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Kanada

Kanada

Titel: Kanada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Sonne.)
    Als Student, berichtete Charley, hätte Remlinger unpopuläre Ansichten vertreten – einige davon kannte ich ja schon: Er verabscheute die Regierung. Er hasste politische Parteien. Er hasste Gewerkschaften und die katholische Kirche und anderes mehr. Seine Altersgenossen mochten ihn nicht. Er hatte Flugblätter für isolationistische, deutschfreundliche und (wie einige sagten) Anti-Kriegs-Zeitschriften geschrieben, die seinen Professoren verdächtig erschienen und sie hoffen ließen, er ginge möglichst schnell nach Michigan zurück. Sein Vater hatte, in Arthurs Kindheit, seine Arbeit als Maschinenführer verloren, und die Gewerkschaft hatte ihn nicht geschützt, weil er als Adventist pazifistische Meinungen vertrat. Das hatte zu einer Familienkrise geführt und den jungen Arthur geprägt – daher auch seine Radikalisierung noch auf der Highschool. Seine Familie teilte diese Ansichten nicht. Diese Leute hatten ihr Unglück hinter sich gelassen, waren aufs Land gezogen und hatten sich auf Rübenanbau verlegt. Sie verstanden ihren Sohn nicht – Artie hieß er bei ihnen –, so gutaussehend und beredt und intelligent, vorherbestimmt für ein erfolgreiches Leben als Anwalt oder vielleicht auch Politiker, er war ja allein dank seiner Brillanz nach Harvard gekommen. (Charley sagte das Wort Harvard so, als wäre er auch dort gewesen. Das alles, sagte er, hätte Remlinger ihm vor Ewigkeiten erzählt.)
    Jeden Sommer kam Arthur also von der Uni nach Hause und besorgte sich einen Job in einer Autofabrik in Detroit, wo er in einer Armenwohnung hauste, während er sein Geld sparte, um im neuen Semester die Kosten des Studiums aufbringen zu können. In dieser Zeit bekam ihn seine Familie selten zu Gesicht, hielt aber seine Bereitschaft, sich das Studiengeld selbst zu verdienen, für ein gutes Zeichen.
    Doch im Sommer seines dritten Jahres, 1943, als er einen gutbezahlten Job beim Kehrdienst in der Chevrolet-Fabrik machte, geriet Arthur mit einem Aufsicht führenden Gewerkschaftsmann aneinander, der dafür da war, dass alle dort Arbeitenden ebenfalls der Gewerkschaft beitraten, auch diejenigen mit Sommerjobs. Hitzige Worte gingen hin und her, weil Arthur sich weigerte. Dem Mann waren Arthurs zündlerische Anti-Gewerkschafts-Pamphlete bekannt (die Gewerkschaften achteten auf so etwas und hatten auch Verbindungen nach Harvard). Am Ende des Streits war Arthur seinen Job los, zusammen mit dem Hinweis, er bräuchte sich nicht einzubilden, in dieser Stadt noch von irgendwem eingestellt zu werden, und sollte besser gleich wegziehen.
    Eine Katastrophe, denn Arthur fehlte nun das Geld für sein Studium. Seine Familie konnte ihn nicht unterstützen. Er war praktisch pleite, konnte nicht mal mehr die Miete bezahlen und stand vor dem plötzlichen Aus seiner Universitätsaspirationen. Er ging zur Harvard-Verwaltung und bat um ein Stipendium. Doch da seine Meinungen bekannt waren und missbilligt wurden, lehnte man ab. Fortan blieben ihm die Türen Harvards verschlossen, und was von seinem jungen Leben übrig war, stand erst einmal kopf.
    Denn in diesem Moment ergriff ihn ein innerer Aufruhr. »Geisteszusammenbruch« hatte Arthur das genannt. Er wurde depressiv, ging auf Distanz zu seiner Familie und sprach nur selten mit seiner Schwester Mildred, die ihm keine Fragen stellte – auch nicht danach, wie er sich finanziell über Wasser hielt. In seiner Verzweiflung tröstete sich Arthur anderswo, mit anderen Menschen. Menschen aus Chicago oder aus dem Staat New York, die seine immer extremeren Ansichten teilten, Anti-Gewerkschaft, Anti-Kirche, Pro-Isolationismus. Sie bezeichneten sich als Anhänger der Recht-auf-Arbeit-Philosophie und waren schon seit Jahrzehnten auf Kriegsfuß mit den Gewerkschaften. Arthur verließ Detroit und zog zu einer Familie in Elmira, New York, auf deren Molkereifarm er arbeitete. Diese Farmer waren selbst gewalttätige Leute – angestiftet von Hass und Groll gegen die Regierung und gegen die Gewerkschaften, die ihnen irgendetwas angetan hatten. Arthur ließ sich immer weiter auf ihr Denken ein. Nicht lange, und er teilte auch ihren Groll und ihre Rachsucht und erfuhr von vielen gefährlichen Plänen und Intrigen – vor allem von einem geplanten Bombenattentat auf eine Gewerkschaftshalle in Detroit, durch das niemand zu Schaden kommen, sondern lediglich die Recht-auf-Arbeit-Philosophie unterstrichen werden sollte.
    Arthur, immer noch aufgestachelt, weil er nicht aufs College zurückdurfte, ließ sich

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