Kann denn Fado fade sein?
dem Boden zu schießen wie anderswo Unkraut. Ich klappere sie der Reihe nach ab (in der richtigen Annahme, dass ich bei Bankern mit einer Mischung aus Portugiesisch und Englisch ganz gut durchkomme – was sich dann auch bewahrheitet).
Bei jeder Bank höre ich etwas anderes: Bei der einen möchte man eine Einlage von 100 Euro, bei der anderen 250, die dritte will 150 Euro. Alle wollen aber eines: meine NIF . Keine Ahnung, was das sein soll.
Manche fragen auch nach meiner número contribuinte. Das verwirrt mich nicht weniger.
»Was ist das denn überhaupt?«, frage ich meinen Liebsten.
»Das ist die Steuernummer«, bekomme ich zur Antwort. »Hat jeder Portugiese, und du brauchst die auch. Ohne NIF geht hier nichts. Und du kannst auch kein Konto eröffnen.«
»In Ordnung. Und wo bekomme ich diese Nummer?«
»Bei den finanças .«
Schon wieder so ein Spezialausdruck.
»Aha, und wo sind die? Was ist das?«
»Ich habe ganz in unserer Nähe, direkt neben der Post, ein Büro der finanças gesehen«, meint er. »Das ist sicher eine Außenstelle des Finanzamts.«
Wir ziehen los. Leider ohne auf die Uhr zu schauen, und deshalb war unser Besuch vergeblich.
Geschlossen. Mittagspause. Bis 14 Uhr.
Um Viertel nach zwei ist dann endlich jemand da, aber auch unser zweiter Versuch ist nicht von Erfolg gekrönt. Mit größtem Bedauern teilt man uns mit, hier sei niemand zuständig für meinen »Fall«, weil das Büro nur eine Art Mini-Außenstelle sei. Für die Ausstellung von Steuernummern aber sei das »Hauptamt« in Carcavelos zuständig, das sei noch bis 16 Uhr geöffnet. »Und da hilft man Ihnen gern weiter!«
Kleine Notiz am Rande:
In Portugal hat jeder, ob groß oder klein, eine Steuernummer. Mittlerweile – seit März 2011 – müssen selbst Babys eine solche Nummer haben. Nur dann nämlich können Eltern Ausgaben für den Nachwuchs steuerlich geltend machen.
Diese Nummer behält der Portugiese sein Leben lang. Immer dieselbe, ganz gleich, ob er Angestellter ist oder Beamter, ob er nicht arbeiten muss (soll’s ja geben) oder selbstständig ist. Jeder Portugiese kann diese NIF, obwohl sie neunstellig ist, auf Anfrage auswendig problemlos herunterrattern.
Das erlebe ich täglich. Zum Beispiel im Supermarkt, wenn jemand nicht nur den Kassenbon, sondern zusätzlich eine »offizielle Rechnung« braucht. In solchen Fällen lautet die Frage nämlich unausweichlich: »Wie ist denn Ihr número contribuinte ?«
Ohne erst lange auf dem entsprechenden cartão nachzuschauen, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Ich hingegen muss immer noch nachschauen, ich kann mir die Nummer bis heute nicht merken. Dabei habe ich sonst kein schlechtes Nummerngedächtnis. Telefonnummern – auch länger als neun Ziffern – sind kein Problem. Nur diese blöde NIF …
Wir fahren also nach Carcavelos, finden auf Anhieb den Serviços de Finanças und sogar einen Parkplatz direkt vor dem Haus. Merkwürdigerweise gibt es hier heute keinen Automaten, aus dem man eine Nummer ziehen könnte. Man verständigt sich mit Blickkontakt und Handzeichen.
Wir stellen fest: Es sind nur drei Personen vor uns – das könnten wir also bis 16 Uhr schaffen. Man kann sitzen, es ist für Wartestühle gesorgt. Der Sitzplatz ist auch nötig. Denn wie in jedem Finanzamt auf der Welt arbeiten Beamte bekanntlich langsam. Das gilt auch für portugiesische Beamte, und das bedeutet, man verfährt nach dem Motto: »Wenn es heut’ nicht geht, dann geht es eben morgen.« Beziehungsweise in drei Tagen, denn heute ist Freitag.
Wir waren dennoch nach etwa 45 Minuten an der Reihe, wobei uns auffiel: Die »Kundin« vor uns wurde in unziemlicher Hast, ja beinahe in Windeseile abgefertigt. Als wir direkt am Schalter sitzen, erfahren wir dann den Grund: »Unser PC-System ist leider abgestürzt. Wir können auf keinerlei Daten zugreifen und auch keine neuen anlegen. Bitte kommen Sie doch am Montag wieder.«
Das war Anlauf Nummer eins. Eigentlich nur ein halber Anlauf.
Anlauf Nummer zwei.
Das Wochenende ist vorbei, es ist Montag. António und ich sind extra früh aufgestanden und bereits um Viertel nach neun in der Behörde. Es sieht nicht gut aus. Die Menschenschlange reicht bis auf die Straße hinaus. Wir schauen uns kurz an, zucken resigniert die Schultern, parken gar nicht erst ein, sondern fahren lieber gleich ins nächste Café: bica beziehungsweise meia de leite , zwei pastéis de nata, und dann bringe ich António zum Bahnhof – er muss arbeiten. Der
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