Kaltes Blut
meinem Mann, er braucht mich jetzt. Werden Sie es den Eltern …«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wir müssen abwarten, was die weiteren Ermittlungen ergeben. Sie werden sicherlich erfahren, dass Selina schwanger war, aber der Mann dahinter muss nicht unbedingt genannt werden. Es sei denn, Ihr Mann hat doch etwas mit ihrem Tod zu tun.«
»Das hat er nicht, dafür verbürge ich mich.« Sie stand auf, ging an Julia Durant vorbei und zu ihrem Mann. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und gab ihm einen schnellen Kuss, ohne ein Wort zu sagen.
Hellmer gab Durant ein Zeichen. »Wir melden uns wieder. Und bitte halten Sie sich zu unserer Verfügung.«
»Selbstverständlich«, sagte Gerber. »Eine Frage noch: Wie wurde Selina eigentlich umgebracht?«
»Was denken Sie denn?«, fragte Durant zurück. »Erwürgt?«
»Nein.«
»Wurde sie vor ihrem Tod vergewaltigt?«
»Ich darf Ihnen leider keine Auskunft dazu geben. Komm, Frank, es ist spät.«
Und als die Kommissare bereits an der Tür waren, sagte Gerber: »Ich danke Ihnen.«
»Danken Sie uns nicht zu früh. Gute Nacht.«
Freitag, 22.40 Uhr
Und, zufrieden?«, fragte Hellmer auf dem Weg zum Auto.
»Nee, aber irgendwie erleichtert. Du wirst wohl Recht haben, er war’s nicht.«
»Sag ich doch. Und warum wolltest du mit ihr allein sprechen?«
Sie stiegen ein, Hellmer wendete und fuhr zu seinem Haus, wo Durants Corsa stand.
»Ich hab sie nach ihrem Alibi gefragt. Es deckt sich ziemlich genau mit den Angaben ihres Mannes. Und es ist die Art und Weise, wie sie meine Fragen beantwortet hat, dass ich ihr einfach glauben muss. Aber ich frage mich, wie kann ein Mann in seinem Alter etwas mit einer Fünfzehnjährigen anfangen? Das werde ich wohl nie begreifen. Egal, was auch immer in seiner Ehe schief gelaufen ist, ein Mann wie er kann doch nicht …«
»Du zerbrichst dir schon wieder den Kopf über Sachen, die dich eigentlich nichts angehen. Die beiden hatten was miteinander, und damit hat sich’s. Aber weißt du, was mir nicht aus dem Kopf geht? Die siebenundsiebzig Messerstiche, die Bock gezählt hat. Sieben davon ins Herz. Ich frage mich, ob das was zu bedeuten hat oder nur Zufall ist. Ich meine, wenn ich jemanden umbringe und dabei wie wild auf ihn einsteche, dann tue ich das unkontrolliert. Mir scheint aber, der Mörder hat eher kontrolliert zugestochen. Er hat praktisch mitgezählt. Lass uns doch morgen mal in die Rechtsmedizin fahren und die Leiche begutachten.«
»Du wirst nicht mehr viel erkennen, Bock hat sie aufgeschnitten. Außerdem ist morgen Samstag, da wirst du ihn kaum antreffen.«
»Na und? Der soll gefälligst seinen Arsch bewegen. Außerdem hat er Fotos gemacht, vorher und nachher, das macht er doch immer für sein persönliches Archiv.«
»Suchst du nach etwas Bestimmtem?«
»Ja, zum Beispiel, ob der Täter die Stiche in einer bestimmten Anordnung gesetzt hat. Ein Muster vielleicht.«
»Gar nicht so schlecht, deine Überlegung. Dann komm ich mit. Aber jetzt fahr ich endgültig heim. Bis morgen.«
»Moment, nicht so schnell. Wer hat denn nun die Wette gewonnen?«, fragte Hellmer mit breitem Grinsen. Und bevor Durant antworten konnte: »Ich, soweit ich weiß.«
»Es ist wohl eher unentschieden ausgegangen. Er hatte was mit Selina und hat sie geschwängert. Ob er sie umgebracht hat oder nicht, wird sich noch erweisen.«
»Er hat sie nicht umgebracht. Du willst dich nur drücken.«
»Gib doch zu, wir hatten beide Recht. Ich mit meiner Vermutung, dass er und Selina mehr als nur Patenkind und Patenonkel waren, und du, dass er als Täter mit großer Wahrscheinlichkeit ausscheidet.«
»Gut, machen wir einen Kompromiss. Du lädst Nadine und mich ins Kino ein, und wir dich zum Essen. Natürlich erst, wenn alles vorüber ist.«
»Abgemacht. Und jetzt tschüs.«
Freitag, 23.25 Uhr
Sag mal, wo kommst du denn jetzt her?«, fragte Kuhn lachend und zugleich vorwurfsvoll. Gespielt vorwurfsvoll. Allein wie er dalag, auf dem Sofa, eine Zigarette in der Hand, eine Dose Bier auf dem Tisch, machte sie wütend. »Ich dachte …«
»Was dachtest du?«, fauchte Durant ihn an. »Ich bin im Dienst, falls du das vergessen haben solltest. Außerdem bin ich dir keine Rechenschaft schuldig.«
»Schlecht gelaunt, was?« Er schaltete mit der Fernbedienung den Ton des Fernsehers aus.
»Dominik, ich hab keine Lust, mich mitten in der Nacht mit dir zu streiten. Verschieben wir’s auf morgen. Ich will unter die Dusche und ins Bett, ich hatte einen verdammt
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