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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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kommen von Myrelion, und deshalb ist Ihnen das hier nicht vertraut«, sagte Fredrik, und Valdorian glaubte, bei diesen Worten einen subtilen Unterton in der Stimme des Mannes zu hören, der ihm nicht gefiel. Er wechselte einen unauffälligen Blick mit Jonathan und sah in den Augen seines Sekretärs die eigenen Annahmen bestätigt: Fredrik war intelligenter, als ihnen lieb sein konnte.
    »Die Kuakah spannen ihre Netze kurz vor dem Großen Regen, weil ihnen danach nicht genug Zeit dafür bleibt. Sie fangen damit die so genannten Noadi, die nur unmittelbar nach dem zyklischen Regen fliegen. Sehen Sie nur!« Er streckte den Arm aus.
    Valdorian trat einen weiteren Schritt vor, wahrte aber einen respektvollen Abstand zum Felsrand. Von dort ging es noch immer mehr als fünfzig Meter in die Tiefe, bis zum Flutwasser, das tosend und donnernd durch die Schlucht schoss. Links, hunderte von Metern entfernt, tauchte eine honiggelbe Wolke hinter einer Biegung auf, wuchs immer mehr und dehnte sich in der Schlucht aus. Als sie sich näherte, sah Valdorian, dass sie aus zahllosen winzigen Insektoiden bestand, und viele von ihnen verfingen sich in den Netzen.
    »Wie Plankton«, sagte Jonathan leise. »Wie Plankton in der Luft.«
    »Könnte man meinen, obwohl es Pterygoten sind, die sich sehr schnell bewegen«, erwiderte Fredrik und bewies ein für einen Subalternen erstaunliches Wissen, indem er hinzufügte: »Und unsere ›Wale‹ sind klein und haben Federn.«
    Valdorian legte den Kopf in den Nacken und blickte nach oben, als er ein Zirpen und Zwitschern hörte, das immer mehr anschwoll und noch lauter wurde als das Donnern des Flutstroms. Dutzende von Kuakah kamen aus den wespennestartigen Knollen, die er bei seinem Sturz in die Schlucht gesehen hatte, breiteten ihre bunten Schwingen aus und segelten durch die gelbe Wolke.
    »Für Klipp und die anderen sind die Noadi eine Köstlichkeit«, sagte Fredrik. »Mit ihren Netzen fangen sie genug Nahrung für Monate. Für uns Menschen aber können diese Tierchen recht lästig werden.«
    Das merkte Valdorian, als die ersten Insektoiden heran waren. Der Hauptschwarm setzte den Flug durch die Schlucht fort, aber kleine Wolken beschlossen, die Höhlen zu erforschen. Winzige gelbe Wesen krochen in Ärmel, Hosenbeine und Nasenlöcher, landeten in Augen und Ohren, verursachten einen Juckreiz, der mit jeder verstreichenden Sekunde unangenehmer wurde.
    »Treten Sie zurück«, sagte Frederik. Jonathan und Valdorian kamen seiner Aufforderung nach, und der Kustode holte ein kleines Gerät hervor, betätigte die Kontrollen. Ein Energievorhang entstand im Zugang der Höhle und hielt die Noadi von ihnen fern.
    Frederik deutete zum Ambientalmodul, in dem Wärme, Licht und Komfort auf sie warteten.
    »Lassen Sie uns dort Platz nehmen. Wenn der Schwarm vorbei ist und die Kuakah ihre Netze eingeholt haben, fliegen wir zur Station bei der Anomalie – sie ist nicht weit von hier entfernt. Von dort aus können Sie sich mit Ihren Kommandeuren in Verbindung setzen.« Er lächelte. »Es dauert nur zwei oder drei Stunden. Zeit genug, um über den Kampf im All zu sprechen. Und über Myrelion. Wissen Sie, ich bin einmal dort gewesen …«
     
    Er weiß Bescheid, dachte Valdorian, als die Levitatoren das mobile Ambientalmodul durch die Schlucht trugen, an tausend Metern hohen Felswänden empor. Es spannten sich keine Netze mehr in ihr; wer jetzt vom Himmel fiel, stürzte in den sicheren Tod.
    Zusammen mit Jonathan saß er in dem Raum, der die Kontrollen für alle technischen Systeme enthielt, während das Ambientalmodul aufstieg und mit Lichtfingern über die jetzt dunklen Felswände tastete. Hier und dort glühte es in der Dunkelheit der Nacht: Von den Kuakah eingefangene Leuchtkäfer dienten den vogelartigen Geschöpfen als natürliche Lampen. Durch die Fenster sah Valdorian nicht nur die Nestknollen der Kuakah, sondern auch Reste ihrer Netze, erschlafft an der Felswand, befestigt an Zapfen, die fast einen Meter weit aus der Schluchtwand ragten. Gegen einen solchen Zapfen musste er gestoßen sein, fest genug, dass das Helmvisier gesplittert war. Einmal mehr dachte er daran, dass Jonathan und er enormes Glück gehabt hatten. Viel mehr Glück als Cordoban.
    Aber das konnte sich schnell ändern.
    Valdorian wechselte einen stummen Blick mit seinem Sekretär und sah dann wieder zu Fredrik, der das Ambientalmodul – ein fliegendes Haus – in die Höhe steuerte. Er hatte all die Dinge aus seinem Gedächtnis gezerrt, die

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