Kapitaen Bykow
leben
»Rutsch doch mal ein Stück, Wolodja«, sagte Michail Antonowitsch, »dir sitzt ja schon mein Ellbogen in den Rippen. Wenn wir nun plötzlich hart beschleunigen müssen ...«
»Liebend gern würd ich rutschen«, erwiderte Jurkowski, »wenn ich nur wüsste, wohin. Erstaunlich, wie eng es hier ist. Wer hat denn diesen ... äh ... diesen Apparat konstruiert?«
»Was weiß ich. Na, schon gut, Wolodja ...«
In dem Kosmoskaph war es tatsächlich sehr eng. Die kleine runde Rakete war für eine Person gedacht, doch gewöhnlich flogen sie zu zweit. Und nicht genug damit, hatte die Besatzung laut Sicherheitsvorschrift bei ihren Arbeiten über dem Ring einen Skaphander mit zurückgeschlagenem Helm zu tragen. Zu zweit in Skaphandern, die Helme auf dem Rücken, konnte man kein Glied rühren. Michail Antonowitsch saß wenigstens in dem bequemen Pilotensitz mit den breiten, weichen Riemen, Wolodja aber musste, so leid es seinem Freund tat, zusammengekrümmt zwischen Regenerator und Bombenabwurfpult kauern.
Jurkowski, das Gesicht gegen das Binokular gepresst, klickte von Zeit zu Zeit mit dem Fotoapparat. »Brems ein bisschen ab, Mischa«, bat er. »So ist’s gut ... halt an ... Meine Güte, ist das hier unbequem ...«
Michail Antonowitsch, der den Steuerknüppel mit ausgesprochenem Vergnügen handhabte, schaute unverwandt auf den Schirm des Teleprojektors. Der Kosmoskaph schwebte langsam dahin, fünfundzwanzig Kilometer vom Ring entfernt. Vor ihnen hing, einer gigantischen blassgelben Sichel gleich, verschwommen der Saturn. Weiter unten zog sich zu beiden Seiten ein flaches glitzerndes Feld hin. In der Ferne war dieses Feld in grünlichen Dunst gehüllt, und es schien, als sei der riesige Planet in zwei Hälften gespalten. Direkt unter dem Kosmoskaph aber schwammen träge Gesteinsbrocken vorbei: kantige Splitter, die in allen Regenbogenfarben schillerten, kleine Steine, funkelnde Staubkörnchen. Hin und wieder war inmitten dieses Steingewimmels eine seltsam kreisende Bewegung zu erkennen, und dann sagte Jurkowski jedes Mal: »Brems ein bisschen ab, Michail. Ja, so ...« und drückte mehrmals auf den Auslöser seines Apparats. Diese eigentümlichen, ihm unverständlichen Bewegungen fesselten seine Aufmerksamkeit. Der Ring bestand also nicht aus einer bloßen Anhäufung von Steinen, die im Inertialflug um den Saturn kreisten, sondern besaß sein eigenes, unerforschtes Leben. Den Gesetzmäßigkeiten dieses Lebens aber galt es auf die Spur zu kommen.
Michail Antonowitsch war glücklich. Liebevoll strich er über den Steuerknüppel, spürte voller Genugtuung, wie die Rakete gehorsam auf jede Bewegung seiner Finger reagierte. Was war das doch für ein herrliches Gefühl, ein Raumschiff ohne automatische Steuerung zu fliegen, ohne die übliche Elektronik, Bionik und Kybernetik, ganz auf sich allein gestellt, trunken von grenzenlosem Vertrauen in die eigene Kraft; zu wissen, dass es zwischen sich und dem Fahrzeug einzig diesen nachgiebigen, bequem zu fassenden Steuerknüppel gab; nicht mehr mit der gewohnten Willensanstrengung den Gedanken in sich unterdrücken zu müssen, dass eine zwar gebändigte, deswegen aber nicht weniger furchtbare Kraft unter einem pulste, die imstande war, einen ganzen Planeten zu Staub zu zermahlen. Michail Antonowitsch besaß eine reiche Phantasie und war auch stets ein wenig konservativ gewesen. Verglichen mit dem Photonenriesen Tachmasib und ähnlichen Giganten, mit denen er es in den fünfundzwanzig Jahren seiner Tätigkeit als Navigator zu tun gehabt hatte, erschien ihm der langsame Kosmoskaph mit seinen nicht allzu starken Triebwerken ausgesprochen behaglich und heimisch.
Zudem versetzte ihn das diamantenähnliche, in allen Regenbogenfarben schillernde Gestein des Rings wieder einmal in stille Verzückung. Er hatte schon immer eine Schwäche für den Saturn und dessen Ringe gehabt, und der Ring war ausgesprochen schön. Viel schöner, als es Michail Antonowitsch je hätte in Worte kleiden können. Was nicht sein Verlangen minderte, jedes Mal über den Ring zu sprechen, wenn er ihn erblickte.
»Eine eigenartige Schönheit«, sagte er schließlich. »Dieses Schillern überall. Ich bin vielleicht nicht imstande ...«
»Brems doch mal ab, Mischa«, bat Jurkowski.
Michail Antonowitsch tat es.
»Es gibt ja Mondsüchtige«, sagte er. »Ich meinerseits habe eine Schwäche ...«
»Brems noch mehr ab«, forderte Jurkowski.
Michail Antonowitsch verstummte und verringerte das Tempo. Jurkowski
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