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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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dramatischen Verkettung von Ereignissen.
    Sykora wurde von einer Gruppe der mittlerweile zahlreicher gewordenen Umstehenden erkannt. Er war offensichtlich durch übermäßigen Alkoholkonsum schwer beeinträchtigt und nicht mehr Herr seiner selbst. »Na, Georg, jetzt liegst du endlich in deinem Dreck und kannst nicht mehr aufstehen, wie ich’s dir prophezeit habe«, grölte er lautstark.
    Daraufhin kam es schnell zu Mutmaßungen, um nicht zu sagen Vorverurteilungen, und ohne jedwede Beweise oder Indizien war sich die Menge sicher, dass es sich um Mord handelte, ganz einfach deshalb, weil es einen logischen Täter gab. Sykora hatte seine Drohung wahr gemacht, Fellner den tödlichen Stoß versetzt, war geflohen, hatte daraufhin irgendwo ein paar Gläser gekippt und war derart gestärkt an den Ort des Verbrechens zurückgekehrt, um zu sehen, ob es Fellner wirklich erwischt hatte. Das Volk setzte sich in Bewegung. Sykora erkannte den Ernst seiner Lage, taumelte, lief. Ungeschickt bewegte er sich ein paar Häuser weiter fort, dann wurde er von zwei Kerlen gestellt. Aber Sykora gab sich nicht so leicht geschlagen, landete eine Rechte im Gesicht eines Verfolgers, versuchte, sich von dem anderen loszureißen – zu spät. Jetzt waren auch schon zwei Polizisten da und nahmen ihn beinahe mühelos in ihre Obhut.
    Bollek, bis jetzt eindeutiger Verfechter der Unfalltheorie, kam zu der Überzeugung, dass dies alles einen höheren Sinn haben müsse. Es handelte sich um Mord, daran war nicht mehr zu zweifeln. Nur schade, dass Sykora kaum in der Lage war, eine Aussage zu machen. Er habe vorn, in einem kleinen Stehbeisl [13] nahe der S-Bahn-Unterführung noch ein wenig getrunken, um seinen Ärger ein wenig abzukühlen, war das Einzige, was er sagte.
    Im ›Elvira‹ erinnerte man sich an den unangenehmen Patron, der einige Gläser Bier und Schnaps getrunken und schließlich zu krakeelen begonnen habe, es sei eine Saubande am Werk, deren Oberschwein er jetzt das Handwerk legen müsse. Daraufhin habe man ihn aus dem Lokal hinauskomplimentiert – jedenfalls noch vor dem Stromausfall.
    Als Juricek mit Leopold von Seidl zurückkam, hatte Bollek damit den Fall so gut wie gelöst. Selbstverständlich hatte man es mit einem Mord zu tun. Es gab einen Täter, ein Motiv und die Gewissheit, dass sich alles so abgespielt hatte, wie er es jetzt in seinem Kopf deutlich vor sich sah: Sykora hatte nach seinem unliebsamen Rausschmiss aus dem ›Heller‹ seinen ersten Ärger im nächstbesten Lokal hinuntergespült. Als man ihn schließlich auch dort auf die Straße schickte, kam erneut ungezähmte Wut in ihm auf: Wut auf den Verursacher seines Unglücks. Er bewegte sich Richtung Kaffeehaus, um eine Aussprache mit Fellner zu suchen. Vielleicht nötigten ihn das Gewitter und der stärker werdende Regen dazu, in einer Hauseinfahrt Unterstand zu suchen. Dann wurde es ganz finster. Ehe Sykora noch Überlegungen anstellen konnte, wie er weiter vorgehen sollte, kam Fellner sozusagen auf dem Präsentierteller vorbei. Er stellte ihn zur Rede, es kam zum Streit. Schließlich packte Sykora Fellner und stieß ihn vor das zufällig vorbeikommende Auto.
    »Nehmt ihn mit aufs Kommissariat«, brummte Juricek, »und behaltet ihn dort, bis wir von ihm eine halbwegs zusammenhängende Aussage haben. Ich schätze, ihr werdet ihn dazu ein wenig ausnüchtern müssen. Ansonsten können von mir aus alle gehen – bis auf Frau Dichtl, die brauche ich noch.« Es war ja noch die Todesnachricht an Fellners Gattin Olga zu überbringen, eine Aufgabe, die er stets mit einem flauen Gefühl im Magen erledigte, sooft er sie in seinen langen Jahren im Polizeidienst schon hinter sich hatte bringen müssen. Dazu hatte er gerne eine Frau an seiner Seite.
    Dann ging er noch einmal mit Leopold ins Kaffeehaus. Sie stellten sich an die Theke. Juricek winkte Frau Heller herbei und sagte: »Für euch habe ich jetzt noch eine kleine Aufgabe, damit euch nicht langweilig wird. Ihr werdet euch ja denken können, worum es geht. Ich brauche eine möglichst vollständige Liste aller Leute, die heute Abend da waren und noch vor Fellner gegangen sind. Morgen Nachmittag schaue ich noch einmal vorbei, da möchte ich sie haben.«
    Frau Heller machte sich sofort beflissen an die Arbeit, während Leopold seinem Freund zuraunte: »Also glaubst du doch nicht, dass es der Sykora war.«
    »Einstweilen glaube ich gar nichts. Er hat sich zwar selten dumm aufgeführt, hat, soviel ich gesehen habe, eine dunkle Jacke

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