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Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Titel: Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Wolf
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antworte ich stur. Auf ihren Ton lasse ich mich gar nicht erst ein.
    »Ich will nichts von Andy. Er ist süß, aber eben nichts für mich.«
    »Der Typ liebt dich, und zwar schon lange – das sieht doch ein Blinder!«
    »Ich werde ihn aber bestimmt nicht aus Mitleid nehmen!«, erwidert Nina schnippisch.
    Langsam werde ich sauer. Am liebsten würde ich ihr diese Streifen von ihrer Haut abziehen, nämlich ganz langsam, jeden einzelnen. Die Depiladora hingegen arbeitet sich gerade zügig zu Ninas Bikinizone vor.
    »Es ist ganz schmeichelhaft und alles, das gebe ich ja zu …« Ratsch! Ihre Augen füllen sich mit Tränen. Ha! Ist sie also doch nicht so tough, wie sie gerne tut! Wenigstens ein Bikiniwaxing lässt noch Schwächen erkennen »… aber er ist nicht mein Typ. Lass es einfach bleiben, Vicky!«
    »Okay«, seufze ich. Aber insgeheim denke ich: Wir werden noch sehen.
    »Aber genug von mir: Was hast du eigentlich für ein Problem?«, erinnert sich Nina plötzlich, woraufhin ich ihr meine Zwickmühle schildere.
    »Hm, ist doch ganz klar«, sagt sie danach. »Du wirst zur Stunning Looks gehen.«
    »Wieso?«
    »Wieso? Weil ich dich kenne, Victoria Schäfer, und weiß, dass du neugierig wie ein Waschbär vor der vollen Mülltonne bist. Auch auf die Gefahr hin, dass du anstatt Resten vom Sonntagsbraten eine vollgeschissene Kinderwindel findest, wirst du doch nicht eher Ruhe geben, bevor du mit deinem Rüssel auf den Grund der Tonne vorgestoßen bist!«
    »Und was, wenn die Stunning Looks die vollgeschissene Windel ist?«, frage ich nachdenklich.
    »Dann wird man aus Ihnen eine hübsche Waschbärpelzmütze machen!«, erklärt die Depiladora und reißt mit Schmackes den letzten Wachsstreifen von Ninas Bikinzone.

Ach, wie gut, dass niemand weiß …
     
    Ich sitze seit einer geschlagenen Stunde auf meinem Bett, betrachte Caruso, wie er im Schlaf mit den Pfoten zuckt und im Traum wahrscheinlich gerade der frechen Nachbarskatze hinterherjagt. Dabei überlege ich, ob ich den mehr oder weniger sinnlosen Termin bei meinem Berufsberater wahrnehmen oder mich von einer Reihe arroganter Zicken in Jimmy Choos erniedrigen lassen soll. Also entweder Jeans und T-Shirt oder meine neue weiße Bluse von H&M, enge schwarze Röhrenjeans und meine High Heels von Zara, die fast so aussehen wie von Manolo Blahnik.
    Um kurz vor eins ist klar: Ich bin tatsächlich ein Waschbär, allerdings ein durchaus ansehnlicher, und stehe gestylt vor dem Lift, der mich zur Redaktion der Stunning Looks hinaufbringt. Bis zur Pelzmütze ist es nicht mehr weit, das ist mir klar, aber vielleicht darf ich ja dann wenigstens einen hübschen Männerkopf wärmen, so wie den von Jan zum Beispiel. Oh, habe ich gerade Jan gedacht? Die Fahrstuhltüren gleiten auseinander, und wie üblich falle ich völlig verwirrt heraus. Heute sitzt anstatt der penetranten Frau Jung vom letzten Mal eine andere Dame am Empfang.
    »Guten Tag, mein Name ist Schäfer. Ich habe einen Termin bei Frau Kern.« Die Empfangsdame nickt und erklärt mir den Weg. Jaja, weiß ich doch alles. Ich gehe die längst vertrauten Flure entlang und versuche mir auszumalen, was mein Berufsberater wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass mein vorgeschobener Magen-Darm-Infekt Evelyn Kern heißt. Und da stehe ich wieder vor dem Büro der Chefredakteurin und klopfe laut und selbstbewusst an.
    »Herein.«
    Ich öffne die Tür, und sofort richten sich drei Augenpaare auf mich. Damit hatte ich nicht gerechnet.
    »Hallo, ich habe einen Termin …«
    »Ja, genau.« Frau Kern winkt mich ins Zimmer. »Frau Schäfer, das hier ist Herr Waldstätt, mein Stellvertreter, und das hier ist Frau Haag, eine meiner Redakteurinnen. Sie kennen sich ja bereits.« Julia! Diese Schlange!
    Doch ehe ich ihr den Hals umdrehen kann, ergreift Herr Waldstätt meine Hand. »Sehr erfreut. Schön, dass ich Sie endlich persönlich kennenlerne, nachdem ich schon so viel von Ihnen gehört habe.«
    »Ach ja?«, entfährt es mir verwundert. Julia lächelt frostig. »Hören Sie«, beginne ich zu erklären, »das Ganze tut mir wirklich leid! Ich hätte einfach meinen Job machen und Ihre Büros putzen sollen, anstatt diese Kolumne zu schreiben. Ich habe mich in fremde Angelegenheiten eingemischt, und das war nicht in Ordnung.«
    Herr Waldstätt hebt erstaunt die Augenbrauen, dann lacht er plötzlich dröhnend los. »Oh, Sie haben Humor, wie ich sehe. Die Büros geputzt! Hahaha! Sehr witzig, junge Dame! Hahaha!«
    »Frau Schäfer ist eine sehr

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