Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
sah ihn an.
»Sie wollen Ihren Jungen?«
Burn nickte.
»Ich helfe Ihnen, wenn Sie eine Sache für mich tun.«
»Was?«
»Sie überlassen es mir, ihn zu bearbeiten.« Er stieß den Kopf nach hinten zum Kofferraum. »Ihn zum Reden zu bringen. Das mache ich.«
Burn nickte. »Abgemacht.« Er ließ den Wagen an und fuhr in hohem Tempo los, hatte den Revolver zwischen seinen Sitz und die Tür geklemmt.
Benny Mongrel fand, dass vielleicht doch alles ganz okay war. Vielleicht hatte der Amerikaner ihm ja einen Gefallen getan. Dem fetten Bullen die Kehle durchzuschneiden war viel zu einfach. Jetzt hatte er die Chance, sich Zeit zu lassen, die Foltertechniken sinnvoll einzusetzen, die er im Gefängnis verfeinert hatte.
Darauf freute er sich.
Burn fuhr zu seinem Haus zurück, kämpfte mit dem Schaltknüppel und den Gängen. Seit der Ankunft in Kapstadt hatte er lediglich den Jeep mit seiner Automatikschaltung gefahren. Dann bekam er so langsam den Bogen heraus, spürte, wie Hirn und Muskeln besser kooperierten.
Als er den unauffälligen braunen Ford durch den Verkehr auf der Greenpoint Main Road manövrierte, dachte er über seinen Beifahrer nach. Der Nachtwächter saß absolut bewegungslos da, starrte stur geradeaus. Vielleicht war es das, was man im Gefängnis lernte: vollkommen im Jetzt zu leben. Die Energie für den Augenblick sparen, in dem sie gebraucht wurde, und in Standby zu gehen, wenn man eine scheinbar endlose Abfolge von Tagen vor sich hatte. Burn wusste, dass ihm genau diese Lektionen bald selbst bevorstehen konnten.
Irgendwie machte es ihm nichts mehr aus. Er fühlte sich zum ersten Mal in seinem Leben von sich selbst distanziert, von seinem Ego und seinen Wünschen. Er verstand, wie geistlos, wie unreif und wie oberflächlich die meisten seiner Bedürfnisse gewesen waren. Jetzt interessierte ihn nur noch eines: Er war ganz und gar darauf konzentriert, seinen Sohn zu retten. Falls ihm dies gelingen sollte, würde er völlig ruhig auf die ungewisse Zukunft zugehen, die ihn erwarten mochte.
Burn schaltete in den zweiten Gang hinunter, als er nach Glengariff abbog. Der Wagen war überladen, und er spürte, wie der Auspuff unter dem Gewicht des massigen Mannes im Kofferraum über den Boden schrammte. Burn musste auskuppeln und in den ersten Gang zurückschalten, damit der Wagen überhaupt bergan fuhr.
Der Nachtwächter lachte, ohne dass ein Laut über seine Lippen kam.
Vielleicht war das ein weiterer Trick, den man im Gefängnis lernte.
Barnard kämpfte um Luft. Der Auspuff des Fords war löchrig, giftige Abgase drangen in den Kofferraum, und er kam sich vor, als werde er vergast. Sein Bein pochte, er spürte deutlich, wie das Blut sich in einer Lache unter ihm sammelte. Er hatte den Amerikaner unterschätzt, hatte nicht gedacht, dass er so viel Mumm hatte abzudrücken.
Barnard verfluchte sich für seine Dummheit. Er war sich seiner Sache einfach zu sicher gewesen. Da draußen auf den Cape Flats hatte er es gewöhnlich mit Leuten zu tun, die eine Riesenangst davor hatten, sich ihm in den Weg zu stellen. Aber er schwor sich, dem Amerikaner und dem Mischling nichts zu sagen. Sie hatten eine unheilige Allianz gebildet, aber sie würden ihn nicht brechen.
Der Wagen erwischte ein Schlagloch, Stirn und Nase krachten gegen den Kofferraumdeckel. Er spürte Blut aus seiner Nase in seinen Hals laufen. Er konnte den Kopf nicht bewegen, war eingekeilt wie ein Hackbraten in seiner Form. Das Blut in Verbindung mit den Abgasen überzeugte ihn, dass es bald so weit sein würde. Er würde sterben. Die große Ironie war nur, dass ihm der Sportbeutel voller Geld, seiner Fahrkarte in ein neues Leben, schmerzhaft gegen die Rippen drückte und er im Kofferraum gefangen war.
Er versuchte, langsamer zu atmen, ruhiger, betete zu Gott. Aus irgendeinem Grund kam es ihm so vor, als sei Gott sehr weit weg.
Der Ford parkte in Burns Garage. Der fette Bulle lag immer noch im Kofferraum. Das stählerne Tor war unten, und es war sehr still in dem Raum, die Welt draußen weit weg. Nicht einmal die Rufe der Männer, die sich auf der Baustelle Backsteine zuwarfen, drangen bis in die Garage.
Benny Mongrel hatte sehr präzise Vorstellungen. Er brauchte einen Küchenstuhl, der solide genug war, um das Gewicht des fetten Bullen zu tragen, ein Stück Nylonseil, ein paar alte Lappen, Zeitungspapier, Müllsäcke und Klebeband.
Und er brauchte sein Messer.
Burn zögerte einen Moment, dachte über diesen Wunsch nach, dann griff er in seine
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