war nur eine Ahnung, nicht mehr. Vielleicht hatte er ja eine andere, eine dieser hübschen Redakteurinnen oder Sprecherinnen, von denen er täglich umgeben war. Sie vermutete es, beweisen konnte sie es nicht. Das Seltsame war nur, es würde ihr nichts ausmachen, wenn er eine andere hätte, im Gegenteil, es würde ihren ohnehin immer fester werdenden Entschluss, sich von ihm zu trennen, nur einfacher machen.
    Die Wohnung war noch leer, als sie um halb zwölf die Tür aufschloss. Sie drückte den Lichtschalter, warf ihre Tasche auf den Sessel, überlegte, ob sie den Tisch abräumen sollte, aber warum immer ich, dachte sie, er könnte ja auch einmal Hand anlegen. Sie war nicht nur müde, sondern auch erschöpft, und das, obgleich der Tag nicht einmal sonderlich anstrengend, dafür aber lang gewesen war. Und die kommenden Tage, vielleicht sogar Wochen würden wieder einmal alles von ihr fordern. Sie zog sich aus, ging ins Bad, wusch sich die Hände und das Gesicht und putzte die Zähne. Ein letzter Blick in den Spiegel, sie lächelte sich kurz an und zog die Stirn in Falten. Dann löschte sie das Licht, legte sich ins Bett, das Fenster war gekippt, leise Stimmen drangen von draußen in das Zimmer. Sie rollte sich auf die Seite und schloss die Augen. Sie spürte ihr Herz pochen, Unruhe. Kurz darauf hörte sie, wie der Schlüssel ins Schloss gesteckt und die Tür Sekunden später zugemacht wurde. Kuhn. Sie tat, als ob sie schliefe.

Donnerstag, 22.25 Uhr
    Er war seit zwei Stunden ziellos durch die Gegend gefahren, nach Eppstein, weiter nach Kelkheim, nach Königstein und über Kronberg und Bad Soden am Main-Taunus-Zentrum vorbei über die A 66 zurück nach Hattersheim. Einmal an diesem Abend war er an der Stelle vorbeigefahren, beinahe jeder kannte ihn hier und wusste, dass er des Öfteren seinen Wagen für kurze Zeit auf dem Parkplatz am Main abstellte, um sich für ein paar Minuten auf einer Bank auszuruhen oder die Enten und Schwäne zu füttern. Er verspürte den ganzen Tag über eine Unruhe in sich, die er zu bekämpfen versuchte, doch was immer er auch dachte, welche Musik auch immer er hörte, die Unruhe wollte nicht schwinden. Für einen kurzen Moment ging sein Blick verstohlen zu einem bestimmten Punkt, und er war sicher, es würde nicht lange dauern, bis man sie fand. Doch erst einmal musste sie dort sein. Mein kleiner Engel, mein süßer kleiner Engel. Wo wirst du nur hinfliegen? Wirst du mich auch sehen? Aber du wirst ja nicht allein sein, du wirst noch Gesellschaft bekommen. Ich weiß auch schon, wer dich bald besuchen wird. Er schaute auf die Uhr und dachte, ich komme bald, Engel. Und du

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