Kaltherzig
aber keiner tat es. Mein Handy läutete.
»Ja?«
Ich muss ungeduldig wegen der Störung geklungen haben. Der Anrufer zögerte einen Moment, ehe er sprach.
»Elena, hier ist Juan Barbaro. Passt es gerade schlecht?« Ich brauchte ebenfalls einen Augenblick, ehe ich ihn erkannte und die Anspannung aus meiner Stimme verbannte.
»Ah, Juan. Nein. Tut mir leid, wenn ich Sie angefahren habe. Ich bin nur nervös wegen allem, was passiert ist«, sagte ich und sah Sean an.
»Dann müssen Sie sich die Zeit nehmen, all dem zu entfliehen.«
»Ja, unbedingt.«
»Kommen Sie doch heute Nachmittag vorbei. Schauen Sie sich ein freundschaftliches Polospiel an. Danach gibt es Drinks. Abendessen, wenn Sie möchten.«
»Äh... gern«, sagte ich. »Wer spielt?«
»Ich, Mr. Brody, ein paar andere Freunde. Bennett Walker ist nicht dabei«, beruhigte er mich. »Sie müssen nur versprechen, niemanden eines Mordes zu bezichtigen«, fügte er scherzhaft an.
»Ich werde mich von meiner besten Seite zeigen.«
»Hmmm... Wo bliebe da der Spaß?«, sagte er und kicherte aus tiefer Kehle. Wie das Schnurren eines Panthers, dachte ich.
Wir verabredeten uns für eine bestimmt Uhrzeit im International Polo Club und beendeten das Gespräch.
Ich atmete tief durch, um meine Gedanken nach dem Streit mit Sean zu sortieren. Ich hatte gerade eine Einladung in einen Kreis von Verdächtigen erhalten und musste hellwach sein.
»Ich muss gehen«, sagte ich zu Sean, drehte mich um und entfernte mich.
Ich hätte mich bei ihm entschuldigen sollen. Er war der einzige Mensch in meinem Leben, den ich wahrhaft als einen Freund ansah. Aber mir war danach, mich kleinlich und kindisch zu zeigen, deshalb ließ ich ihn stattdessen einfach stehen.
21
Das alte, gelb gestrichene Stadion des Palm Beach Polo Clubs, das einen Steinwurf vom Players entfernt lag, war in so mancher Wintersaison das Mekka der Polowelt gewesen. Jeder, der etwas darstellte, hatte in der Halbzeitpause
dort Champagner getrunken und Rasenstücke eingestampft, darunter Prince Charles und Lady Diana. Aber das große Polo hatte vor mehreren Jahren hier seine Zelte abgebrochen und war weiter aus der Stadt hinaus zum neuen International Polo Club Palm Beach gezogen. Das alte Stadion war der Gnade von Hurrikanen und Stadtplanern überlassen worden. Es gab Überlegungen, die altehrwürdige Einrichtung abzureißen und noch ein Einkaufszentrum mehr zu errichten.
Der International Polo Club an der 120th Avenue war zu dem Ort geworden, wohin man ging, um zu sehen und gesehen zu werden, eine Anlage auf dem neuesten Stand, mit einem Stadion für dreizehnhundert Zuschauer und sieben tadellos gepflegten Polofeldern, von denen jedes mehr Fläche umfasste als neun Footballplätze.
Ich passierte das Haupttor. Die palmengesäumte Zufahrt führte an Tennisplätzen vorbei zum Stadion, dem Pool-House-Pavillon und dem Grand-Marquee-Ballsaal, wo an Sonntagen Brunch serviert wurde. Dahinter parkten Pferdeanhänger am Straßenrand - große Aluminiumgefährte, an denen Poloponys festgebunden waren. Pferdepfleger sattelten Pferde, kühlten andere ab. Ein Hufschmied klopfte über seinem rotglühenden, fahrbaren Ofen ein Hufeisen zurecht, um eines zu ersetzen, das in der Hitze des Gefechts verloren gegangen war. Eisen klirrte auf Eisen. Gespräche schwollen an und ab, durchsetzt mit Gelächter, Befehlen und Wutausbrüchen in drei verschiedenen Sprachen.
Mehrere Felder wurden bespielt, Reiter stürmten auf und ab, schwangen ihre Schläger, Pfeifen ertönten. Autos, Lkws und SUVs parkten an den Seitenlinien, Freunde, Angehörige und Zuschauer feierten darin Partys und genossen den
Tag. Die Atmosphäre war locker. Es wurden keine High-Goal-Turnierspiele ausgetragen. Das waren weniger wichtige Wettkämpfe hier, Übungsspiele, Amateure, die zum Spaß antraten.
Eine Reihe kleiner Ponys kam im Gänsemarsch von einem der abgelegenen Felder zurück. Die Kinder, die sie ritten, waren so klein, dass ihre Helme den Kopf völlig zu verschlucken schienen. Sie alle trugen nummerierte Polohemden und -schläger. Polo für die Kleinsten.
Trotz des elitären Flairs des Sports auf seinem höchsten Niveau ist Polo in seiner Grundform jedem zugänglich, der sich ein Pferd leisten kann und talentiert genug ist, bei hohem Tempo nicht von ihm zu fallen. Jung, alt, männlich, weiblich, jeder ist eingeladen, zu spielen oder zuzusehen. Pack ein Picknick ein, nimm die Familie mit. Wenn man durch eine Wohngegend in Wellington fährt, wo während
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