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Kampf der Gefuehle

Titel: Kampf der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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zeugten davon, dass sie ihre Waffen gut unter Kontrolle hatten, ihr Tempo war abgewogen, die Beinarbeit hervorragend, während die Paraden mit sparsamen Bewegungen durchgeführt wurden. Dass beide auf komplizierte Drehungen und Wendungen mit dem Handgelenk verzichteten, erklärte sich aus der Tatsache, dass dies ein freundschaftlicher Kampf und nichts anderes war.
    Das ging auch daraus hervor, dass Denys sich zurückhielt. Er war im Umgang mit der Waffe wesentlich geschickter als Nathaniel, denn sein Lehrmeister war sein Schwager, der große Rio de Silva, gewesen. Hinzu kam, dass er regelmäßig andere Fechtstudios in der Passage de la Bourse aufsuchte. Obwohl es nicht zu Gavins Gewohnheiten gehörte, sich mit seinen Freunden auf der piste zu messen, hatte er ein oder zwei Freundschaftskämpfe mit Vallier ausgetragen, so dass er dessen Qualitäten kannte.
    Nathaniel schien zu glauben, dass es kein erstrebenswerteres Ziel gäbe, als maitre d'armes zu werden. Gavin brachte es nicht übers Herz, ihm diese Flausen auszureden. Manchmal dachte er auch, dass er den Enthusiasmus des Jungen als Gegengewicht zu seiner eigenen Desillusioniertheit brauchte. Zu beobachten, wie Nathaniel sich über eine gut durchgeführte Riposte freute, wie sein Selbstvertrauen und seine Muskelkraft Tag für Tag Zunahmen, war, als sähe er sich selbst in ebendem Alter zu - entschlossen, engagiert und zutiefst davon überzeugt, dass Macht und Recht ein und dasselbe sein konnten.
    Die Frage war - dessen war er sich bewusst —, wie lange sich der Beruf des Fechtmeisters noch würde halten können. Zumindest in der übrigen Welt war das Duell mit seinem Verhaltenskodex, der Männer veranlasste, ihre Fechtkunst zu perfektionieren, im Niedergang begriffen. Die Verwendung von Pistolen und die amerikanische Einstellung, dass es dabei eher um Rache als um die Wiederherstellung der Ehre ging, hatten dem Ganzen die Basis entzogen. Nur hier, im Vieux Carre von New Orleans, hatte der Verhaltenskodex des Gentleman noch ungebrochene Geltung. Irgendetwas in Gavin hing an diesen Überresten entschwundener Ritterlichkeit und strebte voller Eifer danach, sie zu erhalten.
    Dabei war er sich durchaus des Missbrauchs bewusst, der bisweilen damit getrieben wurde, der unnötigen Todesfälle, zu denen es kam, weil es Dummköpfe gab, die
    zu stur oder zu stolz waren, einen Fehler zuzugeben, der Möglichkeiten subtiler Erpressung, die jemandem zu Gebote standen, der ungewöhnlich geschickt mit dem Degen umzugehen vermochte. Derlei hatte er aus nächster Nähe erlebt, bisweilen sogar daran teilgenommen. Gleichwohl hegte er ernsthafte Zweifel, dass es der Gesellschaft zum Vorteil gereichen würde, wenn ein Gentleman, der sich beleidigt fühlte, nicht mehr aufs Duell zurückgreifen konnte, wenn ein Privatmann nicht mehr die Möglichkeit hatte, Unholde, denen es an Respekt für ihre Mitmenschen mangelte, daran zu hindern, andere zu malträtieren.
    In dem Moment führte Denys mit ungeheurer Geschwindigkeit eine Quart aus, der er sofort eine Riposte folgen ließ, die es ihm gestattete, an Nathaniel heranzukommen und diesem die Spitze des epee gegen den Brustschutz zu pressen. Gavin riss sich von seinen Überlegungen los, um bedächtig zu applaudieren.
    »Touche«, sagte Nathaniel in entrüstetem Ton.
    Denys nahm seine Gesichtsmaske ab und schob sie sich zusammen mit seinem epee unter den Arm. Dann drehte er sich Gavin zu und grinste ihn freundlich an. »Haben wir dich aufgeweckt? Falls ja, dann bitte ich vielmals um Entschuldigung. Ich bin nur deswegen schon so früh auf, weil Celinas neuestes Gör Koliken hat. Obwohl das arme Würmchen erst knapp drei Monate alt ist, rechne ich jeden Tag damit zu erfahren, dass meine Schwester wieder enceinte ist. Wenn ich bedenke, was für verliebte Blicke sie und Rio sich am Frühstückstisch zuwerfen, würde es mich jedenfalls nicht überraschen. Diese Turtelei ist so schlimm, dass einem dabei der Appetit vergeht.«
    »Darüber solltest du dich bei Rio beklagen«, empfahl Gavin ihm trocken.
    »Nein, danke. Mir gefällt die Form meines Gesichts so, wie sie ist. Möchtest du vielleicht diese Aufgabe übernehmen?«
    »Das würde ich nur machen, wenn ich eine Rüstung anhätte und eine riesige Herde von Dickhäutern vor mir hertreiben könnte«, erwiderte Gavin, um sogleich fortzufahren: »Wenn die Anspielung aufs Frühstück mir zu verstehen geben sollte, dass du noch keinen Morgenkaffee getrunken hast, dann betrachte dich als eingeladen.

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