Kapital: Roman (German Edition)
einer kleinen Business-Gelegenheit suchen‹, damit Roger ein Geschäft gründen und ›echte Arbeit leisten kann‹, womit er wohl meint … nun, ich habe nicht den blassesten Schimmer, was er damit meint. Und es sollte an einem Ort sein, der gute Schulen hat, jedenfalls gute Grundschulen, und wo man einen guten Verkehrsanschluss hat.«
»Das klingt so gar nicht nach dir. Grüne Gummistiefel unterm Chanelkleid, ein Audi mit Allradantrieb, der über den Schotter knirscht, und dann ein kleiner Flirt mit dem Stalljungen – na ja, vielleicht würde es ja doch ganz gut zu dir passen.«
»Genau. Der echte Plan, mein Plan, sieht so aus: Wir ziehen aufs Land, ich richte das Haus in Minchinhampton schön her, nehme mir richtig viel Zeit dafür, Roger bekommt genügend Gelegenheit, durch die Felder zu spazieren und frische Luft zu atmen und sich dieses Hirngespinst endlich mal aus dem Kopf zu schlagen, weil er dann nämlich merkt, dass er vor Langeweile krepiert. Und dieser ganze Scheiß von wegen die Kinder können dort frei herumrennen ist doch auch absoluter Unsinn, weil es auf dem Land genauso gefährlich ist wie in der Stadt, ja, eigentlich sogar noch gefährlicher, und dann fällt ihm auch auf, wie angeödet ich bin und dass ich drauf und dran bin, mit dem Bikra-Yoga-Lehrer aus dem nächsten Marktstädtchen durchzubrennen, und dann kommt er endlich zur Besinnung. Und in der Zwischenzeit ist auch dieser ganze Wirbel um Pinker Lloyd vergessen, und er schickt seine Bewerbungen raus und findet wieder einen richtig guten Job. Nichtdieser Müll von wegen wir ziehen nach Ludlow und gründen eine Holzmanufaktur – nein, ein Job in der City. Sechsstelliges Grundgehalt, und in einem guten Jahr ein siebenstelliger Bonus. So wie es sich gehört.«
Saskia bestellte zwei weitere Litschi-Martinis. Der Kellner verneigte sich und schwebte davon.
»Das klingt wesentlich vernünftiger«, sagte sie.
»Ja, und das Gute daran ist, dass das meine Eltern ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht hat. Wegen Rogers Jobs und weil wir diesen Lebensstil haben – nein, Entschuldigung, diesen Lebensstil hatten –, haben sie immer geglaubt, dass wir vor Geld nur so stinken. Sie dachten, wir wären superreich. In Wirklichkeit sind wir auch nur eine von diesen typischen Londoner Familien, die einigermaßen wohlhabend sind, aber trotzdem immer noch zu kämpfen haben. Diese Geschichte jetzt hat ihnen ein wenig die Augen geöffnet, und sie haben fantastischerweise angeboten, die Schulausbildung der Kinder zu bezahlen – genauer gesagt, eine Internatsschule, das haben wir fest vor. Oder besser gesagt, ich habe das fest vor. Wir müssen also nur warten, bis sie elf sind, und dann übernehmen Mama und Papa den Rest – erst eine weiterführende Privatschule und dann etwas richtig Gutes. Das dauert natürlich alles noch eine Weile, aber es ist immer gut, einen Plan zu haben, findest du nicht?«
Die Martinis wurden serviert, und die beiden Frauen prosteten sich zu. Am anderen Ende des Raumes saß jemand, den Arabella aus dem Fernsehen kannte. Aber so ganz sicher war sie sich da nicht.
Dieses Mittagessen war ein seltener Luxus für Arabella, ein flüchtiger Widerschein ihres alten Lebens. Josh war im Kindergarten, um halb vier musste sie ihn abholen, und Conrad war zu einem Spielenachmittag eingeladen, bei einer Frau, die Arabella von ihren Geburtsvorbereitungskursen kannte und mit der sie sich wieder angefreundet hatte, als sie zufällig in einem Café aufeinandergetroffen waren. Sie hatten sich seit Jahren nicht gesehen.Zwar hatten sie ganz unterschiedliche Auffassungen von dem, was ein erfülltes Leben war, oder zumindest gab es da in Polly eine gewisse klebrige Gutmenschtendenz, weil sie aufgehört hatte zu arbeiten, als ihre Kinder noch klein waren. Ganz im Gegensatz zu Arabella, die zwar auch nicht arbeitete, aber sich trotzdem eine Vollzeitkinderbetreuung geleistet hatte. Man war eben entweder dafür geschaffen, sich um kleine Kinder zu kümmern, oder nicht, und Arabella fiel eindeutig in letztere Kategorie – was sie auch selbst ganz unverhohlen zugab. Ihre Jungs waren absolut entzückend, aber sie vereinnahmten sie vollkommen, und Arabella wollte nicht vollkommen vereinnahmt werden. Und doch waren sie nun beide hier gelandet und schoben ihre Buggys vor sich her, in denen ihre dreijährigen Kinder schlummerten.
Der erste Spielenachmittag in Arabellas Haus war eine ziemliche Katastrophe gewesen. Dem kleinen Toby war ein
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