Kann denn Fado fade sein?
Anfang und am Ende, sondern das sind wirkliche Stierkampfexperten«, erklärt António. »Denn mit ihrer Musik geben sie den Stierkämpfern in der Arena Hinweise. Darauf, wie der Stier sich verhält. Oder sie versuchen, einen lahmen Bullen ein wenig anzutreiben und aufzustacheln.«
Ich finde das ziemlich spannend.
Nach der Eröffnungsmusik kommt die cortesía – eine Art »Vorstellung« aller Mitwirkenden: die campinos , die cavalheiros, die matadores, die forcados. Die Reiter sind prächtig gekleidet, in reich mit Gold oder Silber bestickte Samtröcke, und tragen einen Dreispitz. Sie sehen aus, als seien sie soeben vom Hofe des Königs oder aus der Truppe der drei Musketiere gekommen. Die matadores tragen knallenge Hosen. Ich frage mich immer, wie sie da reinkommen! Die Jacken sind prachtvoll gearbeitet, und die Kopfbedeckung – na ja, sieht ein bisschen aus wie die Ohren von Micky Maus, aber das sage ich nicht laut.
Auch die forcados haben reich bestickte Jacken, aber »normale« Kniehosen und grüne Zipfelmützchen. Nun erfahre ich endlich, was die beim Stierkampf eigentlich tun:
»Sie kämpfen nach dem cavalheiro einzeln, Mann gegen Stier, und das zu Fuß«, begeistert sich António. »Es ist eine Mutprobe – und zwar eine große. Denn du stehst allein da unten vor einem wütenden Brocken mit 500 oder 600 Kilo Gewicht!«
»Der hat dann keine Waffe?«, frage ich entsetzt. »Aber wie um Himmels willen stoppt er den Stier?«
»Das wirst du gleich sehen – mit den Händen und dem Körper. Wir heißen forcados , weil der Mann an der Spitze vom Stier zwischen die Hörner genommen wird. Wie mit einer Heugabel – deshalb nennen wir uns so!«
António ist in seinem Element. Man merkt: Hier ist seine Heimat. Er erinnert sich wehmütig an den Ruhm und Beifall, den er als junger Bursche geerntet hat.
Ich erinnere mich eher daran, dass er mir erzählt hat, wie er sich heimlich bei den forcados von Coruche angemeldet hat, weil seine Mutter – natürlich! – dagegen war. Und dass er aufgehört hat, weil ihm der Stier beim letzten Kampf den halben Oberschenkel aufgeschlitzt hat. Hoffentlich passiert so etwas heute nicht!
Die Corrida beginnt erst auf ein Zeichen des presidente . An diesem Tag und zu dieser Stunde ist er der wichtigste Mann in der Arena. Auf ihn richten sich alle Augen, er gibt das Zeichen zum Beginn und fürs Ende der corrida . Er wird stets auch um Erlaubnis gebeten, wenn der cavalheiro beispielsweise mehr als vier Pfeile setzen will oder wenn er den Kampf jemand Bestimmtem widmen möchte (vielleicht sollte ich mal laut »hier« rufen, denn so langsam beginnt mich die Sache zu faszinieren!).
Nach der cortesía verlassen alle Mitwirkenden die Arena – und dann kommt der »Protagonist« des Geschehens: Das Holztor unter uns wird geöffnet, und der Stier rast herein. 557 Kilo wiegt er, liest man auf der Anzeigetafel.
Der Reiter hinter der Bande an der gegenüberliegenden Seite der Arena beobachtet ihn genau. Wie bewegt sich der touro ? Ist er angriffslustig oder eher müde? In welche Richtung schwenkt er öfter – nach rechts oder links?
Es ist der Job der matadores , die eng mit dem cavalheiro zusammenarbeiten, all diese Informationen noch deutlicher zu machen. Mit einem großen Cape, in grellbunten Farben wie Pink oder Gelb (nein: kein rotes Tuch!) gehen sie auf den Stier zu – und weichen wieder zurück. Sie zeigen dadurch an, wie der Stier »tickt« – auch wenn es trotzdem zu Überraschungen kommen kann. Das führt dann dazu, dass man so manch einen trotz engster Beinkleider einen uneleganten Satz über die Brüstung machen und sich dadurch in Sicherheit bringen sieht …
Jetzt tritt der cavalheiro auf. Die Reitkunst und die Wendigkeit des Pferds sind ein wunderbares Schauspiel. Reiter und Pferd wissen genau, was sie tun, wie weit sie gehen können und dürfen.
Schmetternder Trompetenklang – der touro scharrt mit den Hufen, senkt den Kopf, greift an. Der Reiter galoppiert ihm entgegen. Sekundenbruchteile vor den attackierenden Hörnern dreht sich der lusitano wie im Tanz zur Seite. Er scheint Spaß daran zu haben, den wilden Stier zu reizen, ihm immer wieder genau vor der Nase herumzutanzen. Der cavalheiro lockt den Stier ein zweites Mal, bringt ihn dazu, ganz nah am Pferd zu laufen, ihm zu folgen. Und wieder eine Drehung, ein Stopp – der Reiter beugt sich weit nach vorne und setzt mit einer eleganten Drehung seiner Handgelenke einen bandarilha in den Nacken des Tieres. Ein paarmal
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