Kaltgestellt
ein paar Stunden dauern, bis er hier ist.«
»Dann gehe ich jetzt in die Wanne und dann ab ins Bett.«
»Aber Sie dürfen unter keinen Umständen das Hotel verlassen, Paula. Das ist ein Befehl.«
Kurz nachdem Paula gegangen war, kam Newman, der bester Laune war, in Tweeds Zimmer. Wieder ging Tweed mit seinem Gast ans Fenster und schaute hinaus auf einen Lastkahn, der sich unten auf dem Fluß vorbeischob. Im Gegensatz zu dem ersten Schiff, das Schuttgut geladen hatte, war dieses ein Tanker. Newman pfiff durch die Zähne.
»Muss ein interessanter Job sein, als Binnenschiffer den Rhein hinaufzufahren. Die Frau am Empfang hat mir erzählt, daß Basel die Endstation für diese Schiffe ist. Es gibt am Stadtrand von Basel einen Hafen, in dem sie be- und entladen werden.«
»Auf dem linken Ufer gibt es noch einen weiteren Hafen«, sagte Tweed.
»Und zwar an der Stelle, wo die Schweiz, Frankreich und Deutschland aneinanderstoßen. Aber setzen wir uns doch. Ich muss Ihnen etwas erzählen.« Newman hörte aufmerksam zu, während Tweed ihm von seinem Telefongespräch mit Beck berichtete. Als sein Chef fertig war, pfiff er abermals durch die Zähne. Newman fand, daß Tweed noch nie so ernst ausgesehen hatte. Der Stellvertretende Direktor des SIS unterdrückte ein Gähnen und streckte die Finger. »Und er hat Ihnen nicht gesagt, worum es geht?«, fragte Newman.
»Nicht einmal andeutungsweise. Ich kann mir kaum vorstellen, was Beck dazu bringen könnte, alles liegen und stehen zu lassen und von Bern nach Basel zu fliegen, bloß um mit mir zu reden. Und dann hat er mir auch noch gesagt, wir sollten das Hotel nicht verlassen, was ich hiermit auch an Sie weitergebe. Es ist ein ausdrücklicher Befehl von mir. Solange wir nicht wissen, was Beck uns zu sagen hat, bleiben wir hier.«
»Das werde ich gleich Paula sagen.«
»Paula weiß Bescheid. Sie wollte ein Bad nehmen und sich dann aufs Ohr legen. Das könnte mir übrigens auch nicht schaden.«
»Vorher muss ich Ihnen aber noch ein paar Neuigkeiten berichten«, sagte Newman.
»Auch Denise Chatel wohnt hier im Drei Könige. Ich habe sie vorhin mit einer zweiten Person am Lift gesehen. Ich habe gerade hinter einer Säule gestanden, und so hat sie mich nicht bemerkt.«
»Marler hat uns schon gesagt, daß sie mit Sharon in die Schweiz geflogen ist. Hatten Sie unten in der Halle ein Gespräch mit Sharon?«
»Nein, aber ich habe an der Rezeption nach ihr gefragt. Sie hat dort hinterlassen, daß sie ausgegangen ist. Vermutlich will sie sich mit den Schweizern treffen, von denen sie vorhin gesprochen hat. Aber ich bin mir sicher, daß sie nicht frieren wird. Neulich am Abend hatte sie einen Zobelmantel an.«
»Na ja, wenn sich jemand einen solchen Pelz leisten kann, dann sie.« Newman hatte das Gefühl, daß Tweed gar nicht richtig anwesend war. Er hatte ihn noch nie so erlebt, vermutete aber, daß er damit beschäftigt war, über die vergangenen Ereignisse nachzudenken und sie zu einem logischen Muster zusammenzufügen. Alles, was sie jetzt tun konnten, war warten. Warten auf Marler, warten auf Beck. Newman kam es so vor wie die Ruhe vor dem Sturm. Und dann merkte er auf einmal, daß Tweed gar nicht so abwesend war, sondern ihm genau zugehört hatte.
»Sie sagten, Sie hätten Denise Chatel vorhin zusammen mit einer anderen Person am Aufzug gesehen. Wenn Sharon aus dem Hotel gegangen ist, kann sie wohl kaum diese zweite Person gewesen sein.«
»Sie merken aber auch wirklich alles, Tweed.«
»Nun rücken Sie schon mit der Sprache heraus: Wer war die zweite Person?«
»Diesen Knaller habe ich mir absichtlich bis zum Schluß aufbewahrt.«
»Und?«
»Es war Ed Osborne. Er wohnt ebenfalls hier im Hotel.«
19
Newman packte Tweed an der Schulter und schüttelte ihn sanft. Tweed war sofort wach und setzte sich im Bett auf. Er hatte Jackett und Schuhe ausgezogen und die Krawatte gelockert, bevor er sich vor ein paar Stunden unter das Federbett gelegt hatte und eingeschlafen war. Newman, der nicht müde gewesen war, hatte sich derweil in einem Sessel niedergelassen und Leibwächter gespielt. Tweed schaute aus dem Fenster. Draußen war es dunkel. »Wie spät ist es?«
»Halb fünf.«
»Großer Gott, hat das gut getan.« Tweed stand auf und eilte ins Badezimmer, wo er sich mit kaltem Wasser das Gesicht wusch und sich anschließend die Haare kämmte. »So tiefen Schlaf hatte ich schon lange nicht mehr.«
»Das zeigt, wie sehr Sie ihn gebraucht haben. Sie waren eine Ewigkeit lang
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