Kann denn Fado fade sein?
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Der Tierschutz steht in Portugal nicht hoch im Kurs. Tiere werden nicht als Lebewesen betrachtet, sondern als »Dinge«, die man wegwirft, entsorgt, tötet, wenn man sie nicht mehr braucht. Tausende Hunde werden in engen Zwingern gehalten, liegen tagaus tagein in der prallen Sonne, an einer viel zu kurzen Kette, ohne jeglichen Auslauf, gerade dass man ihnen einen Napf Wasser hinstellt. Als Futter gibt es Essensreste, Knochen, Abfall.
Viele Residenten engagieren sich deshalb für Tiere, eröffnen private Heime, vermitteln Straßenhunde zu neuen Besitzern nach Deutschland, kümmern sich um die medizinische Versorgung von Streunerkatzen. Manche portugiesischen Tierärzte und Gemeinden bieten kostenlos Kastration und Impfung an. Und selbstverständlich werden auch in Portugal bei vielen Menschen Hunde oder Katzen als Familienmitglieder betrachtet.
Helfen kann man immer nur in Einzelfällen. Vielleicht setzt sich auf lange Sicht in Portugal der Gedanke eines besseren Tierschutzes durch. Aber noch ist die Situation schlimm.
Giò kommt genau am 1. April in unser Haus, aber er ist ganz bestimmt kein Aprilscherz. Ein verschüchterter Mischling, ein knappes halbes Jahr alt, im Tierheim geboren. António und ich sind spontan zur Fundação São Francisco de Assis gefahren, zur Stiftung des heiligen Franz von Assisi, einem privaten Tierheim in Murches, in der Nähe von Cascais, in dem Petra sich engagiert. Leider ist sie heute nicht da, aber wir können uns umschauen. Es tut uns beiden in der Seele weh, wenn wir all die Tiere sehen.
Sie sind zwar in großen Zwingern untergebracht – auf vierzig oder fünfzig Quadratmetern, aber da tummeln sich dann fünfundzwanzig oder dreißig Hunde. Sie haben kaum Auslauf, keine Wiese, nur Betonboden. Ein Teil des Zwingers ist überdacht, so sind sie wenigstens vor Regen und Sonne geschützt. Und das in einem privaten Heim, das sich wirklich bemüht, die Tiere pfleglich zu behandeln, möglichst schnell neue Besitzer zu finden! Ich möchte mir nicht vorstellen müssen, wie es im öffentlichen canil aussieht …
Ein Hundemädchen soll es sein, finde ich. António möchte lieber einen kleinen Rüden. In Deutschland habe ich beides schon einmal gehabt, und für mich ist klar: Hundemädels sind einfacher zu handhaben. Rüden dagegen wollen immer wieder, jeden Tag aufs Neue, austesten: Wer ist der Boss im Haus? Hundemädchen hingegen – so meine Erfahrung – haben das nicht nötig. Sie geben ohnehin den Ton an, müssen das aber nicht dauernd unter Beweis stellen, sondern schmusen ihr Frauchen (und das Herrchen) einfach nieder.
Durchs Gitter draußen vor dem Zwinger haben wir uns zwar ein Mädchen ausgesucht. Aber als wir dann in die Innenräume kommen, hat uns der Pfleger doch einen kleinen Rüden herausgeholt. Völlig verängstigt, mit großen braunen, treuen Augen. Sehr flehentlich und damit überzeugend blickenden Augen. Wir können nicht widerstehen. Ist ja wohl klar, dass man den Kleinen nicht einfach wieder zurückschickt!
Die Formalitäten sind schnell erledigt. Wir bekommen den Impfpass ausgehändigt, gechipt ist unser neuer Hausgefährte schon. Nach den Dokumenten war die Mutter ein lobo de alscácia – so nennt man in Portugal den deutschen Schäferhund. Vater: unbekannt. Der Kleine hat im Impfpass auch schon einen Namen eingetragen: Er heißt »Vui« – hm, klingt fast wie »Pfui«, und das passt überhaupt nicht zu dem Süßen. Auch wenn er wie ein schmutziges Schweinchen stinkt. Im Zwinger war es nicht sehr sauber, da wird ein- oder zweimal am Tag mit dem Wasserschlauch durchgespritzt, mehr nicht.
Weil sein »Duft« so intensiv ist wie das Eau de Toilette, das António gerade bevorzugt, nennen wir das Hundchen nach langem Überlegen – Giò. Immerhin: Giorgio Armani als Taufpate, das ist doch edel, oder?
Giò ist Hund Nummer eins. Der chefe , selbst wenn man das anfangs wirklich nicht vermuten kann. Im Gegenteil.
Die ersten Tage, mit neuem Halsband versehen, sitzt er ausschließlich ängstlich-misstrauisch unter einem Strauch in der Nähe unserer Terrasse. Nur wenn wir ins Haus gehen, lugt er ein bisschen hervor.
Fressen oder trinken? Keine Spur. Hin und wieder ein Stückchen Trockenfutter. Erst als António kocht und dabei ein bisschen Brühe mit Reis abfällt, lässt sich unser kleiner Vierbeiner zum Essen herab. Zunächst skeptisch, dann überzeugt verfressen.
Es dauert lange, bis Giò Vertrauen fasst. Wochen, eigentlich Monate. Selbst als er
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