Kann denn Fado fade sein?
hier abgesperrt?«, will ich von António wissen. »Und was soll der Sand auf der Straße?«
»Weil hier nachher ein Stier durch die Straße getrieben wird – und jeder kann versuchen, mit ihm zu spielen.«
»Wie bitte – spielen? Ist das denn nicht gefährlich?«
António zuckt mit den Schultern. »Wenn man nicht aufpasst, schon. Aber es passen schon alle auf!«
»Ja, aber …?«
»Mach dir keine Sorgen, hier ist noch nie was passiert. Freu dich lieber: Wir beide gehen nachher in die praça de toiros – dein erster Stierkampf, querida !«
Schon beim Kauf der Eintrittskarten steigt die Spannung. Und die Stimmung. Direkt an der praça de toiros , neben der bilheteira , ist die Bar der Forcados Amadores de Coruche , der Gruppe, der einst auch António angehörte. Großes Hallo, denn man kennt sich. Immer noch, nach den vielen Jahren. Man lädt uns gleich ein, sorgt für einen Sitzplatz und dann – bin ich erst mal abgemeldet.
Es ist für einen perfekt Portugiesisch sprechenden Menschen schon schwer, mit einem Ur-Portugiesen durch eine fremde Stadt zu laufen, wenn der andere alle fünf Meter entweder einen alten Schulfreund oder eine Cousine oder sonst wen trifft.
Es ist bekannt, dass Portugiesen ein gewisses Sprachtempo haben. Schlimmer noch verhält es sich mit dem Portugiesen, der nach zehn Jahren zum ersten Mal wieder die festas »seiner« Stadt mitmacht. Er redet wie ein Schnellfeuergewehr.
Wenn man, wie ich, gerade nur in diese Sprache hineingeschnuppert hat, versteht man absolut nichts. Okay – vielleicht jedes zwanzigste Wort. Das aber reicht nicht aus, um auch nur irgendetwas mitzubekommen. Zum Glück treffen wir an der Bar einen Cousin Antónios, zweiten oder dritten Grades, der in München lebt und Deutsch spricht. Nicht Bayerisch. Aber das will ich auch nicht verlangen. Hauptsache, Alfredo bleibt in meiner Nähe.
Es ist faszinierend, dem bunten Treiben zuzuschauen. Da stehen alte und junge campinos . Sie wirken gar nicht wie echte Kerle, sondern eher ein bisschen lächerlich und damit irritierend auf mich: Sie haben ein grünes Mützchen auf, es sieht ein bisschen aus wie eine umgekippte Gartenzwerg-Zipfelmütze, mit einem ebenfalls grünen Bommel dran. Dazu rote Westen, weißes Hemd, schwarze Kniehose, schwarze Jacke. Prächtig mit Mustern verzierte weiße gestrickte Strümpfe, schwarze Schuhe mit Sporen.
»Das sind«, so klärt mich Antónios Cousin Alfredo auf, »Hirten zu Pferd. Heute tragen sie ihre Festtracht, im Arbeitsalltag sehen sie nicht so schick aus!«
»Und was tun die?«
»Sie sorgen dafür, dass der Stier in die Arena geht, und sie holen ihn am Ende der corrida auch wieder heraus.«
Mittlerweile drängt sich eine große Menschenmenge am »Bauzaun«, an der abgesperrten Hauptstraße von Coruche. Auch campinos sind zu sehen, hoch zu Ross – sie sind ganz und gar nicht so edel angezogen wie die, die sich an der Tertúlia , so heißt die Bar der forcados in Coruche, versammelt haben. Sie sind ja auch zum Arbeiten da!
Lässig sitzen sie im Sattel, ich fühle mich ein wenig an Cowboys aus einem Wildwestfilm erinnert. Allerdings tragen sie keine Revolver und keinen breitkrempigen Stetson. Sondern halten einen langen Stab in der Hand und tragen eine ganz normale Kappe auf dem Kopf. Keine Jeans, sondern graue Stoffhosen und Hosenträger. Aber wenigstens Stiefel. »Echte botas ribatejanas «, wie António mir versichert. Er kennt sich aus, er hat auch welche zu Hause, und die sind sein Heiligtum. Obwohl sie schon ein wenig abgetreten und fleckig sind. (»Das ist ja gerade das Gute und Echte daran!«)
Ich habe ja keine Ahnung von so etwas.
Die Hauptstraße in Coruche ist ein paar Hundert Meter lang. Plötzlich geht ein Raunen durch die Menge, vom anderen Ende hört man Gekreische und Gelächter, dumpfes Gestampfe: Der erste Stier jagt die Straße entlang, hält immer wieder mal an und schnaubt. Beugt den Kopf und sucht den Angriff – aber vergeblich: Die jungen Männer, die sich vor ihn wagen, laufen schnell – und sie springen flugs wieder über den Zaun, in Sicherheit, wenn ihnen das Tier zu nahe kommt.
Zwei campinos reiten gemütlich hinter dem Bullen her, treiben ihn langsam die Straße entlang. Am anderen Ende wartet ein weiterer »Cowboy«, öffnet das Gatter, und der Stier darf wieder in den Wagen und auf die Weide.
»War das jetzt alles?«
»Ja«, sagt António. »Ein, zwei weitere werden schon noch kommen, aber lass uns mal lieber in die Arena gehen.«
Schon neben
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