Kapital: Roman (German Edition)
Wäsche, Friseurbesuche, Taxis, Klavierunterricht für Conrad, Schwimmunterricht für Conrad, Essen, Wein, Arabellas Fitnesstrainer und eine nicht enden wollende gigantische Flut von Rechnungen, die mit dem Haus zu tun hatten, Teppiche, Stühle, Küchengeräte und wer weiß nicht was, die Kosten für Conrads Vorschule und dann auch noch für Matya, die wunderschöne Matya, die Inkarnation der Schönheit, die aber durchaus nicht billig war, wenn man einmal zusammenrechnete, was die Younts für sie aufbringen mussten. Sie würden, wenn sie sie gehen ließen, einen ziemlichen Batzen Geld sparen.
Das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben hatte Roger bereits Anlass zur Sorge gegeben, als tatsächlich noch Einnahmenhereingekommen waren. Jetzt aber erlangte dieses Problem eine ganz neue Dimension. Sie waren mitten drin in der Apokalypse. Apocalypse Now. Das Geld wurde immer noch ausgegeben – es zerrann in gigantischen Strömen, wie aus einer geborstenen Wasserleitung – aber es kam nichts mehr herein. Null. Nix. Nada. Nicht die Bohne. Schicht im Schacht.
Dann gab es da ja noch die Möglichkeit, dass er sich einen Job suchte. Das war natürlich der erste Gedanke, der Roger gekommen war. Er würde nicht einfach nur faul auf seinem Hintern sitzen, das war nicht seine Art. Die Younts waren aus einem anderen Holz geschnitzt. Er rief einen alten Kumpel aus der Schulzeit an, der jetzt eine Headhunting-Firma leitete, und versuchte, seine Fühler auszustrecken. Aber dieses Experiment, bei dem er mal hatte schauen wollen, woher der Wind so wehte, war ganz übel in die Hose gegangen. Richtig übel. Der erste Warnhinweis hatte bereits darin bestanden, dass es furchtbar schwierig war, Percy überhaupt ans Telefon zu bekommen. Innerhalb von zwei Tagen hatte Roger fünf Mal angerufen. Beim sechsten Mal hatte eine andere Sekretärin den Anruf entgegengenommen – Percys Privatsekretärin war anscheinend kurz nicht an ihrem Arbeitsplatz gewesen –, und er hatte einfach gesagt: »Es ist privat«, und dabei genügend lässige Privatschulenautorität an den Tag gelegt, um sie dazu zu bringen, ihn direkt durchzustellen. Als er Percy in der Leitung hatte, hatte sich dieser ziemlich reserviert gegeben. Nein, um ehrlich zu sein, er war ihm richtiggehend ausgewichen. Er hatte Roger behandelt, als sei er ein heruntergekommener Penner, der ihn um Geld anbettelte.
»Na, alter Junger«, sagte Percy. »Wie schön, von dir zu hören.«
»Ich werde gar nicht erst um den heißen Brei herumreden, Perce – ich suche Arbeit. Ich hatte ein wenig Ärger bei Pinker Lloyd. Vielleicht hast du ein bisschen Klatsch gehört. Jemand hat seine langen Finger in die Ladenkasse gesteckt, und weil er in meiner Abteilung gearbeitet hat, haben sie versucht, mir die Sache anzuhängen. Mein Plan lautet: erst mal einen neuen Job finden undsie dann mit einer Klage so richtig fertig machen. Und damit meine ich, so richtig, weißt du, ich werde ihnen das letzte Hemd ausziehen. Ich habe mich beraten lassen, und wir reden da über einen siebenstelligen Betrag.« Das war glatt gelogen. Roger war so demoralisiert und fassungslos gewesen, dass er über das, was passiert war, mit seinem Anwalt noch gar nicht gesprochen hatte – und darüber hinaus waren die Arbeitsverträge der Bank so aufgesetzt worden, dass er wahrscheinlich nicht einen einzigen Penny zu Gesicht bekommen würde. Noch eine von diesen üppigen Ungerechtigkeiten des Lebens, aber das würde er seinem alten Schulfreund, oder zumindest Halbfreund, nicht auf die Nase binden. »Wie auch immer, ich möchte jedenfalls nicht den Rest meines Lebens damit verbringen, auf meinem Allerwertesten zu sitzen, die Scheinchen meiner Abfindung zu zählen und von den Zinseszinsen zu leben. Und da habe ich gedacht, wir könnten uns vielleicht mal zusammensetzen und schauen, was da draußen noch so zu holen ist?«
»Es ist immer eine gute Idee, einen Plan zu haben«, sagte Percy. »Absolut. Sehr gut.« Dann hielt er inne. Er tat so, als hätte er Rogers Frage damit beantwortet, obwohl er sehr wohl wusste, dass dies keineswegs der Fall war.
»Also, ich habe mich gefragt, ob wir vielleicht einen Termin vereinbaren könnten«, sagte Roger und lehnte sich dabei in seiner Verzweiflung schon so weit aus dem Fenster, dass ihm geradezu schwindelig wurde.
»Natürlich, natürlich, klar. Kein Problem«, sagte Percy. »Nur – tja, ich sage das nur ungern, aber kann ich mit dir von Profi zu Profi reden?«
»Klar, darum habe ich mich
Weitere Kostenlose Bücher