Kanaken-Gandhi
einen richtigen Grund haben, mich abzuschieben«, brülle ich und stürze auf Mehmet los. »Dich schmeiße ich jetzt sofort aus dem Fenster. Ich will das Problem »Mehmet« ein für allemal los sein.
Diese Verzweiflungstat wird hoffentlich auch die Bullen abschrecken. Lebendig warst du für die gesamte Familie nichts als schädlich und völlig unnütz. Höchstens dein Tod kann uns noch helfen!«
Ein gigantisches Krachen verhindert, dass ich zum Mörder an meiner eigenen Brut werde. Anscheinend ist Saddam-Sigi mit seinem gesamten Waffenlager in die Luft geflogen. Der Putz rieselt von den Wänden. Das geschieht dem elenden Großmaul recht, warum macht er sich auch über alte Männer lustig? Jetzt ist Saddam-Sigi der Herr der Lüfte. Allah möge seiner armen Seele gnädig sein! Amen!
»Ey, geile Pogo-Party, mach lauter die Mucke! Punk rules forever! Neue Platte von Green Day, voll geil ey!« ruft einer meiner Gäste.
Als wirklich alle Promenadenmischungen sowie ihre Besitzer -
bei der Dunkelheit sind sie nicht auseinander zu halten -
anfangen, zuckende Verrenkungen zu machen, bin ich mir endgültig sicher, dass dieser ohrenbetäubende Lärm von vorhin so was wie Musik sein soll. Sie springen hoch, sie treten sich gegenseitig ins Gesicht und rammen sich die Knie in die Weichteile. Ich verdanke es ausschließlich dem Turban, dass meine Trommelfelle noch nicht geplatzt sind. Ich wusste gar nicht, dass man meine Stereoanlage so laut aufdrehen kann. Ich traue mich auch nicht, die Anlage leiser zu stellen. Wenn sie sich beim Tanzen schon gegenseitig ins Gesicht treten, möchte ich nicht dabei sein, wenn sie wütend werden.
Das ganze Haus wackelt, und das nachts um drei. Nicht nur in Hausnummer 7b, sondern im gesamten Karnickelweg wird heute nacht kein Auge zugemacht. Auch wenn ich es schaffen sollte, in Deutschland zu bleiben, in dieser Straße dürfte ich mich wohl nicht mehr blicken lassen.
Der Karnickelweg erlebt seine schlimmste Nacht, seitdem er von englischen Fliegerbomben im zweiten Weltkrieg heim-gesucht wurde!
Ein Punker-Pärchen tanzt den Pogo am energischsten. Der Junge, der bis an die Zimmerdecke springt, ist doch Mehmet, der Hundesohn. Das Mädchen ihm gegenüber mit den lila Streifen in den Haaren bewegt sich so, als hätte sie ganz allein einen Liter Pattex geschnüffelt.
Bei Allah, was sehen meine übermüdeten Augen?
Aber das ist doch Eminanim? Wer hat ihr denn so schnell die Haare bunt gefärbt? Oder was noch wichtiger ist, wer hat ihr dieses dämliche Gehüpfe beigebracht? Wahrscheinlich ist sie einem der »Graffiti-Künstler« mit seiner Spraydose in die Quere gekommen, die alle Zimmerwände mit ihren Sprüchen vollgeschmiert haben.
»Hafenstraße und Karnickelweg 7b bleibt, sonst knallt’s!«
»Punks aller Länder vereinigt euch!«
»Spießer, verpisst euch!«
»Schweine-System!«
»Establishment - nein danke!«
»Ali, du Schwein! Ich wünsche dir viel Freude mit deiner neuen Wohnung!«
Der letzte Spruch ist allerdings ein Kunstwerk von mir.
»Hallo, Herr Engin, hallooo, Herr Engin, hören Sie mich?«
schreit Opa Prizibilsky, als er mich von unten im Flur sieht.
Anscheinend schreit er schon länger, zufälligerweise wurde gerade die CD gewechselt, und es ist einen Moment etwas leiser. »Bitte, bitte, Herr Engin, retten Sie mich! Ziehen Sie mich hoch!«
Der arme Mann steht bis zum Hals im Wasser und versucht verzweifelt, in seiner überfluteten Wohnung nicht zu ertrinken.
»Herr Engin, machen Sie schnell! Diese Idioten wollen auch noch hungrige Piranhas hier reinschmeißen. Bitte, Herr Engin, ziehen Sie mich schnell nach oben!« Er wirft ein langes, zusammengeknotetes Bettlaken nach oben.
»Wenn Ihre Frau darauf besteht, dann heirate ich auch sofort Fräulein Fischkopf. Schlimmer als Piranhas kann die alte Ziege ja auch nicht sein.« Im letzten Moment, kurz bevor die Fluten über ihm zusammenschlagen, kann ich ihn nach oben ziehen.
Einige Minuten liegt er regungs- und fassungslos in unserem dreckigen Flur neben mir, um sich von dem Überlebenskampf zu erholen.
»Herr Engin, vielleicht brauche ich Fräulein Fischkopf ja nicht direkt zu heiraten. Wir könnten es ja erst mal eine Zeitlang in Wilder Ehe versuchen«. schreit er mir ins Ohr und stellt sein Hörgerät lauter.
»Aber das geht doch nicht, Herr Prizibilsky! So können Sie doch nicht mit den Gefühlen einer jungen Frau spielen«, kreischt Eminanim dazwischen.
»Eine junge Frau?« stottert Opa Prizibilsky, »sie ist doch
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