Kapital: Roman (German Edition)
mit Bohnen (es verging kein Tag, an dem nicht eines oder beide Yount-Kinder zu irgendeinem Zeitpunkt gebackene Bohnen aßen), noch eine Backkartoffel mit Käse, eine Hähnchen-Mais-Suppe, die sich die zu Besuch gekommenen Kinder teilen sollten, und eine Portion Spaghetti mit Pesto, die sie sich eigentlich mit dem anderen Kindermädchen hatte teilen wollen, bis sich herausstellte, dass diese nichts essen konnte, was Mehl enthielt. Also aß Matya die Spaghetti allein und machte ihrem Gast ein Omelett. Gleichzeitig waren zwei der Jungen damit beschäftigt, eine riesige Sauerei mit Fingerfarben zu veranstalten. Matya war mit zehn oder elf Dingen gleichzeitig beschäftigt und sah nicht aus wie eine Frau, die es begrüßen würde, wenn man ihr den Hof machte. Sie hätte wahrscheinlich jeden Versuch, mit ihr zu flirten, als Zumutung, wenn nicht gar als Provokation empfunden. Immerhin erhaschte er einen Blick auf ihren Hintern, als sie sich mit einem Lappen in der linken und dem Handy in der rechten Hand vorbeugte, um Speisereste vom Tisch zu wischen. Das hatte den Effekt, dass Zbigniew vollkommen vergaß, sich das Glas Wasser zu holen, das ihm als Vorwand für seinen Besuch in derKüche hatte dienen sollen. Um sechs ging Matya nach Hause. Er hörte, wie sich unten die Tür schloss. Um fünf nach sechs verließ auch er das Haus
Der zweite Tag verlief sehr ähnlich. Matya und die Jungen waren draußen im Freien, zwischendurch nur kurz zu Hause und dann direkt wieder draußen. Zbigniew ließ Vorsicht walten – falls er dasselbe Manöver wiederholte und wie zufällig nach unten kam, wenn sie da war, würde sie ihn vielleicht durchschauen. Er wollte auf keinen Fall verzweifelt wirken. Das Resultat dieser sehr vernünftigen Strategie war, dass er sie den ganzen Tag nicht zu Gesicht bekam. Er fuhr mit seinen Streicharbeiten fort, und zwischendurch schaute er ab und zu nach seinen Aktien. Er hatte zu diesem Zweck seinen Laptop dabei, auf dem immer noch das Passwort für den WLAN -Zugang der Younts gespeichert war. Um halb sechs hörte er auf zu arbeiten, schrieb noch eine E-Mail an seinen Bruder in Warschau und ging dann zurück in das andere Haus.
Der dritte Tag begann vielversprechend. Zbigniew kam um acht, als die Kinder zusammen mit ihrer Mutter und dem Kindermädchen noch beim Frühstück saßen. Also ging er direkt nach oben und begann mit der Arbeit. Er war seinem Zeitplan voraus, und wenn das ein normaler Job gewesen wäre, hätte er sich vielleicht entschlossen, vierzehn Stunden durchzuarbeiten, um alles fertig zu kriegen. Aber das hätte seinen Plan mit dem ungarischen Kindermädchen über den Haufen geworfen. Stattdessen würde er die Arbeit gleichmäßig auf zwei Tage verteilen. Er hatte hier schon oft gearbeitet und kannte sich mit den verschiedenen Geräuschen im Haus gut aus. So konnte er aus einigen von ihnen erkennen, dass Arabella sich jetzt von den Kindern verabschiedete, nach oben ging, duschte und sich anzog, dann mit erneuten Abschiedsrufen das Haus verließ, nur um im nächsten Moment wiederzukommen, um ihre Autoschlüssel zu holen. Dann aber ging sie wirklich. Es war ungefähr neun Uhr. Zbigniew konnte es von unten krachen, trippeln und lachen hören, was bedeutete, dass Matya und die Kinder noch zu Hause waren. Es sah auch nichtso aus, als würden sie bald gehen – es dauerte immer mindestens zwanzig Minuten, bis sie fertig waren, also gäbe es eine gewisse Vorwarnzeit. Ausgezeichnet. Endlich. Heute war sein Tag. Er würde noch ein paar Minuten warten und dann runtergehen und damit anfangen … womit auch immer es anzufangen galt. Er bereitete sich nicht besonders darauf vor, was er sagen würde – irgendetwas Unbefangenes, Spontanes, vielleicht ja auch etwas, das sich auf das bezog, was die Kinder gerade so trieben. Ja – die Kinder. Wie energiegeladen sie sind, toll! Oder so was in der Art. Irgendwann möchte ich auch Kinder haben, und ich hoffe, sie haben dann ein Kindermädchen, das genauso schön ist und sich auch über den Küchentisch beugt und – nein, das war wahrscheinlich keine so gute Idee. Ein wenig Smalltalk über die Kinder, ein Scherz und dann eine Einladung auf einen Drink nach der Arbeit. Ja. Und dann, gerade als Zbigniew im Begriff war, seinen gewagten und brillanten Plan in die Tat umzusetzen, geschah die Katastrophe. Von draußen erklang das Hupen eines Autos, es schellte an der Tür, die Tür wurde geöffnet, zwei Frauenstimmen sprachen in großer Lautstärke irgendeine fremde
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