Kampf für Freiheit
überhaupt so lange lebst.«
Er wollte gerade weitergehen, und Marcus konnte kaum glauben, dass ihm die Gelegenheit, seine Lage und das ihm widerfahrene Unrecht zu erklären, durch die Finger schlüpfte.
»Wartet!«
Taurus erstarrte. »Was? Hast du etwas gesagt?«
»Ich dürfte gar nicht hier sein«, stammelte Marcus rasch. »Ich bin unrechtmäßig entführt und als Sklave verkauft worden.«
Er sah den Schlag nicht kommen, sondern spürte nur, wie sein Kopf zur Seite geschleudert wurde, als Taurus ihn traf. Er taumelte benommen zurück, während der Mann ihm ins Gesicht brüllte: »Sprich nie, niemals, wenn du nicht gefragt wurdest, Sklave! Hast du das gehört? Mir ist völlig egal, wer dein Vater ist oder was deine Geschichte ist. Kapiert? Du bist ein Sklave, der Abschaum der Erde, und mir ist dein bloßer Anblick zuwider. Deine einzige Hoffnung ist jetzt, dass ich dir erlaube, eines Tages Gladiator zu werden. Bis dahin bist du ein Nichts. Und du nennst mich Meister, wenn ich dich etwas frage. Verstanden?«
»Ja … Meister«, schrie Marcus. Der Kopf dröhnte ihm noch, und ihm war so schwindlig, dass ihm übel wurde. Er kämpfte gegen die Benommenheit an, während er auf den Füßen schwankte.
»Schon besser.« Taurus wandte sich ab und ging mit großen Schritten zur Mitte des Übungsgeländes, um zu den angetretenen Männern zu sprechen. »Jetzt, da wir alle hier sind, kann die Ausbildung beginnen. Ich werde euch zunächst ein paar Ansagen machen. Ich bin Aulus Tullius Taurus, euer Hauptausbilder. Ich habe Soldaten gedrillt, ehe ich Sklaven ausbildete, und davor hatte ich alle Hände voll damit zu tun, für Rom Barbaren umzubringen. Ich werde euch beibringen, wie ihr Leute tötet. Davor müsst ihr aber erst stark und furchtlos werden. Also werde ich mit euch trainieren, bis ihr umfallt, und ich verpasse jedem eine Tracht Prügel, der sich beschwert oder trödelt, so wie unser dummer Freund aus Sparta da drüben. Von Zeit zu Zeit wird uns Porcino mit seiner Gegenwart beehren. Er ist der Lanista, dem diese Schule gehört. Ihr werdet nur mit ihm sprechen, wenn er euch etwas gefragt hat. Und dann nennt ihr ihn ›Herr‹.
Dann ist da mein Assistent Piso. Er ist ein Sklave, aber im Gegensatz zu euch hat er sich bereits in der Arena bewährt. Piso ist dafür verantwortlich, euch mit eurer Ausrüstung auszustatten und euch Essen und Belohnungen zu geben. Also behandelt ihn gut.« Nun wandte sich Taurus vier Männern zu, die an der Seite standen. »Diese Männer sind eure Ausbilder. Mich nennt ihr ›Meister‹. Piso und die Ausbilder nennen mich ›Herr‹, und ihr wiederum nennt sie ›Herr‹. Wenn ihr diese einfache Regel vergesst, gibt es Prügel. Sonst haben wir hier nur zwei Regeln: Macht genau, was man euch sagt, und macht es sofort. Ungehorsam oder Zögern wird gnadenlos bestraft.«
Er legte eine Pause ein, um sicherzugehen, dass alle genug Zeit hatten, diese Nachricht zu verdauen. »In den nächsten vier Monaten werdet ihr trainieren, um stark und furchtlos zu werden. Danach beginnt ihr mit den Grundlagen des Waffenkampfs. Ich werde euch genau beobachten und nach weiteren vier Monaten entscheiden, auf welche Kampfart ihr euch spezialisiert. Einige von euch werden als schwere Infanterie kämpfen. Andere werden leicht bewaffnet in die Arena ziehen. Wieder andere werden dazu ausgebildet, gegen Tiere zu kämpfen. Die jüngsten von euch werden Küchendienst tun und sauber machen, ehe ich entscheide, dass sie groß genug sind, um mit Waffen umzugehen. Wenn ihr für den ersten wirklichen Kampf bereit seid, dann werdet ihr von den Quartieren der Rekruten in bequemere Räume umziehen. Also, an die Arbeit.« Er beendete seinen Vortrag abrupt und schnipste mit den Fingern, um Piso zu sich zu rufen. »Zeit, die Ausbildungsgruppen zusammenzustellen.«
»Jawohl.«
Während Piso seine Wachstafel aufklappte und einen Messingstift hervorzog, kamen die vier Ausbilder zu ihm herüber und stellten sich nebeneinander vor die Reihe der Sklaven. Marcus beobachtete sie mit ausdruckslosem Gesicht, aber seine Gedanken waren voller trauriger Erinnerungen an sein Leben auf dem Bauernhof draußen vor Nydri. Dort hatte man ihn geliebt und er war geborgen und glücklich gewesen. Nun musste er sich der grausamen Disziplin einer Gladiatorenschule unterwerfen. Er fragte sich, wie lange er wohl dieses neue, furchtbare Leben aushalten würde.
Taurus und Piso traten zum anderen Ende der Reihe und begannen, langsam an ihr entlangzugehen.
Weitere Kostenlose Bücher