Kapitaen Bykow
stellte ihn zwischen die Knie. Der Crawler setzte sich in Bewegung.
»Ich war gestern Abend furchtbar erschrocken, als Sie so ohne jede Begleitung losliefen«, gestand Natascha. »Hat Sergej Sie bald eingeholt?«
»Sergej?« Er sah sie an. »Hm ... ja ... schon bald. Es war eine gute Idee.«
Sie schwiegen eine Weile. Etwa fünfhundert Meter links von ihnen fuhren die Panzer, hinterließen über der Wüste eine dicke, reglose Wand aus Staub.
»Die Beratung war interessant, finden Sie nicht?«, sagte Natascha.
»Sehr interessant«, bestätigte Rybkin. »Aber das mit der Alten Basis ist merkwürdig.«
»Ich war mit den Jungs mehrfach dort«, sagte Natascha, »schon als unser Observatorium errichtet wurde. Ich konnte nichts Besonderes feststellen. Zementplatten, die inzwischen voller Risse und mit Saksaul durchwachsen sind. Glauben Sie auch, dass die Egel da herauskriechen?«
»Ich bin überzeugt davon«, erwiderte Rybkin. »Dort befindet sich ein riesiges Nest von Egeln. Und zwar in einer gewaltigen Kaverne, die sich unter dem Hügel gebildet hat. Die aber ist höchstwahrscheinlich mit anderen unterirdischen Hohlräumen verbunden. Allerdings habe ich diese Gänge nicht gefunden.«
Natascha sah ihn entsetzt an, und der Crawler machte einen Schlenker. Rechter Hand wurde zwischen den Dünen der Blick auf das Observatorium frei. Auf dem Beobachtungsplatz stand, hochaufgerichtet wie ein Pfosten, Matti und winkte. Felix winkte höflich zurück. Die Kuppeln und Gebäude der Warmen Syrte waren nun hinter dem nahen Horizont verschwunden.
»Haben Sie denn gar keine Angst vor den Egeln?«, fragte Natascha.
»Und ob ich Angst habe«, erwiderte Rybkin. »Manchmal könnte einem direkt übel werden, so schrecklich sind sie. Sie müssten bloß mal ihre Rachen sehn. Allerdings sind die Egel noch feiger als unsereins.«
»Wissen Sie, Felix«, sagte Natascha und schaute starr geradeaus, »Matti ist der Auffassung, Sie seien ein seltsamer Mensch. Und ich teile seine Meinung.«
Rybkin lachte. »Sie schmeicheln mir«, sagte er. »Es muss Ihnen ja seltsam vorkommen, dass ich mich immer spätabends bei Ihnen im Observatorium einfinde, nur um eine Tasse Kaffee zu trinken. Doch tagsüber kann ich es nicht einrichten, da bin ich beschäftigt. An den meisten Abenden übrigens auch. Aber wenn ich Zeit habe, komme ich gern zu Ihnen.«
Natascha spürte, dass sie rot wurde. Doch der Crawler war bereits am Fuß des flachen Hügels angelangt, jenes Hügels, der auf den Marskarten als gekrümmtes Oval mit der Markierung 211 eingezeichnet war. Auf der Hügelkuppe, inmitten ungleichmäßiger grauer Gesteinsbrocken, wimmelte es bereits von Leuten.
Natascha parkte den Crawler ein ganzes Stück entfernt von den Wüstenpanzern und stellte den Motor ab. Rybkin war bereits ausgestiegen, er sah sie ernst an und streckte ihr die Hand entgegen.
»Danke, es geht schon«, murmelte Natascha, stützte sich aber dennoch auf seine Hand.
Nun befanden sie sich inmitten der Ruinen der Alten Basis. Sie wirkten merkwürdig, diese Überreste: Man konnte absolut nicht erkennen, wie sie ursprünglich ausgesehen hatten, nicht einmal der Grundriss der Anlage war auszumachen. Zerbrochene Kuppeln auf Sechskantfundamenten, eingestürzte Gänge, Stapel von geborstenen Zementblöcken. Das alles war von Marsdisteln nur so überwuchert und versank in Staub und Sand. Hier und da gähnten unter den grauen Gewölben dunkle Abgründe. Einige von ihnen führten irgendwohin in eine tiefe, undurchdringliche Finsternis.
Über den Ruinen erscholl Stimmengewirr:
»Noch eine Kaverne! Dafür reicht unser Zement ja gar nicht!«
»Das ist vielleicht eine idiotische Anlage!«
»Was verlangt ihr denn von der Alten Basis?«
»Du meine Güte, Disteln über Disteln! Wie im Salzmoor ...«
»Dort nicht runterklettern, Willi!«
»Aber es ist leer, niemand zu entdecken ...«
»So fangt doch endlich mit der Vermessung an, Genossen!«
»Steh früher auf, Wolodja, wir haben schon längst damit begonnen.«
»Seht mal, hier sind Schuhabdrücke!«
»Ja wirklich, hier scheint jemand gewesen zu sein ... Dort sind noch mehr.«
»Wahrscheinlich die Fährtensucher.«
Natascha sah Rybkin an. Felix nickte. »Die Abdrücke sind von mir«, sagte er.
Plötzlich blieb er stehen, hockte sich hin, betrachtete etwas. »Hier, schaun Sie mal, Natascha.«
Natascha bückte sich. Aus einer Spalte im Zement hing ein dicker Distelstengel mit einer winzigen Blüte am Ende herab.
»Wunderschön!«, sagte
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