Kanadische Traeume
Güte, es wird wirklich der Sommer deiner Träume.”
“Eher der Sommer deiner Träume”, sagte Charity und kroch unter die Decke.
“Du mußt hier mit Nelson essen, damit Matthew eifersüchtig wird.”
“Ich kann diese Spiele nicht spielen. Außerdem glaube ich nicht, daß er solche Gefühle für mich hegt”, wandte Charity ein.
“Du könntest auf diese Weise einiges über sie herausfinden.
Ich glaube, er ißt jeden Abend so gegen sieben.”
“Das wäre Nelson gegenüber nicht sehr nett”, protestierte Charity schwach, froh, daß Mandy das Licht ausknipste. Das war es ja, was so weh tat, daß Matthew sie geliebt und dann links liegengelassen hatte. Daß sie seine wahren Gefühle nicht kannte und es sich verscherzt hatte, es je zu erfahren.
War sie zu voreilig gewesen? Nein. Sie erinnerte sich an die tiefen Gefühle, die sie für Jeff empfunden hatte. Mandy glaubte, man konnte einen Sommer voller Vergnügungen verbringen, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Und wenn man Mandy war, konnte man es vermutlich. Aber Charity wollte kein gebrochenes Herz. Nicht jetzt, da ihre Karriere so viel Zeit und Energie in Anspruch nehmen würde.
Vielleicht später, später würde Zeit sein für Männer, für Liebe, eine Familie, Babys. Sie legte die Hand auf ihren flachen Bauch, und plötzlich durchzuckte die kalte Angst sie. Keine Schwangerschaftsverhütung! Ausgezeichnet, Dr. Marlowe, schalt sie sich. Dann seufzte sie. Hatte Mandy recht? Ließ sich das Schicksal von bloßem menschlichen Ehrgeiz nicht ins Handwerk pfuschen?
Es dauerte noch lange, bis Charity einschlief.
Am nächsten Morgen wappnete Charity sich, Matthew zu begegnen, sah ihn aber nicht. Sie sorgte sich ein wenig, ob er gut zurückgekommen war, wollte sich jedoch nicht erkundigen. Er sollte um Gottes willen nicht denken, sie sei an ihm interessiert.
Ein zweiter Tag verging und ein dritter. Sie unternahm einige der Dinge, die sie vorgehabt hatte: badete in der Sonne und schwamm. Sie machte lange, einsame Spaziergänge auf den gut markierten Wanderwegen und versuchte, an nichts zu denken, aber ihre Gedanken kehrten immer wieder zu demselben Thema zurück.
Hatte Matthew Anpetuwi verlassen? Sie wäre ihm doch sicher inzwischen begegnet - es sei denn, er mied sie absichtlich.
Charity spazierte wie zufällig zum Parkplatz hinauf. Der Mercedes stand noch da. War
Matthew überhaupt
zurückgekommen? Gab es Bären in diesen Wäldern? Vielleicht lag er irgendwo da draußen und brauchte ihre Hilfe. Sie rannte zum Strand hinunter und suchte entlang der felsigen Küste nach Spuren. Nichts - keine Fetzen seiner Kleidung, kein Stöhnen aus dem dunklen Unterholz.
Sie wußte, ihre Phantasie war mit ihr durchgegangen, und sie zwang sich stehenzubleiben.
Charity überlegte. Sie konnte die ganze Küste entlanggehen bis zu der Stelle, wo sie gelandet waren. Das würde Stunden dauern. Es wäre viel einfacher …
Sie überwand ihren Stolz und hielt nach ihrer Cousine Ausschau, die immer alles über alle wußte.
“Mandy, hast du Matthew gesehen?”
“Bedeutet das, du hast deine Einstellung geändert?” fragte Mandy hoffnungsvoll.
“Keineswegs! Ich habe ihn nur seit… du weißt schon … nicht mehr gesehen und frage mich, ob er zurückgekommen ist.”
“Ist er. Ich habe ihn selbst gesehen. Etwas zerschunden, aber sonst ganz heil.”
“Zerschunden?” fragte Charity. Es wurde ihr ganz schwach.
“Sieht so aus, als wären ihm ein paar Bäume in den Weg gelaufen. Geschieht ihm recht! Nur ganz oberflächlich. Ein Kratzer auf der Nase”, fügte sie schnell hinzu, als sie Charitys entsetzten Blick sah. “Aber weißt du, wo ich ihn gesehen habe?
Bei Mrs. Forster drin, und die sah etwas verstört aus.
Möglicherweise hat er sich über dich beklagt. Es macht keinen guten Eindruck, Gäste mitten in der Wildnis sitzenzulassen.”
“Ich würde es nicht gerade Wildnis nennen.”
“Es kommt darauf an, wie er es nennt. Er sah wie ein wütender Bär aus. Als ich ihn fragte, was mit seiner Nase passiert sei, hat er mich fürchterlich angefaucht. Diese temperamentvollen Rohlinge sind so faszinierend, findest du nicht?”
“Mandy, ich könnte meine Stelle verlieren, und du machst Witze!”
“Du wirst deine Stelle nicht verlieren. Mrs. Forster ist viel zu weich, jemanden zu feuern. Sie wird dich höchstens ermahnen, und sie haßt das so sehr, daß vermutlich ich es machen muß.”
In diesem Augenblick kam Donna, die im Empfang arbeitete, über den Rasen auf sie
Weitere Kostenlose Bücher