Kann denn Fado fade sein?
der praça de touros hat sich mittlerweile eine Menge getan. Die cavalheiros, die Reiter und Stierkämpfer zu Pferd, sind eingetroffen. In riesigen Lkws haben sie ihre Pferde mitgebracht. Die Tiere werden schon hergerichtet: Man knüpft schmucke Bänder in die Mähne, der Schweif wird kunstvoll geflochten. Sattel und Zaumzeug sind prächtig verziert.
»Haben die denn nicht nur ein Pferd dabei?« Ich weiß, es ist eine dumme Frage. Aber ich bin doch keine Expertin.
»Nein, natürlich nicht«, meint António. »Jeder hat mehrere Pferde, und je nach Phase der corrida werden sie gewechselt. Am Anfang reitet man vielleicht eines, das den Stier müde macht, also sehr schnell ist.«
Klingt logisch.
»Und wenn es dann ans Setzen der bandarilhas – der Pfeile mit Widerhaken – geht, muss der Reiter näher an den Stier heran«, erklärt António. »Da braucht er ein mutiges Pferd, eines, das extrem wendig ist und ausweichen kann.«
»Den Pferden stößt aber nichts zu, oder?«, hoffe ich.
»Ausschließen kann man das nie«, meint António. »Aber wie du gesehen hast, sind die Hörner des Stiers mit Lederkappen bedeckt. Nicht nur auf der Straße, auch in der Arena. Das dient dem Schutz der Pferde – und natürlich der Menschen.«
Nachdem ich weiß, wie spitz so manches Horn eines Stiers auf der Weide ist – schließlich sind wir auf dem Weg nach Coruche an etlichen vorbeigefahren –, leuchtet mir das ein. Es wird wohl also nicht zu solch grausigen Szenen kommen, wie ich sie aus dem spanischen Stierkampf (und zum Glück nur aus Filmen) kenne …
Nun weiß ich auch, warum die Pferde nicht gepanzert sind (wie in Spanien). Sie kommen zwar nah an den Stier heran. Aber sie tragen keinen spanischen picador , sondern einen Reiter, der sein Tier mit leisestem Schenkeldruck, mit minimaler Gewichtsverlagerung zur gewünschten schnellen Reaktion bringt. Und ich lerne: »Für den portugiesischen Stierkampf gibt es ganz spezielle Pferde, die Lusitanos. Sie sind eine der ältesten Pferderassen auf der Iberischen Halbinsel. Berühmt für ihren Mut und weil sie wegen ihrer Schnelligkeit und Wendigkeit perfekt für Arbeit mit Stieren sind. Nicht nur in der Arena, auch auf der Weide.«
Langsam strömen die Menschen in die Arena. António hat nicht nur Plätze im Schatten besorgt (das sind, wie ich erfahre, die teureren), sondern auch direkt über der Stelle, an der die Stiere in die Arena gelassen werden. Ich sehe – durch die breiten Ritzen des Holzbodens – ein bisschen mehr als andere Zuschauer. Zum Beispiel kann ich genau erkennen, dass jedes Tier sofort nach dem Kampf vor Ort von einem Tierarzt behandelt wird, der die bandarilhas herauszieht und die Wunden versorgt.
Die Zuschauer bei der corrida in Coruche sind zum Teil festlich gekleidet. Nicht einfach nur Jeans oder gar Shorts und T-Shirt – daran erkennt man die (wenigen) Touristen. Sondern man sieht viele Männer im Anzug, Frauen in schicken Kleidern. Kinder sind dabei, viele Jugendliche. Das Ganze scheint ein Spektakel für Jung und Alt zu werden.
»Coruche zählt zu den Orten in Portugal«, meint António stolz, »bei denen sich alle gut mit Stierkampf auskennen. Hier gibt es etliche Züchter von Kampfstieren. Logisch also, dass sich zu unserem Stadtfest jedes Jahr die besten cavalheiros versammeln!«
»Hier kann es sich also keiner leisten, einen schlechten Kampf zu liefern?«
»Genau! Und es gibt heute auch nur eine einzige Gruppe von forcados «, sagt António stolz. »Anderswo gibt es manchmal zwei, die sozusagen miteinander konkurrieren. Heute sind ausschließlich meine Exkollegen da!«
Praktischerweise stehen ein paar dieser Exkollegen ganz in der Nähe. Sie erzählen die eine oder andere Anekdote über den einen oder anderen cavalheiro. Da ist der eine weniger beliebt, weil er seine Leute nicht gut behandelt. Und weil er gerne einen über den Durst trinkt und dann in der Arena eher schlechte Arbeit leistet (eine Promillegrenze für cavalheiros gibt es also anscheinend nicht!). Über den anderen lästert man, weil er angeblich wenig Mut hat und nie nah genug an den Stier herangeht. Große Komplimente werden an die eine oder andere Reiterin gerichtet, die hier genauso scharf beobachtet wird wie die Männer, der man aber auch dasselbe großzügige Lob gönnt, wenn sie eine gute tourada hinlegt.
Das Raunen im Publikum wird leiser. Verstummt. Endlich geht es los.
Eine Kapelle beginnt zu spielen. Richtig schmissige Musik, finde ich.
»Die spielen nicht nur am
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