Kampf für Freiheit
ausschlug, mit denen die Halseisen der Gefangenen gesichert waren. Einer nach dem anderen standen seine Gefährten da, rieben sich den Hals und die Schultern, dort wo die Eisenringe auf ihr Fleisch gedrückt hatten. Endlich war Piso mit Pelleneus fertig und kam zu Marcus.
»Leg deinen Kopf zur Seite«, befahl ihm Piso.
Marcus befolgte die Anweisung und zuckte ein wenig zusammen, als Piso das Halseisen mit rauer Hand packte und im Halbdunkel nach dem Bolzen tastete. Er hob den Hammer und zielte sorgfältig. Der erste Schlag ertönte so nah an Marcus’ Ohr, dass es klang, als wäre er in seinem Gehirn. Unwillkürlich bewegte er seinen Kopf und die Schultern.
»Halt still!«, knurrte Piso und zerrte Marcus am Halseisen wieder zurück.
»Au!«
»Ruhe, Junge!«
Angespannt suchte Piso erneut den Bolzen und bereitete den nächsten Schlag vor. Diesmal war Marcus auf den Aufprall des Hammers und den ohrenbetäubenden Lärm vorbereitet. Er zuckte auch jetzt noch zusammen, konnte aber seinen Körper stillhalten, während Piso den Bolzen herausschlug.
»Fertig.« Piso trat mit dem Hammer in der einen und dem Halseisen in der anderen Hand einen Schritt zurück.
An das Gewicht des Eisens gewöhnt, genoss Marcus nun das plötzliche Gefühl der Leichtigkeit. Er hob die Hand und rieb sich die Haut, wo das Metall gescheuert hatte.
»Danke.«
Piso sammelte alle Halseisen und die Kette ein und nickte Marcus und den anderen zu, die im Regen standen. »Gut, nun mir nach!«
Er machte kehrt und marschierte über das Trainingsgelände auf zwei lange, niedrige Gebäude zu. Das näher liegende war das größere von beiden und hatte eine Säulenhalle, die ein wenig Schutz bot. In regelmäßigen Abständen öffneten sich auf der Länge des Gebäudes Türen. Die Neuankömmlinge gingen an einigen gedrungenen Männern vorüber, die an einem Tisch saßen und miteinander einen Krug Wein tranken. Einer von ihnen grüßte Piso mit erhobenem Becher.
»Neue Jungs, was?«
Piso antwortete nicht und ging mit grimmiger Miene weiter, während der Mann fortfuhr: »Die Todgeweihten grüßen uns!«
Seine Gefährten lachten gutmütig.
Marcus musterte die Männer, während er vorüberging. Sie sahen sehr durchtrainiert aus und hatten muskulöse Arme. Manche hatten auffällige Narben im Gesicht und einer trug einen dicken Verband um den Oberarm. Marcus’ Herz schlug höher, als ihm klar wurde, dass dies Gladiatoren sein mussten, die Elitekämpfer der römischen Welt.
»Marcus«, blaffte Piso. »Trödel nicht, Junge, sonst lasse ich dich die ganze Nacht im Regen stehen.«
Marcus beeilte sich, um zu den anderen aufzuschließen. Einige Räume waren von Öllampen erleuchtet, und er erhaschte einen flüchtigen Blick auf schlichte, aber bequem aussehende Zimmer.
»Das Leben hier scheint doch nicht so hart zu sein«, murmelte Phyrus Pelleneus zu. »Ich dachte immer, dass Gladiatoren es schwer haben.«
»Ich auch«, antwortete der andere Athener überrascht.
Piso lachte hämisch, als er diesen kurzen Wortwechsel hörte. »Das sind die Quartiere der Gladiatoren, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Die haben sich ihre Privilegien verdient. Ihr fangt ganz unten an, genau wie alle anderen Schüler. Hier entlang, los!«
Er führte sie an der Kaserne vorüber zum zweiten Gebäude. Es war ein wesentlich schlichterer Bau ohne Türen an der Seite, ohne Säulenhalle und mit nur wenigen Fenstern. An einem Ende befand sich ein großes Tor, das von zwei Männern in voller Rüstung bewacht wurde, genau wie das Haupttor. Hier hingen neben dem Tor Ketten und Halseisen in Reihen an Haken. Piso ließ seine Halseisen bei der Tür fallen und nickte einer der Wachen zu.
»Mach auf. Und dann geh Essen holen.«
Der Wachmann nickte und schaute kurz durch ein kleines Gitter in der Tür, ehe er den Schlüssel ins Schloss steckte und ihn herumdrehte. Er machte die Tür nur so weit auf, dass Piso und die anderen eintreten konnten. Sobald sie im Gebäude waren, schloss er wieder hinter ihnen ab. Sie befanden sich in einem langen Flur und auf beiden Seiten waren Abteile abgetrennt. An jedem Ende des Gebäudes brannte eine Fackel in einer hoch angebrachten Halterung und spendete ein schwaches Licht. Es reichte aus, um Marcus sehen zu lassen, dass sich in den Abteilen keine Betten befanden, auch kein Bettzeug, sondern nur Stroh. Auf dem Gang dazwischen stand ein großer Wasserbottich. Undeutlich sah man im Stroh Gestalten, die sich neugierig regten, um die Neuankömmlinge zu
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